Montag, Dezember 09, 2024

Konflikte kosten Geld, sogar eine Menge. Wie Führungskräfte verhindern, dass ein Flächenbrand zwischen Kollegen entsteht und was sie tun können, damit es erst gar nicht zum Streit kommt.

Du bist echt rücksichtslos: Ständig telefonierst du privat. Außerdem ist es unfair, wenn immer Arbeit liegen bleibt ...« – »Und mich nervt, dass du immer mit einer Zigarette durch mein Zimmer trampelst.« Zimmer-Ehen in der Firma können oft zu schweren Beziehungsstörungen zwischen den Kollegen führen. Das Dumme ist: Scheidung ist kaum möglich. Der eine ist Dauerraucher, der andere Gesundheitsfanatiker, Heizung und Radio an oder aus, penetrantes Parfum, schrille Stimme, Nasehochziehen, Teeküche eingesaut – meistens sind es nur die Kleinigkeiten, die Funken fliegen lassen. Nur wenige Unternehmer nehmen das Problem ernst – womit sie ziemlich viel Geld verpulvern. Feinde im Büro wenden 20 bis 30 Prozent ihrer Arbeitszeit für die Psychokriege auf. Außerdem kosten reduziertes Ideenpotenzial, gestörte Kundenbeziehungen, im schlimmsten Fall Rechtsstreitigkeiten und Neuakquisition von Mitarbeitern zehntausende Euro. Laut Experts Group Wirtschaftsmediation ist die Hälfte aller Unternehmer überzeugt, dass das Konfliktpotenzial stetig wächst – ebenso viele geben aber zu, konfliktscheu zu sein, Angst zu haben, ihr Gesicht zu verlieren oder Verantwortung wahrzunehmen.

Lästige und bedeutsame Konflikte
 »Das Mindset des Chefs ist entscheidend. Viele betrachten Konflikte bloß als zeitraubend«, sagt Gerhard Führer von der österreichischen Beratungsfirma Konfliktfest. Aus einer Glut entsteht allerdings schnell ein Brand. Grundsätzlich gilt daher die Regel: Konflikte auf Dauer nicht ignorieren, die Beseitigung von Streitigkeiten ist Chefsache. Der Fachmann unterscheidet zwischen lästigen und bedeutenden Konflikten. Lästige Konflikte stehen an der Tagesordnung. Zwischen gewissen Geschäftsbereichen wie etwa zwischen Verkauf und Produktion sind Spannungen vorprogrammiert, aber meistens nicht bedrohlich. Bedeutsame Konflikte gehen tiefer auf die persönliche Ebene, entladen sich in Streit und Emotionen. Der Schlüssel für Führungskräfte liegt nun in der Umlenkung negativer Energien in positive.
Kurt Faller gilt als einer der führenden Mediatoren und ist Dozent für Konfliktmanagement an der Uni Bochum. Auf einer Streitskala unterscheidet er von eins bis neun. Bis zu einem Wert von zwei oder drei handelt es sich noch um einen Sachkonflikt. »Dann kippt der Streit auf die persönliche Ebene und es heißt: ›Du immer und überhaupt und nur du ...‹« Dabei waren meistens nur Kleinigkeiten der Ausgangspunkt.

Nicht bewerten
Wichtig ist der Auftritt des Chefs als Vermittler, vertrauenswürdig, neutral, diplomatisch und am besten ein bisschen humorvoll. »Auf keinen Fall sollte man sich als Richter aufspielen und Noten verteilen, nach dem Motto: Du hast Recht und du nicht«, meint Gerhard Führer.

Sachliche Analyse
Entscheidend ist, hinter den Konflikt zu blicken. Dabei unterscheidet man mehrere Ebenen:
1. Wer ist beteiligt?
2. Was tun die Kollegen?
3. Warum tun sie es?
Erst daraus kann man Konfliktlösungsstrategien entwickeln.

Aktiv zuhören
Suchen Sie zuerst das Einzelgespräch mit den streitenden Kollegen und hören Sie aktiv zu. Lassen Sie auch Emotionen zu, dann folgen Gespräche zusammen mit den Kontrahenten.

Konstruktiv kommunizieren
Auf Du-Attacken (»Du bist immer ...«, »Du telefonierst ständig privat!«) wird der Kollege wahrscheinlich mit Abwehr und Gegenangriff reagieren. Worte wie »immer, dauernd, nie« lösen dasselbe aus. Wesentlich wirkungsvoller ist es, die Streitenden dazu anzuleiten, Ich-Botschaften zu formulieren: »Ich kriege mit, dass du oft privat telefonierst. Dann kann ich mich nicht konzentrieren und ärgere mich.« Wer über eigene Gefühle spricht, verletzt den anderen nicht.

Zeit lassen
Die Entwicklung von Konfliktlösungen zielt auf Verhaltensänderung in der Arbeit ab. »Das sind aber keine kurzfristigen und schon gar keine linear ablaufenden Prozesse«, erläutert Gerhard Führer und gibt zu bedenken: »Jede Person und jede Gruppe hat dabei ihr eigenes Tempo und geht ihre eigenen Wege.«

Konfliktmanagementsystem
Damit es erst gar nicht zu einer Eskalation kommt, sollte ein betriebliches Konfliktmanagement aufbaut werden. Wenn Mitarbeiter einen Streit nicht unter sich ausmachen können, wenden sie sich an einen Mitarbeiter, der als Konfliktmanager ausgebildet wurde, bei tieferen Konflikten auch an einen Schlichter in der Personal- oder Rechtsabteilung.

Ein Fall für die Profis
Regeln Sie den Konflikt nur mit den Beteiligten, sonst eröffnen Sie weitere Problemfelder. Außerdem gehen die Probleme zweier Menschen einen Unbeteiligten nichts an. Bei schweren Spannungen sollte ein Profi ran. Vor allem bei Vorwürfen von Mobbing oder sexuellen Übergriffen sollte sich die Führungskraft nicht die Finger damit verbrennen. Jetzt fängt zwar die interne Rechenmaschine zu rattern an, die meisten Probleme sind allerdings erfahrungsgemäß nach ein bis zwei Sitzungen ausgeräumt.

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