Samstag, Oktober 12, 2024

Das öffentliche Resümee ist vernichtend: Anton Wais, Postchef, wird zum medialen Watschenmann. Mit der Realität hat das wenig zu tun.

Wer nicht gerade ein völliger Medienabstinenzler ist, bekommt gerade ein eindeutiges Bild serviert: Postgeneral Anton Wais und wahrscheinlich sein ge­samtes Management dazu sind angeblich eine kopflose Dilettantentruppe. Im besten Fall. Anton Wais, ab einer bestimmten Position wahrscheinlich unvermeidlich, hat viele Feinde. Toni »der Blitzer« werde er auch genannt – das stehe als Kosename für »Blitzgneißer«. Einige meinen das ironisch, andere auch ernst. Aber was sich jetzt abspielt, hat eine neue Qualität.

Das Postmanagement schafftes auf die Titelseite der Krone und der ORF bringt im Morgen- und Mittagsjournal von Ö1 fast schon »Sondersendungen« im Umfang einer Wahlberichterstattung. Der rote Postgewerkschafter Gerhard Fritz droht mit Weihnachtsstreiks. Das schwarze Pendant Manfred Wiedner, als Christgewerkschafter ansonsten spinnefeind mit Fritz, dürfte diesmal mit im Boot sein. Minister Werner Faymann, eigentlich ein Parteifreund, lässt medial ausrichten, das Management könne auch gleich den Hut nehmen, wenn es seine Pläne umsetzt. Von Kommentatoren wird Wais mit AUA-Chef Alfred Ötsch in einen Topf geworfen. Der Tenor: Auch so einer, und das ist nicht nett gemeint. So sieht ein Stahlbad aus. Industriekapitän Veit Sorger ist so ziemlich der Einzige, der sich für die Post-Chefs öffentlich in die Bresche geworfen hat. Er habe Respekt vor dem Management, politische Zurufe und Beschuldigungen auf Kosten von Belegschaft und Unternehmen seien zu unterlassen. Der IV-Chef ist aber nicht der Einzige, der so denkt. Outen will sich angesichts der medialen Sturmwetterlage zwar niemand, aber selbst die verlässlichsten und härtesten Wais-Kritiker können nicht nachvollziehen, was da »derzeit abgeht«, und schütteln nur mehr den Kopf.

Unmöglicher Spagat
Wais möge da oder dort ungeschickt gewesen sein, ist etwa zu hören. Ein Antrag auf kollektivvertragliche Mindestentlohnung wäre nicht schlecht gewesen. Vielleicht auch ein zweites Strategiepapier, das neben dem Horrorszenario von Postamtsschließungen und Kündigungen eine Alternative eröffnet hätte. Grundsatzentscheidungen zwischen Markt und infrastruktureller Grundversorgung müsse dann aber bitte schon die Politik treffen. Womit man sich dem Hauptproblem von Wais nähert: Er muss einen Spagat hinlegen, der eigentlich unmöglich ist. Gemeindebundchef Helmut Mödlhammer will in jedem Kuhdorf ein Postamt. Das ist ein legitimer Wunsch, aber was geht das den Vorstand einer börsenotierten AG an? Wais hat aktienrechtliche Vorgaben und da steht nirgends, dass er Wohltäter für Bürgermeister ist.

Die heikle Positionierung zwischen Gemeinwohl und Markt ist ein Klassiker. Die Wurzeln reichen so weit in die Vergangenheit zurück, dass sich nur mehr Postveteranen daran erinnern können. Bereits 1998/99 war dem damaligen Postvorstand und dem Verkehrsministerium klar, was passieren wird: Private Anbieter werden auf die Löhne drücken und sich in den Ballungszentren breit machen, wo die Investitionskosten überschaubar sind. Das flache Land, wenig Gewinn versprechend, darf dann die Post beackern. Damals wurde viel gesprochen und verhandelt. Wie könnte eine sinnvolle gemeinwirtschaftliche Abgeltung aussehen oder wie könnte man die Privaten in die Pflicht nehmen und einbinden? Zehn Jahre später ist zwar alles irgendwie geregelt, aber ein großer Wurf sieht anders aus. Ein Detail am Rande: Das »unfähige« Post-Management liegt schon wieder knapp über Plan. Wenn nicht noch im Weihnachtsgeschäft etwas schiefgeht, wird man sich für die Bilanz 2008 nicht schämen müssen.

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