Montag, September 16, 2024
Von der Melkkuh zum König
Fotos: Regine Hendrich

Was haben Banken mit Trends wie Blockchain oder künstliche Intelligenz zu tun? Technologie verändert radikal die Geschäftsmodelle im Bankenbereich, waren sich die TeilnehmerInnen des Forums „Banking & Technology“ am 9. und 10. November in Wien einig. Der Konferenzveranstalter Business Circle kuratierte ein breites Spektrum an Vorträgen und Diskussionen rund um Digitalisierung und Unternehmenskooperationen („FinTegration“).

Im Fokus der Konferenz standen die Herausforderungen neuer Geschäftsmodelle in einem stark regulierten Umfeld. „Banken, die nach der Finanzkrise aktiv den Wettbewerb gesucht haben und ihr Geschäftsmodell geändert haben, sind auch heute die erfolgreichsten“, beobachtet Yves Mersch, Mitglied des Direktoriums Europäische Zentralbank. Er sieht viele nordeuropäische Banken als Frontrunner in punkto Innovationen. Für Unternehmen in allen Ländern gilt: „Die Banken bleiben ein wesentlicher Bestandteil einer funktionierenden Marktwirtschaft, aber sie müssen die Palette der Produkte ändern, die sie anbieten“.


Bild: Wolfgang Wainig, Freibanker, in Diskussion mit Yves Mersch, Europäische Zentralbank.

Mersch erwartet, dass auch die steigenden regulatorischen Anforderungen erfüllbar bleiben. „Es sollte im Zeitalter der Digitalisierung möglich sein, effizienter Daten zu senden – auch wenn es mehr Daten sind“, so der Zentralbanker.

Karl Heinz Land, Gründer der Strategie- und Transformationsberatung neuland, sieht als wesentlichen Treiber für Veränderungen die gestiegene Kundenerwartung an Bankenservices – das „Ich-will-alles-sofort-und-überall-Prinzip“. „Die digitale Transformation und der Wandel werden nie mehr so langsam sein, wie sie heute sind“, spricht Land vom „Zeitalter der Exponentialität“. Weitere Vortragende, darunter Marco Gercke, Direktor Cybercrime Research Institute, Sermin Voshmgir, Gründerin Blockchain Hub, und Nir Vulkan, Professor of Business Economics University of Oxford, unterstrichen diesen Weg in ein neues Marktzeitalter.


Bild: Karl Heinz Land: "Alles, was sich digitalisieren lässt, wird auch digitalisiert werden."

Tipps für die Kooperation mit FinTechs und auch Praxisbeispiele für die Digitalisierung standen in vertiefenden Sessions am Programm. Jochen Werne, Bankhaus August Lenz, skizzierte den Weg von der „analogen Privatbank, die wir noch vor vier Jahren waren“ in die Moderne. Er sieht als Treiber für Veränderungen in Organisationen nicht den Vorstand, sondern die Führungskräfte der zweiten und dritten Ebene. Der Vorstand könne hier nur unterstützend wirken. Womit die Banken in Zukunft ihr Geld verdienen, sei die zentrale Frage. Werne vergleicht die Situation der Branche mit den Veränderungen im Tankstellen-Geschäft: Der Verkauf von Diesel und Benzin bringt für die Betreiber lediglich noch 5,6 % Marge. Das Gros des Gewinns wird mit den Tankstellen-Shops generiert.

Andreas Zois, Austrian Anadi Bank, und Maximilian Nedjelik von baningo sprachen über die erfolgreiche Partnerschaft einer österreichischen Bank mit einem FinTech in der Ansprache von Neukunden und der Verbesserung von Serviceprozessen. Auch Zois weiß um die „Convenience“ als zentralen Faktor. „Banken müssen dorthin gehen, wo die Kunden sind“, sieht er auch neue Kommunikationskanäle wie eine Sprachsteuerung über Alexa als Möglichkeit, künftig Bankgeschäfte zu tätigen – vorausgesetzt das Vertrauen stimmt. Nedjelik appelliert an die Branchenvertreter: „Kombinieren Sie ihren On- und ihren Offline-Auftritt. Die Kunden wollen beides.“

Daniel Strieder, CEO und Co-Founder des auf Kleinkredite spezialisierten Start-ups Cashpresso, kennt „viele natürliche Anknüpfungspunkte“ für die Kooperation von Banken mit FinTechs. Die einen haben Kunden und Marken mit hohem Vertrauen, die anderen würden mit neuen und innovativen Lösungen Serviceprozesse verbessern. „Wir suchen uns einen bestimmten Bedarf, den der Kunde hat, und bedienen diesen. Wir müssen nicht gleichzeitig ein volles Paket an weiteren Produkten liefern“, so Strieder. „Letztlich geht es darum, den Kunden nicht als Melkkuh sondern als König zu betrachten. Ich denke, das können FinTechs sehr gut.“

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