Monday, September 29, 2025

Mehrwert für Manager

 Yvonne Otrob, Leiterin Hochbau Wien bei STRABAG, über die Zukunft des Seriellen Wohnbaus. 

„Wir wissen, wie’s geht. Wir müssen es nur tun"

 Yvonne Otrob, Leiterin Hochbau Wien bei STRABAG, über die Zukunft des Seriellen Wohnbaus. 

„Wir wissen, wie’s geht. Wir müssen es nur tun
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Bei der Enquete Chance Bau 2025 des Bau und Immobilien Report präsentierte Yvonne Otrob, Leiterin Hochbau Wien bei STRABAG, klare Positionen zu den drängendsten Fragen der Baubranche. Die erfahrene Wirtschaftsexpertin mit 13-jähriger Erfahrung im Unternehmen fasste die Podiumsdiskussion prägnant zusammen: „Wir wissen, wie’s geht. Wir müssen es nur tun."

Expertise in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten

Yvonne Otrob, die seit 2021 die kaufmännische Direktionsleitung bei STRABAG innehat und seit 2022 auch als Geschäftsführerin der Mischek Systembau GmbH tätig ist, bringt eine wertvolle wirtschaftliche Perspektive in die technisch dominierte Baubranche ein. Die gebürtige Kärntnerin, die an der IMC Fachhochschule Krems ihren Master of Arts in Management absolvierte, sieht gerade in dieser fachlichen Diversität einen Mehrwert: „Als Wirtschaftlerin ohne technischen Stolz sehr viele Fragen zu stellen – Fragen nach den Bedürfnissen. Warum ist etwas so?"

Serieller Wohnbau als Herzensthema

Besonders deutlich wurde Otrobs Engagement für den seriellen Wohnbau. Dieses „Herzensthema" steht im Mittelpunkt ihrer strategischen Ausrichtung. Die Bedeutung dieser Bauweise wird auch in der aktuellen Marktentwicklung sichtbar: Mit der Einführung des TETRIQX-Systems einen wichtigen Schritt in Richtung kosteneffizientes Bauen gemacht. Diese serielle Konstruktionslösung, die ab 1.950 Euro pro Quadratmeter beginnt, reduziert nicht nur die Baukosten erheblich, sondern verkürzt auch die Bauzeiten und senkt den CO₂-Ausstoß.

Kooperative Modelle als Zukunftsweg

Ein zentrales Thema des Gesprächs waren die kooperativen Modelle in der Baubranche. Otrob betonte die Notwendigkeit einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten: „Je komplexer, umso mehr müssen wir zusammenhalten. Einer allein wird es nicht schaffen." Diese Haltung spiegelt die wachsende Erkenntnis wider, dass traditionelle Wettbewerbsmodelle den aktuellen Herausforderungen nicht mehr gerecht werden.

Auf die Frage, ob die Branche in konjunkturschwachen Zeiten nicht besser „back to the roots" gehen und einfacher denken sollte, antwortete Otrob entschieden: „Nein, bitte nicht Back to the roots. Also wir haben Herausforderungen, wir sind noch lange nicht bei einer Lösung. Aber die Umwelt ist ja komplexer. […] Das heißt, wir müssen mit der Tatsache leben, dass es komplexer wird. Und deswegen müssen wir nicht back to the roots, sondern wir müssen einfache Lösungen finden, um die komplexen Situationen hin zu lösen."

Diversität als Schlüssel zur Innovation

Eine bemerkenswerte Beobachtung der Veranstaltung war die geringe Präsenz von Frauen – nur drei waren in den vier Workshops und einem Round Table anwesend. Auf die Frage, ob für das Funktionieren neuer Konzepte nicht zuerst mehr Diversität nötig sei, hatte Otrob eine differenzierte Sicht: „Ich glaube, durch das Öffnen für kooperative Systeme kommen auch mehr Frauen, weil das Fingerspitzengefühl, die Bedürfnisse von unterschiedlichen Parteien rauszuhören, eine weibliche Stärke ist. Das zieht auch Frauen an."

Sie führte weiter aus: „Ich sag jetzt nicht krampfhaft Frauenquote einführen, sondern ich glaube, wir brauchen generell auch unter Männern mehr Kooperation und nicht mehr Ellenbogen Taktik."

Austausch mit der Politik

Besonders betonte Otrob die Bedeutung des Austauschs mit politischen Entscheidungsträgern: „Ich finde so eine Austauschformate grundsätzlich machen sehr viel Sinn und ich finde auch Austausch Formate ohne Kamera sehr sinnvoll, das heißt ohne Publikum, weil auch die ehrlichen Worte von Leuten, die in kleineren, geschlossenen Räumen aber noch größer sind."

Sie hofft auf mehr nicht-öffentliche Dialoge: „Ich hoffe, dass die Politik sich auch öffnet, dass sie nicht nur medienwirksam, sondern vielleicht auch einmal sich mit der Industrie und mit die Unternehmen der Baubranche zusammensetzt und sich wirklich auch Lösungen anhört."

Fazit: Handeln statt warten

Yvonne Otrobs klare Botschaft lautet: Die Baubranche verfügt über das nötige Wissen und die Technologien, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern. Was fehlt, ist die entschlossene Umsetzung. Ihre Hoffnung: „Ich hoffe, dass wir nicht so lange warten, dass der Schmerz noch größer wird." In einer Branche, die oft von komplexen Interessenlagen geprägt ist, plädiert sie für ein gemeinsames Voranschreiten und innovative Lösungsansätze – mit besonderem Fokus auf seriellen Wohnbau als Schlüssel zu leistbarem und nachhaltigem Wohnraum.

Die klare Vision und der kooperative Ansatz von Führungspersönlichkeiten wie Yvonne Otrob könnten entscheidend sein, um die Baubranche durch die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen zu navigieren und gleichzeitig zukunftsfähig zu positionieren.