Tuesday, November 11, 2025

Mehrwert für Manager

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In Wien eröffnete ein zweiter Private-Membership-Club. Ist die Bundeshauptstadt bereit für diese Art von Etablissements?

Privatclubs haben eine lange Tradition. Auch in Wien kann man in exklusiver Atmosphäre arbeiten, netzwerken und sich entspannen.


Spätestens seit der Netflix-Serie Bridgerton sind sie in aller Munde: Privatclubs, in denen die britischen Lordschaften Zuflucht vor der hektischen Welt der High Society oder zumindest vor der besseren Hälfte suchen. Salons, wo Adelige edlen schottischen Whisky trinken und im Wettbuch das Einkommen ihrer Landsitze riskieren. Dass es solche Clubs bis in die heutige Zeit geschafft haben, ist aber nicht nur vielen Regency-Fans nicht bekannt. Dabei existiert die moderne Form davon sowohl im Umfeld der Pall Mall, als auch in anderen Weltmetropolen und inzwischen sogar in Wien.

Seit dem 18. Jahrhundert sehen Privatclubs sich als exklusive Treffpunkte für Industrie und Aristokratie, als einen Ort für Austausch, Netzwerken und als Rückzugsplatz in der Hektik einer Großstadt. Etablissements dieser Art ziehen inzwischen einerseits die alteingesessene Elite an, andererseits auch Künstlerinnen, Start-up-Gründer und junge Kreative (so sie es sich leisten können).

Neueröffnung in Neubau
In Wien eröffnet dieser Tage der zweite Club dieser Art, The Cover Vienna im Herzen des siebenten Bezirks. Die Amsterdamer Hotelgruppe Sircle Collection hat bereits ein ähnliches Konzept in Barcelona umgesetzt und expandiert jetzt nach Wien – gefolgt von London und Amsterdam. Clubmanagerin Lidija Ajvazi beschreibt The Cover als »Ort, an dem sich Menschen zum Arbeiten, Entspannen, Lernen und Feiern treffen. Unser Konzept basiert auf drei Säulen: Wellbeing, Work Life sowie Community & Culture.« Damit schaffe man eine Umgebung, in der Inspiration, Austausch und besondere Erlebnisse unter einem Dach zusammenkommen. Potentielle Mitglieder brauchen eine Empfehlung des Aufnahme-Komitees oder eines anderen Members. Man kann sich auch über ein Online-Formular anmelden, das Komitee lädt zu einem persönlichen Kennenlernen ein und entscheidet dann über die Aufnahme. »Die Mitgliedschaft richtet sich an Menschen mit kreativem, unternehmerischem und kulturellem Hintergrund«, sagt Ajvazi. Der jährliche Mitgliedsbeitrag beläuft sich auf 2.590 Euro. Für Gründungsmitglieder, die noch vor der offiziellen Eröffnung aufgenommen werden, sowie für Young Talents unter 30 Jahren gelten vergünstigte Konditionen.

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Bild: Elegant, aber gemütlich: der Barbereich des neuen »The Cover«-Clubs.

Was hat die Sircle Collection motiviert, einen Club in Wien zu eröffnen und dabei nicht die Innenstadt anzuvisieren? »Wien verbindet Tradition mit einer dynamischen Kreativszene und entwickelt sich zunehmend zu einem internationalen Standort«, sagt Lidija Ajvazi. »Unsere Mitglieder sind neugierig, kreativ, unternehmerisch denkend und kulturinteressiert. Sie suchen Privatsphäre, Inspiration und Austausch auf Augenhöhe.« Besonders der 7. Bezirk mit seiner Mischung aus Kultur, Design und urbanem Leben biete das ideale Umfeld für einen Club, der Gemeinschaft und Innovation in den Mittelpunkt stelle. »Jeder Standort interpretiert die Grundidee neu. In Wien liegt der Schwerpunkt auf kulturellem Programm im Kontext der österreichischen Kunst- und Kreativszene. Dazu zählen Workshops, Talks, Ausstellungen oder kulinarische Formate in Zusammenarbeit mit lokalen Partnerinnen und Partnern.« Außerdem bietet man Mitgliedern auch Zugang zu einem internationalen Netzwerk an Mitgliedern, Programmen sowie Angebote beim gesamten Hotel- und Restaurantportfolio. »Unser Fokus liegt auf langfristigem Austausch und echter Gemeinschaft statt auf punktuellen Events. Die Mitgliedschaft gilt global für alle Cover Clubs und beinhaltet Zugang zu allen Standorten, Communities und Programmen in Europa.

Clubgefühl trifft Coworking
Trotz des globalen Zugangs ist dem Management wichtig, dass der Club nur eine begrenze Anzahl an Mitgliedern aufnimmt, um eine »exklusive Atmosphäre und individuelle Betreuung sicherzustellen«. Über die genaue Anzahl der Mitgliedschaften hält man sich bedeckt. »Wichtig ist, dass die Werte des Clubs geteilt werden und Diskretion sowie echter Austausch im Vordergrund stehen. Privatsphäre schafft Vertrauen und ermöglicht offene Gespräche, kreative Prozesse und echte Verbindungen. Sie bildet die Grundlage für die besondere Atmosphäre im Club.«

Austausch findet auf über 1.000 m² Clubfläche statt, mit Social Space, Gym, Workspace, Bar, Kino, Meetingräumen und einer Outdoor-Terrasse. Dort können Mitglieder an diversen Programmen wie Talks, Workshops, kulturellen Events oder Kulinarikabenden teilnehmen und sich untereinander vernetzen, aber die Räume auch für Meetings oder Coworking nutzen. Ajvazi ist überzeugt, dass nicht nur London oder Barcelona einen Cover-Club brauchen, sondern auch die Bundeshauptstadt: »Wien wächst kulturell wie international. Räume für Begegnung sind wichtig, je mehr solcher Orte es gibt, desto lebendiger wird die Stadt. Der Bedarf an hochwertigen Communities ist definitiv vorhanden«.

Ein Stückchen London in Wien
Dass die Stadt einen weiteren Ort nur für Mitglieder bekommt, sieht auch Privatclub-Pionier Johannes Kattus sehr positiv. »Ich freue mich, dass weitere Clubs in Wien entstehen. Konkurrenz belebt den Markt, und steigert die Akzeptanz des Konzepts Private Clubs. Der neue Club ist wegen seiner anderen Lage keine unmittelbare Konkurrenz, sondern eine spannende Ergänzung.«

2022 war Johannes Kattus der erste, der diese Art von exklusivem Treffpunkt in die Bundeshauptstadt eröffnet hatte, genauer gesagt an der Adresse Am Hof 8, die zum Namen seines Clubs wurde. Englische Clubs kennt er nicht aus Bridgerton, sondern hat sie während seines Studiums in London kennengelernt. In einem war er selbst Mitglied, als Gast erlebte er andere Etablissement mit unterschiedlichen Konzepten. Es gab mehrere Aspekte, die ihm aus seiner Zeit in der britischen Hauptstadt in Erinnerung geblieben sind: »Besonders angenehm waren Räumlichkeiten in zentraler Lage, wo man sich wie zu Hause fühlt, wo man likeminded people kennen lernt. Die Mitgliedschaft wird zum gemeinsamen Nenner, der hilft, schnell ins Gespräch zu kommen. Man etabliert neue Freundschaften und Netzwerke, hat aber auch mit dem Personal eine gute Beziehung. Jeder Gast ist Stammgast, und die Mitarbeiter wissen um die individuellen Bedürfnisse.«

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Bild: In der Birdie Bar von Am Hof 8 genießen Mitglieder nicht nur Cocktails.

Als eine familieneigene Immobilie im Herzen der Innenstadt frei wurde, entschloss Kattus sich, sie zu Wiens erstem private members club umzubauen. Ein verlängertes Wohnzimmer zu etablieren, das zahlende Gäste beruflich wie privat nutzen konnten. Zur Recherche besuchte er Clubs und Country Clubs von NY bis Palm Beach, sprach mit Mitgliedern und Management, sammelte Ideen, Eindrücke und Erfahrungen, informierte sich über Key Values und wie die Clubs die Netzwerke zwischen den Mitgliedern befeuerten. »An Clubs schätzt man das Gefühl des verlängerterten Wohnzimmers. Members suchen ein vertrautes, wohnliches Umfeld, wollen nichts verheimlichen, sondern das Gefühl haben, zu Hause zu sein – allerdings mit dem Vorteil, dass man sich um nichts kümmern muss.«

Während in London manche Clubs sich auf Business oder Sport spezialisieren, war es Kattus wichtig, sein Konzept von Anfang an breit anzulegen. »Mitglieder sollen die Räume sowohl privat als auch beruflich nutzen können.« Dass die Idee aufging, beweisen die Zahlen – Am Hof 8 begann mit 350 Mitgliedern, inzwischen geht man auf über 700 zu, was nahe am Limit ist. »Auch wenn mittelfristig noch ein bisschen Wachstumspotential ist, nehmen wir zurzeit nur eine begrenzte Anzahl an neuen Mitgliedern auf. Da die Nachfrage höher als das Angebot ist, haben wir eine Warteliste.« Bewerberinnen und Bewerber müssen von zwei aktiven Mitgliedern empfohlen werden, was immer noch weniger ist als in manchen Londoner Clubs, die sechs bis acht Empfehlungen benötigen. Die Aufnahmegebühr liegt bei 3.500 Euro. Monatlich zahlt man 150 Euro Mitgliedbeitrag, wobei jüngere Mitglieder oder Non-Residents weniger zahlen.

Nach mehr als zwei Jahren Betrieb weiß Kattus, was für seine Gäste die Hauptvorteile einer Mitgliedschaft sind. »Das spannende ist, dass jedes Mitglied die Räume anders nutzt, dennoch nennen sie einige Hauptfaktoren – die Räumlichkeiten und Lage, die Veranstaltungen und die Netzwerke, die man knüpfen kann.« Auch die Gastronomie ist laut Kattus ein Faktor, der sehr geschätzt und von den Gästen noch öfter in Anspruch genommen wird als Meetingräume und Co-Workingmöglichkeiten. Überhaupt werde der Club nicht nur von Geschäftsmännern genutzt. »Ein typisches Mitglied gibt es nicht, die Bandbreite ist groß. Unsere jüngsten Mitglieder sind mindestens 18 Jahre alt, unser ältestes ist eine 87-jährige Dame.« Die Anzahl der Herren überwiegt etwas, in Sachen Branchen ist alles dabei, vom Industriellen zum Startupgründer.

Gemein ist allen, dass sie die Privatsphäre schätzen, weiß Johannes Kattus. In den Statuten steht explizit, dass es verboten ist, andere Mitglieder zu fotografieren, wenn jemand nur sein Mittagsessen auf Social Media postet, hat man nichts dagegen. Der Club nimmt auch keine politisch exponierten Personen als Mitglieder auf, man wolle kein verlängerter Arm einer Partei sein.

Kunst ist am Hof mehr als willkommen, zweimal pro Jahr kuratiert Galerist Herwig Kempinger Ausstellungen von Künstlerinnen und Künstlern, deren Werke dann sechs Monate an den Clubwänden hängen. Damit die Gäste von Kattus’ Haus auch auf Auslandreisen in den Genuss eines Private Clubs kommen, ist man Partner mit einer Reihe von Etablissements von NY bis Reykjavik. Im Gegenzug finden jeden Monat auch einige internationale Gäste ihren Weg nach Wien.

Auch wenn er selbst zurzeit keine Expansion oder weiteren ähnlichen Projekte plant, ist Johannes Kattus zufrieden, dass das Konzept des Members Clubs in Wien angekommen ist, gerade da ihm im Vorfeld viel Skepsis entgegenschlug. »Ich würde mich freuen, wenn sich noch mehr Clubs rübertrauen«.

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