Thursday, July 17, 2025

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Digitalisierung und Cloud­services sind für Unternehmen und Verwaltungen zur Überlebensfrage geworden. Was sich jetzt geopolitisch auch in Europa ändern wird, und wie derzeit die Stimmung am IT-Markt ist, darüber spricht Peter Lenz, Vorsitzender der Geschäftsführung von T-Systems in Österreich.

(Foto: T-Systems/Marko Kovic)

Wie geht es T-Systems wirtschaftlich in Österreich? In welchen ihrer Kundensegmente schlägt sich die aktuell angespannte Konjunkturlage auch auf IT-Services nieder?

Peter Lenz: Erfreulicherweise geht es nach wie vor sehr gut, trotz des dritten Jahres der Rezession und einer verständlichen Zurückhaltung der Industrie gegenüber neuen Projekten. Durch den teils geringeren Absatz der Unternehmenskunden in ihren Märkten werden jegliche Investitionen hinterfragt – das betrifft auch IT-Investitionen. Da geht es gar nicht um den Preis, sondern um die Frage, ob überhaupt Projekte angefangen werden.

Wie ist die Stimmungslage bei Kunden im öffentlichen Bereich?

Lenz: Im öffentlichen Sektor gibt es durchaus viel Nachfrage. Vor allem die öffentliche Verwaltung hat einen Aufholbedarf, wenn es um das Thema Digitalisierung geht: Verwaltungsprozesse sind zeitintensiv, und mit der bevorstehenden Pensionierungswelle droht der Verlust wichtigen Fachwissens. Automatisierung entlastet hier durch effiziente Abläufe, smarte Workflows, bessere Bürger*innenkommunikation und Wissenssicherung.

Dennoch fährt die neue Regierung auch ein massives Einsparungsprogramm in der Verwaltung.

Lenz: Das wurde vor wenigen Wochen offiziell verkündet. Natürlich verfolgen wir die aktuellen Entwicklungen mit großer Aufmerksamkeit. IT-Projekte lassen sich im Vergleich zu beispielsweise Tunnelbauvorhaben deutlich flexibler anpassen oder verschieben. Dennoch sind wir überzeugt, dass Digitalisierung – insbesondere im öffentlichen Sektor – langfristig als strategische Investition erkannt und entsprechend vorangetrieben wird.

In welcher Phase der Umstellung auf SAP S/4HANA befinden sich der Mittelstand und größere Unternehmen in Österreich?

Lenz: Nach wie vor beschäftigen sich viele mit dem Umstieg. Hier steht die Nutzung von »RISE with SAP« im Vordergrund (Anm. Programm, das Unternehmen bei der Modernisierung und Umstellung auf die SAP Business Suite in der Cloud unterstützt). Gemeinsam mit den Kunden entwickeln wir das optimale Migrationsszenario, abgestimmt auf ihre individuelle Ausgangslage und ihren jeweiligen Bedarf.

Im aktuellen geopolitischen Umfeld – geprägt von steigender Sensibilität für Datenhoheit und regulatorischen Anforderungen – gewinnt digitale Souveränität zunehmend an Bedeutung. Unternehmen streben nach mehr Kontrolle über ihre Daten und Infrastruktur, ohne dabei auf Innovationsfähigkeit und Skalierbarkeit verzichten zu müssen. Hier sind wir mit einem »RISE with SAP powered by T-Systems« gut positioniert. Es läuft hier im Land und wird zum Teil mit den gleichen Leuten betreut, die bereits die SAP-Systeme unserer Kunden betreiben. Da hat garantiert niemand anderer Zugriff. Damit bieten wir Kunden eine einheitliche, sichere Plattform – unabhängig davon, ob sie mit RISE, Non-SAP-Systemen oder Hyperscalern arbeiten.

Die Transformation der Softwarewelt von SAP bei den Unternehmen prägt den IT-Markt nun schon einige Jahre. Wird die Umstellung aus Ihrer Sicht schnell genug in Österreich vollzogen?

Lenz: Es zögern immer noch Unternehmen. Aber man muss sich die Frage stellen, wann der richtige Zeitpunkt für den Umstieg auf S/4HANA ist – auch unabhängig von der angespannten Wirtschaftslage. SAP ist den Unternehmen auch mit attraktiven Lizenzmodellen ein Stück weit entgegengekommen, um Projekte vorzuziehen. Dass diese Umstellung irgendwann alle machen müssen, ist jedem bewusst.

Wann ist ein guter Zeitpunkt?

Lenz: Das hängt oft mit den Bestandsverträgen zusammen. Habe ich zum Beispiel eine gute Rabattierung, die für das Unternehmen noch einige Jahre gültig ist, kann ich mir vielleicht mehr Zeit lassen. Oder habe ich gerade mit SAP einen guten Deal verhandelt, ist es möglicherweise besser, eine Umstellung vorzuziehen.

Ist der Cloud-Ansatz bei SAP auch etwas für Kunden in der Industrie?

Lenz: Das betrifft auf jeden Fall alle Wirtschaftsbereiche. SAP bietet mit vielen Funktionalitäten die Unterstützung von Geschäftsprozessen über die Cloud. Hier kommen immer mehr Module hinzu, die Unternehmen beziehen können. Man ist damit stark im Standard. Ich sehe das mitunter bei den vielen Spezialisierungen und individuellen Anpassungen, die Unternehmen heute in ihren SAP-Systemen haben, nicht zwingend als Nachteil.

Man überlegt sich schon gut, wie viel man verliert oder gewinnt, wenn man auf den Standard in der Cloud setzt. Manche SAP-Projekte mit vielen Anpassungen haben sich über den Lauf der Jahre als nicht besonders wartungsfreundlich erwiesen. Der Umstieg kann bedeuten, von dem oft teuren »Customizing« loszukommen.

Die Deutsche Telekom hat bereits vor einigen Jahren gemeinsam mit Microsoft IT-Infrastrukturdienstleistungen aus europäischen Rechenzentren angeboten – der Markterfolg hielt sich damals in Grenzen. Was soll sich beim Thema Souveränität jetzt ändern?

Lenz: Wir spüren derzeit im Markt eine gewisse Skepsis gegenüber der Abhängigkeit amerikanischer Softwareanbieter. Mit der Sperre der E-Mail-Box des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs fragen sich viele: Was kommt da noch? Wer ist der Nächste? Ich bin überzeugt, dass hier T-Systems als Vorreiter für europäische Cloudlösungen und digitale Souveränität sehr gut positioniert ist. Wir können beispielsweise die Open Telekom Cloud – kurz OTC – lokal betreiben, mit Datacenterstandorten in Europa.

Angesichts der wachsenden Bedeutung digitaler Souveränität – wie positioniert sich T-Systems, um seinen Kunden langfristig Kontrolle und Unabhängigkeit bei der IT-Infrastruktur zu gewährleisten?

Lenz: Das Portfolio von T-Systems als souveräner Cloud-Partner für Österreich und Europa reicht von verschlüsselten Public-Cloud-Lösungen, die ausschließlich in europäischen Rechenzentren und von europäischem Personal betrieben werden, bis hin zu voll souveränen Lösungen basierend auf Open Source. Diese decken – je nach Lösung – alle drei Ebenen digitaler Souveränität ab: Daten, Betrieb und Technologie. Wir können garantieren, wo die Daten liegen und wer darauf Zugriff hat. Keine Regierung der Welt kann uns dazu zwingen, Services abzuschalten oder Einsicht in Datenbestände zu gewähren.

Das Bewusstsein dahingehend, wo Unternehmensdaten liegen und wer darauf Zugriff hat, hat in den letzten Monaten massiv zugenommen. Das sehen wir an den Anfragen an uns. Das gesteigerte Interesse zeigt sich auch bei allen unseren Veranstaltungen, wie zuletzt zum Thema OTC bei der Digitalisierungsmesse ­Digital X in Wien.

Die Deutsche Telekom plant jetzt gemeinsam mit Nvidia eine europäische »Industrial AI Infrastructure«. Was darf man sich darunter vorstellen?

Lenz: Als Deutsche Telekom bauen wir gemeinsam mit Nvidia die erste industrielle KI-Cloud Europas auf – ein Meilenstein, vor allem, was die digitale Souveränität und die technologische Unabhängigkeit angeht. Wir bieten mit dem Betrieb in deutschen Rechenzentren eine leistungsfähige Alternative zu internationalen ­Hyperscalern. Ziel ist es, europäische Unternehmen mit KI-Technologie zu stärken und Europas Innovationskraft abzusichern.

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