Wednesday, November 19, 2025

Mehrwert für Manager

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Was der Vollausbau von 5G den Netzbetreibern bringt und welche neuen Services in Österreich zu erwarten sind.

Alexander Sysoev ist Country Manager bei Ericsson Österreich.


Wer sind Ihre größten Kunden in Österreich – und welche aktuellen Projekte laufen dort mit Ericsson-Beteiligung?

Alexander Sysoev: Mit Hutchison Drei Austria haben wir gerade eine mehrjährige Partnerschaft zur Modernisierung und Zukunftssicherung des 5G-Netzes gestartet. Bei Magenta Telekom haben wir eine Cloud-Migration des Ericsson-Billing-Stacks auf die Plattform Red Hat OpenShift umgesetzt. Das Projekt ist reibungslos ohne Einschränkungen für die Kunden gelaufen und war das europaweit erste dieser Art. Gemeinsam mit Vodafone und der Telekom Austria Group wurde die weltweit erste internationale Roaming-Verbindung mit 5G-Stand-alone zwischen den Mobilnetzen der beiden Unternehmen aufgebaut.

Darüber hinaus betreuen wir im Energiesektor unter anderem Backend-Systeme für Smart-Meter-Rollouts mit Managed Services und Integrationsleistungen. Als Technologiehersteller verstehen wir auch das Business unserer Kunden und können unterschiedlichste Anwendungsbereiche adressieren und abdecken.

Wo steht Österreich im europäischen Vergleich beim Heben auch wirtschaftlicher Potenziale mit 5G?

Sysoev: Europa hat bei 5G im mittleren Frequenzband (Anm.: 2,6 bis 3,5 GHz) – das für Datendurchsatz, Geschwindigkeit und Latenz entscheidend ist – Fortschritte gemacht. Wir haben nun insgesamt rund 50 % Midband-Abdeckung. Aber Europa liegt damit hinter Regionen wie Nordamerika oder Indien, die bereits 90 % und 95 % Abdeckung haben. Österreich ist im EU-Vergleich relativ weit, aber es gibt noch Spielraum, um das Digitalisierungspotenzial voll auszuschöpfen. Dafür sind ein flächiger Mid-Band-Ausbau und Services auf 5G-Standalone-Basis wie etwa Network-Slicing entscheidend. Wir unterstützen hier Netzbetreiber, diese nächsten Schritte zu setzen, sowohl beim Mittelband als auch bei 5G-Stand-alone oder im hohen Millimeter-Wave-Band rund um 26 GHz, das für zukünftige 5G-Anwendungen wie lokale Netze mit höherer Kapazität vorgesehen ist.

Der »Ericsson Mobility Report« aus dem Sommer empfiehlt eine differenzierte Konnektivität für Netzbetreiber. Welche neuen Services sind hier zu erwarten?

Sysoev: Differenzierte Konnektivität bedeutet, Netzqualität über Standardtarife hinaus gezielt zu garantieren – also etwa bei Network-Slicing, einer dynamischen Ressourcenzuteilung und Quality-of-Service-Stufen. Eine typische Anwendung können Event-Pässe bei einem Sportereignis im Stadion sein. Ich besuche oft mit meinem Sohn Fußballspiele der österreichischen Nationalmannschaft im Ernst-Happel-Stadion. Wenn ich dann meine Fotos und Videos vor Ort zuverlässig teilen möchte, bin ich vielleicht auch bereit, für eine zugesicherte Netzqualität zu zahlen. Man könnte so auch Medienvertretern dedizierte Network-Slices bereitstellen, damit große Foto- und Videodateien in Echtzeit hochgeladen werden können. In Schweden haben wir das vor ein paar Monaten mit den Partnern Tre und Sony im Livebetrieb demonstriert.

Ein anderes Beispiel wäre ein reserviertes Netzsegment, um HD-Videofeeds von kabellosen Kameras ausfallssicher zu übertragen. Im Downlink wiederum sehe ich Funktionalitäten wie Quality-on-Demand im Kommen. Ein Contentprovider, zum Beispiel ein Streaminganbieter, könnte damit auch für eine bestimmte Zeit eine garantierte Bandbreite bis zu den Endgeräten seiner Kunden zur Verfügung gestellt bekommen.

Der Report prognostiziert, dass Fixed Wireless Access (FWA) weltweit bis 2030 über 35 % der neuen Festnetz-Breitbandanbindungen stellen wird – mit 350 Millionen Anschlüssen. Wie groß ist das Potenzial in Österreich?

Sysoev: Das Potenzial ist groß. In einem Land mit vielen Bergen, Hügeln und einer oft wirtschaftlich herausfordernden »Last Mile« zum Endkunden kann Breitband für Haushalte mit FWA schneller und kostengünstiger als mit Glasfaser umgesetzt werden. In Finnland beispielsweise setzen wir mit unserem Partner Elisa ein auf 5G-SA-basierendes FWA-Angebot mit einer garantierten Servicequalität um. Dieser Netzbetreiber vermarktet das als Premium-Breitband für Haushalte und kann damit sogar langfristig die Kundenbindung steigern.

Und im urbanen Bereich?

Sysoev: Auch dort wächst die Nachfrage – aus verschiedenen Gründen. Es geht hier um Schnelligkeit – die »Time to Market« – aber auch um vermiedene Grabungskosten oder die Situation in Gebäuden, in denen nicht so einfach Kabel verlegt werden können. Weltweit sind FWA-Tarife längst im Mainstream angekommen. Premium-Varianten adressieren dann anspruchsvolle Haushalte, Geschäfte oder kleine Büros, die einen leistungsfähigen Breitbandanschluss ohne Wartezeiten erhalten wollen.

Wie verändert der steigende Einsatz von KI-Anwendungen die Anforderungen an die Netze?

Sysoev: Heute liegt das Verhältnis von Downlink zu Uplink grob bei 90 % zu 10 %. Generative KI wie zum Beispiel mit ChatGPT erzeugt aktuell noch sehr wenig Traffic – es sind weniger als 0,06 % des Gesamtvolumens. Aber mit KI-Agenten, KI-fähigen Smartphones und dem Hochladen von mit KI generierten Bildern und Videos wird der Uplink-Anteil deutlich steigen. Wir rechnen künftig mit einem Verhältnis von rund 74 % Downlink zu 26 % Uplink. Betreiber sollten daher gezielt diese Kapazitäten im Netz ausbauen, darunter fällt auch die Möglichkeit von Quality-on-Demand.

Wie hat sich die Rate der Kosten pro übertragenem Megabyte respektive Gigabyte im Mobilfunk in den letzten 20 Jahren entwickelt – und wie geht es weiter?

Sysoev: Die Kosten pro Bit fallen seit Jahren, getrieben durch immer neue Technologiegenerationen von 2G zu 3G, 4G, 5G und in Zukunft auch 5G Advanced. Das hat auch die Tarife verändert. 2003 war mobiles Datenvolumen noch ein Premiumprodukt mit 10 bis 20 Euro pro Megabyte. 2010, mitten im Smartphone-Boom, lag man bei etwa 5 bis 10 Euro pro Gigabyte. 2015 lag man dann mit den neuen Technologien und der effizienten Nutzung der Frequenzbänder bei 1 bis 5 Euro pro GB. Marktübliche Tarife in Österreich waren schließlich 2023 bei durchschnittlich 51 Cent pro GB – einer der niedrigsten Werte in Europa. Damit verglichen liegen die weltweit niedrigsten Kosten für mobiles Breitband in Israel bei umgerechnet 0,02 Euro pro GB. Die Schweiz dagegen, am anderen Ende der Skala, verzeichnete 7,29 Euro pro GB.

Der Datenverkehr wird bis 2030 weiter wachsen, rund 17 % jährlich. Um hier mitzuhalten, die Servicequalität aufrechtzuerhalten und auch weiterhin Innovationen liefern zu können, müssen die Betreiber kontinuierlich modernisieren. Es geht um einen flächendeckenden Mid-Band-Ausbau, die Migration auf 5G-SA-Core, um ein zügiges Abschalten älterer Technologien wie 3G und auch eine hohe Automatisierung im Radio-Access-Network (RAN) und im Core.

Spätestens mit 5G und auch 5G Advanced als nächsten Schritt ab 2027 oder 2028 – mit mehr Intelligenz im Netz, einem besseren Uplink und einer höheren Automatisierung – ist Mobilfunk nicht nur eine Technologie für Smartphones. Mit 5G wird die gesamte Digitalisierung unserer Wirtschaft und Gesellschaft vorangetrieben.


Fakten: Ericsson in Österreich
Die Geschichte von Ericsson in Österreich reicht bis ins Jahr 1912 zurück. Heute ist das Unternehmen entlang der gesamten Mobilfunk-Wertschöpfungskette tätig: die Kernnetze, allen voran der 5G-Core, aber auch Datenübertragung über das Microwave-Band, den gesamten OSS/BSS-Bereich (»Operations Support System/Business Support System«), Managed Services bis hin zu missionskritischen Netzen. Die Kundenbasis umfasst die großen heimischen Mobilfunkbetreiber, aber auch Energieunternehmen und IT-Dienstleister.

 

Hintergrund: »Stand-alone« oder nicht?

Wie weit sind die drei Mobilfunknetzbetreiber in Österreich mit dem 5G-Ausbau? Mit »5G Stand-alone (SA)« gibt es mehr Leistung und gleichzeitig eine höhere Energieeffizienz der Hardware. Wer hat bereits 5G SA in seinem Netz? Eine schnelle Analyse.

Drei
Hutchison Drei Austria hat das 5G-Netz seit 2019 in Betrieb, im März 2024 wurde es um 5G SA erweitert. Drei ist der erste Anbieter, der in Österreich ein
kommerzielles 5G-SA-Netz betreibt.

A1
Auch bei A1 wird das 5G Netz weiter optimiert, inklusive 5G-SA-Trials. Der Netzbetreiber hat derzeit mit 5.572 5G-Sendern 85,4% Netzabdeckung mit 5G.

Magenta
Der 5G-Ausbau läuft auch bei Magenta Telekom weiter. Aktuell hat der Mobilfunker 4.300 5G-Stand­orte bei einer Versorgung von mehr als 80 % der Haushalte und Betriebe in Österreich.

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