Tuesday, June 24, 2025

Mehrwert für Manager

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Der Fachkräftebedarf wächst, gleichzeitig werden immer weniger Lehrlinge ausgebildet. 2024 befanden sich in Österreich 106.452 Jugendliche in rund 26.000 Betrieben in Ausbildung. Das entspricht einem Rückgang von 2,5 % gegenüber 2023. Dieser Trend resultiert nicht nur aus der demografischen Entwicklung: Auch die Zahl der Lehrbetriebe ist seit 2007 stark rückläufig. Zieht sich die Wirtschaft aus der Ausbildung zurück? Report(+) hat drei Expert*innen um ihre Einschätzung gebeten.

Bild: iStock

1. Verliert die Lehrausbildung an Bedeutung?

Jutta Perfahl-Strilka, CEO hokify

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Für die Gesellschaft ist die Lehre unverzichtbar. Das duale Ausbildungssystem ist international anerkannt und bewundert – es zu stärken, ist essenziell. Und: Nicht jede*r möchte nochmal drei bis fünf Jahre Theorie lernen und nicht jede*r hat das Ziel, später jahrelang nur vor dem Bildschirm zu sitzen. Und genau hier bietet die Lehre enorme Chancen, weil meist Spaß, Gehalt und die persönlichen Interessen die Hauptmotivation für die Berufswahl sind.


Johannes Kopf, Vorstandsvorsitzender des Arbeitsmarktservice (AMS)

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Nein, ganz im Gegenteil. Bildung schützt vor Arbeitslosigkeit. Personen mit Lehrabschluss sind deutlich weniger von Arbeitslosigkeit betroffen als Personen, die über maximal einen Pflichtschulabschluss verfügen. Von 100 Absolvent*innen einer Lehre sind aktuell sechs arbeitslos, von 100 Pflichtschulabsolvent*innen sind es 21. Die Jobs für Personen mit geringer Bildung werden immer weniger. Früher konnten wir Personen für die Lagerarbeit vermitteln, wenn sie stark waren. Heute müssen sie Lagerlogistiksoftware kennen, einen Staplerschein haben und auch noch Englisch beherrschen.


Silvia Angelo, Vorständin ÖBB-Infrastruktur AG

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Nein, ganz im Gegenteil. Die Lehre ist eine zentrale Ausbildungsschiene für die Fachkräfte von morgen. Gerade in technisch anspruchsvollen Bereichen wie bei den ÖBB braucht es gut ausgebildete Profis. Die Lehrausbildung verbindet Praxis und Theorie auf ideale Weise – das macht sie auch künftig unverzichtbar. Wir setzen daher bei uns im Unternehmen bewusst und langfristig auf diesen bewährten Ausbildungsweg.

 

Sehen Unternehmen Lehrlinge nicht mehr als Investition in die Zukunft?

Jutta Perfahl-Strilka

Hoffentlich doch – und immer mehr! Der Fachkräftemangel spitzt sich zu: Bis 2040 werden noch rund eine Million Menschen in Pension gehen, das sind dann insgesamt 27 % der Bevölkerung. Lehrlinge sind damit eine Investition in die Zukunft. Viele Unternehmen erkennen das bereits und setzen stark auf Ausbildung – andere werden bald nachziehen (müssen), um überhaupt noch Fachkräfte zu finden. Die Lehre gewinnt dadurch wieder an Bedeutung.


Johannes Kopf

Ich bin überzeugt, dass Betriebe das sehr wohl erkennen, aber es ist schon auch eine Frage, ob es sich Betriebe in der aktuellen Lage leisten können, Lehrlinge auszubilden. Tatsächlich sehen wir jetzt im dritten Jahr der Rezession, dass Betriebe weniger Lehrstellen anbieten. Im Mai 2025 waren es um 12 %
weniger als vor einem Jahr. Zudem verlieren junge Personen rascher ihre Anstellung als erfahrenere Mitarbeiter*innen. Wir können mit Schulungen und Ausbildungen weiterhelfen. Ein Schwerpunkt ist die überbetriebliche Lehre, bei der wir im Jahr 2024 fast 23.000 Personen betreut haben.


Silvia Angelo

Bei den ÖBB hat die Lehre seit jeher hohen Stellenwert. Wer heute ausbildet, sichert sich die Fachkräfte von morgen – und übernimmt zusätzlich Verantwortung für die nächste Generation. Unser Ziel ist es, junge Menschen bestmöglich zu qualifizieren und langfristig in unser Unternehmen zu integrieren. Fachkräfte fallen nicht einfach so vom Himmel, man bekommt sie durch gute Ausbildung und Entwicklung.

 

 

Wie kann die Lehre attraktiver werden?

Jutta Perfahl-Strilka

Mehr Durchlässigkeit und besseres Image! Wer mit 16 eine Lehre macht, will mit 25 vielleicht doch noch studieren oder sich anders weiterbilden – der Zugang zu FHs & Co. sollte deshalb einfacher werden. Eine Überprüfung der Studienberechtigungsprüfung wäre sinnvoll. Und klar: Die Lehre braucht ein modernes Image. Wir müssen zeigen, welchen gesellschaftlichen Wert Lehrberufe haben – und wie viel Spaß sie machen können. Laut Do-it-Jobs Report wählen 46 % ihren Job aus Spaß – genau dieser Aspekt muss wieder stärker in den Fokus rücken.


Johannes Kopf

Die Menschen, die heute in die Lehre gehen, sind oft schwächer als früher, während die Anforderungen durch die Digitalisierung gestiegen sind. Die Guten gehen weiter in höhere Schulen. Wir sollten daher auch die Lehre nach der Matura forcieren und damit die Lehre weiter aufwerten. Die Fachkraft von morgen hat eine gute Allgemeinbildung als Basis für lebenslanges Lernen und darauf aufbauend eine fachliche Spezialisierung.


Silvia Angelo

Wir müssen zeigen, welchen Mehrwert die Lehre hat – nicht nur für die Jugendlichen, sondern auch für Unternehmen selbst. Bei uns werden Lehrlinge bspw. schon bei ihren Praxiseinsätzen während der Ausbildung dort eingesetzt, wo sie später arbeiten werden. Das garantiert eine optimale Vorbereitung auf den späteren Job. Das ist gut für die Jugendlichen und für uns. Wichtig ist auch die gesellschaftliche Anerkennung: Eine Lehre ist genauso viel wert wie eine Schulausbildung oder ein Studium – das müssen wir stärker vermitteln.

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