Wednesday, October 01, 2025

Mehrwert für Manager

Johann Marchner über die Zukunft der österreichischen Bauwirtschaft.

„Wir müssen in die Umsetzung kommen"

Johann Marchner über die Zukunft der österreichischen Bauwirtschaft.

„Wir müssen in die Umsetzung kommen
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Die österreichische Bauwirtschaft befindet sich inmitten einer mehrjährigen Durststrecke. Bei der Enquete „Chance Bau 2025" des Bau und Immobilien Report lieferte Johann Marchner, Geschäftsführer der Wienerberger Österreich GmbH, fundierte Einblicke in die aktuelle Marktlage und mögliche Auswege aus der Krise. Im Rahmen einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion im Palais Eschenbach betonte der erfahrene Branchenexperte insbesondere die Notwendigkeit, von langwierigen Debatten endlich zu konkreten Maßnahmen überzugehen.

Eine differenzierte Unternehmensstruktur

Johann Marchner, seit März 2020 Geschäftsführer bei Wienerberger Österreich, erläutert einleitend, wie sich das das Wienerberger-Geschäft in Österreich aufgliedert: „Auf der einen Seite der Kunststoffrohr-Bereich mit der Firma Pipeline und auf der anderen Seite die klassischen Hintermauer- und Dachziegel." Seit sechs Jahren in dieser Position, bringt Marchner mehr als drei Jahrzehnte Branchenerfahrung mit – ein erheblicher Wettbewerbsvorteil in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit.

Das Interview im Wortlaut

Frage: Sie haben heute sehr aktiv mitdiskutiert am Podium. Wenn Sie diese Diskussionsrunde in einem Satz zusammenfassen müssten – was bleibt hängen?

Johann Marchner: „Wir müssen in die Umsetzung kommen. Das bleibt bei mir hängen. Ich glaube, die Themen sind hinlänglich diskutiert und auch bekannt. Wir müssen jetzt wirklich Taten folgen lassen."

Frage: Wie schafft man das tatsächlich?

Johann Marchner: „Wir haben eine doch sehr breit aufgestellte Regierung mit drei wesentlichen Parteien. Ich glaube, es gibt keine bessere Möglichkeit, auch diese Parteipolitik mal auszublenden. Und es gibt nur einen Punkt, der wirklich relevant ist: Das ist das Wohl für dieses Land. Und wenn nicht jetzt, wann dann?"

Frage: Wie wichtig sind denn da solche Formate wie die Debatte, die versucht, vielleicht auch einen Brückenschlag zwischen Politik und Wirtschaft zu schaffen?

Johann Marchner: „Sehr wertvoll. Es geht nur gemeinsam. Deswegen ist, je breiter auch die Interessensgemeinschaft sich austauschen kann, umso wichtiger. Und auch für mich persönlich bietet das die Möglichkeit, trotzdem neue Leute kennenzulernen, wieder Kontakte zu knüpfen und dann im Nachgang natürlich auch das zu vertiefen."

Frage: Jetzt sind Sie wahrscheinlich nicht einmal im Jahr auf so einer Veranstaltung, sondern öfters. Wenn Sie die Veranstaltung vom Report mit anderen vergleichen, was macht diese Veranstaltung einzigartig?

Johann Marchner: „Ja, es ist schon die Qualität der Teilnehmer, die wirklich auch hierher kommen, auch in der Breite und Tiefe. Und das, glaube ich, macht die Veranstaltung besonders."

Frage: Kommen wir zurück zur Konjunktur. Ich habe jetzt schon ein paar Mal gehört, die Talsohle ist erreicht. Welchen Ausblick würden Sie denn der Bauwirtschaft für die nächsten 12 bis 24 Monate geben?

Johann Marchner: „Ja, ich würde sagen, die Talsohle ist erreicht. Aber es muss wieder besser werden, weil diese Situation haben wir jetzt bereits drei Jahre. Ich hoffe, wir erleben nicht diesen Sieben-Jahres-Zyklus. Das wäre fatal und ich hoffe, allen Beteiligten ist die Dringlichkeitmittlerweile wirklich klar, sodass wir wieder ins Tun kommen. Wienerberger bearbeitet den Markt aktiv wie eh und je, zeigt Potenziale auf und bringt Innovationen, die den Ausführenden das Business erleichern."

Frage: Wenn Sie einen Tag Diktator von Österreich wären, womit würden Sie schauen, dass wir ins Tun kommen?

Johann Marchner: „Diese Vorstellung ist mir sehr fremd. Kann ich mir nicht vorstellen. Will ich auch nicht. Ich glaube, dass wir alle Möglichkeiten haben. Es geht jetzt darum, dassdie Menschen, die hier wirklich ein Commitment zeigen für dieses Land gemeinsam in einem partnerschaftlichen Austausch sagen: „Jetzt schlagen wir die ersten Pflöcke ein.“ Ich glaube, viele Dinge sind diskutiert worden, und ich bin auch positiv gestimmt, dass wir jetzt wirklich ins Tun kommen. Ich bin recht zuversichtlich."

Der Branchenexperte und seine Laufbahn

Johann Marchner übernahm im März 2020 die Geschäftsführung der Wienerberger Österreich GmbH, nachdem er seit Mai 2019 bereits für den Geschäftsbereich Vertrieb verantwortlich zeichnete. Seine Führungsqualitäten hatte der erfahrene Manager zuvor in verantwortungsvollen Positionen bei namhaften Unternehmen wie Fundermax, Lafarge und Rehau unter Beweis gestellt.

Bei seiner Berufung zum Geschäftsführer formulierte Marchner klare Prioritäten: „Kundenorientierung, Service, Innovation und das Vorantreiben der Digitalisierung werden dabei weiterhin ganz klar im Fokus unseres Tuns stehen." Diese Schwerpunkte verfolgt er seither mit Nachdruck, besonders angesichts der anhaltenden Herausforderungen auf dem Markt.

Marktanalyse: Eine prolongierte Talsohle

Die von Marchner angesprochene „gefühlt drei Jahre" währende Talsohle entspricht der tatsächlichen Entwicklung am österreichischen Immobilienmarkt. Nach dem pandemiebedingten Einbruch und der darauffolgenden Zinswende kämpft die Bauwirtschaft mit erheblichem Gegenwind. Besonders der Wohnungsneubau ist massiv zurückgegangen – laut Statistik Austria wurden 2023 rund 40% weniger Baugenehmigungen erteilt als im Vergleichszeitraum 2022.

Die Wienerberger Österreich GmbH, als größter heimischer Anbieter von Produkten und Lösungen für Ziegelmauerwerke, spürt diese Entwicklung unmittelbar. Das Unternehmen verfügt über sieben Hintermauerziegelwerke und drei Dachziegelwerke mit insgesamt knapp 500 Mitarbeitern an acht Standorten und zwei Logistikzentren in ganz Österreich.

Zukunftsperspektiven: Gemeinsam Pflöcke einschlagen

Marchners Appell zum gemeinsamen Handeln kommt nicht von ungefähr. In seinem Verständnis kann nur ein partnerschaftlicher Austausch zwischen Wirtschaft und Politik den Weg aus der Krise ebnen. Sein entschiedenes Plädoyer für das Gemeinwohl jenseits parteipolitischer Interessen unterstreicht seinen pragmatischen Führungsstil.

Die von ihm geforderte Umsetzungsbereitschaft korrespondiert mit aktuellen Branchentrends: Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Digitalisierung. Exemplarisch für die Innovationskraft des Unternehmens steht der in Österreich entwickelte und produzierte Porotherm Plan E – ein Wandziegel, der rein elektrisch gebrannt wird und einen um 75 % reduzierten CO₂-Fußabdruck aufweist.

Fazit: Optimismus trotz herausfordernder Rahmenbedingungen

Johann Marchner verkörpert einen Führungstyp, der trotz widriger Umstände den Blick nach vorne richtet. Seine nüchterne Analyse der gegenwärtigen Marktlage verbindet er mit einem grundlegenden Optimismus, der auf seiner umfassenden Branchenerfahrung basiert. In seinem Selbstverständnis als „positiv denkender Mensch" sieht er reale Chancen für eine Trendwende – vorausgesetzt, alle Beteiligten zeigen die Bereitschaft, von der Diskussion endlich zur Umsetzung überzugehen.