Samstag, Mai 18, 2024

Der Metzleinstalerhof in Wien Margareten ist einer der Schauplätze eines aktuellen Wohnforschungsprojekts.Vor rund 90 Jahren wurde der erste Wiener Gemeindebau errichtet. Seither prägt der kommunale Wohnbau das Leben in der Stadt. Jetzt widmet sich ein aktuelles Forschungsprojekt dem Gemeindebau als sozial-politischem Raum.

Alteingesessene und Zugezogene, Junge und Alte, MigrantInnen und ÖsterreicherInnen – der Gemeindebau ist heute ein heterogener Raum, der im Kleinen die gesamte Vielfalt der Stadt abbildet. Da gibt es natürlich auch Konflikte. »Interessant ist, dass diese Konflikte häufig als Zugehörigkeitskonflikte interpretiert werden«, erklärt Politikwissenschafterin Sieglinde Rosenberger. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Julia Mourão Permoser will Rosenberger im Rahmen des Forschungsprojekts »Living Rooms: The Art of Mobilizing Belonging(s)« herausfinden, wie politische Eliten Zugehörigkeit konstruieren und damit WählerInnen mobilisieren. Geforscht wird in mehreren Gemeindebauten rund um den Metzleinstalerhof im fünften Gemeindebezirk. »Spannend ist der Gemeindebau deshalb, weil hier alte und neue Spannungslinien aufeinander treffen«, erläutert Sieglinde Rosenberger den Forschungsansatz des vom Wiener-, Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds WWTF geförderten Projekts.

Wiener Wahlkampf: Mobilisierungsversuche über Zugehörigkeit
Die BewohnerInnen der ausgewählten Gemeindebauten sollen aktiv in das Projekt involviert werden. So soll etwa ein Innenhof vorübergehend in ein Wohnzimmer verwandelt werden. Diesen »Living Room« sollen die BewohnerInnen mit Gegenständen füllen, die sie mit dem Begriff »Heimat« assoziieren. »Durch die Platzierung der Gegenstände soll über Zugehörigkeit reflektiert werden. Welche persönlichen Objekte sind für mich wichtig, und welche könnten für andere bedeutend sein?«, erklärt Permoser. Aus der Beobachtung dieses Prozesses soll abgeleitet werden, wie Grenzen der Zugehörigkeit gezogen und verschoben werden und Kommunikation zwischen den BewohnerInnen stattfindet. Ergänzt wird diese Aktivität durch Interviews und Gruppendiskussionen. Die Wissenschafterinnen erläutern: »Bei der Auswahl der Personen werden wir uns an kollektive Einrichtungen im Gemeindebau wenden – zum Beispiel an Pensionistentreffs, Parteilokale, Kindergruppen, kleine Lokale und Geschäfte. Über die Gruppengespräche sollen Erkenntnisse über erfahrungs- und meinungsbezogene Grenzen der Zugehörigkeit gewonnen werden.«
Interessant ist das Projekt vor allem in Hinblick auf die bevorstehenden Wahl im Herbst. Der Gemeindebau wird einmal mehr zum »Battleground« zwischen Rot und Blau. Die Mobilisierungsversuche der Parteien laufen dabei nicht selten über das Konzept der Zugehörigkeit. Rosenberger und Permoser werden dabei den Wahlkampf der Parteien im Gemeindebau genau beobachten. »In der heißen Wahlkampfphase im Herbst wird interessant, wie der politische Diskurs bei den Menschen ankommt bzw. welche Bilder und Narrative aufgegriffen werden«, sagt Rosenberger und verweist darauf, dass die Politik der Zugehörigkeit viel mehr auf Emotionen als auf rationalen Argumenten basiert: »Uns interessiert es,  herauszufinden, wie und warum simple Alltagskonflikte – wie lärmende Kinder – als Zugehörigkeitskonflikte artikuliert werden.«
Das Projekt »Living Rooms: The Art of Mobilizing Belonging(s)« wird aus dem Art(s)&Sciences Call 2009 des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) gefördert. Projektpartner für Sieglinde Rosenberger und Julia Mourão Permoser sind das Demokratiezentrum Wien, der Verein Gangart sowie die Universität für angewandet Kunst. Startschuss für das Projekt war Mai 2010, das geplante Ende ist Mai 2012. r

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