Thursday, October 30, 2025

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SAP möchte mit der »Business Technology Platform« mit künstlicher Intelligenz gestützte ­Anwendungen in die Geschäftsprozesse der Unternehmenskunden integrieren.

Bild: Michael Ameling leitet als Mitglied des erweiterten Vorstands bei SAP strategisch den Bereich Business Technology Platform.

SAP verspricht den Unternehmen, Klarheit über ihre Daten zu bekommen – und auf dieser Basis auch neues Geschäft oder Effizienzen generieren zu können. Wo stehen hier Ihre Kunden heute?

Michael Ameling: Unsere Kunden haben mit einer Komplexität in ihren Lieferketten oder im Beschaffungswesen zu kämpfen. Die Frage ist: Wie können wir den Unternehmen die Möglichkeit geben, mehr aus ihren Daten zu lesen, um damit datengetriebene Entscheidungen treffen zu können? Zusätzlich ermöglicht künstliche Intelligenz neue Wege.

Wichtig zu verstehen ist, dass es stets das Dreieck Daten, Applikation und KI ist, bei dem alle Seiten aufeinander bauen. Ohne Daten würde es keine gut funktionierende künstliche Intelligenz geben, die wiederum mit Businessprozessen verknüpft wird – die dann wieder neue Daten schaffen. So muss ich zum Beispiel in einer Lieferkette natürlich wissen, an welcher Stelle vielleicht Abläufe gestört sind und Prozesse feststecken. Mit den richtigen Daten kann ich über KI bessere Entscheidungen treffen, und das dann wieder in die Anwendung führen.

Wie manifestiert sich dieses Ziel fundierterer Entscheidungen in Produkten?

Ameling: Mit der SAP Business Suite wollen wir alle wichtigen Geschäftsprozesse in der Cloud abdecken. Die Applikationen dazu sind dann etwa SuccessFactors fürs Personalwesen, Ariba in der Beschaffung, unsere Cloud-ERP-Lösungen oder SAP Finance. Wenn man es nun schafft, alle diese Daten zusammenzubringen, entsteht ein wahrer Schatz. Das Werkzeug dafür ist dann die SAP Business Data Cloud: Mit ihr lassen sich Daten so aufbereiten und darstellen, dass Unternehmen daraus wertvolle Erkenntnisse und Entscheidungsvorlagen erhalten.

Da die sogenannte Semantik von Daten – also ihre Struktur und Lesbarkeit – in der Regel im Geschäftsprozess festgeschrieben ist, packen wir Daten aus den unterschiedlichen Applikationen in sogenannte Datenprodukte. Sie beschreiben zum Beispiel, wie eine Bestellung oder eine Rechnung strukturiert sind, und in welchem Zusammenhang die Daten vorkommen – etwa, welche Lieferung mit welcher Bestellung verknüpft ist. Die Inhalte eines Datenprodukts sind prinzipiell sämtliche Daten, die in der Logik der Unternehmensprozesse zusammengehören, um damit dann auch Analysen machen zu können.

Mit der Abbildung durchgehender Geschäftsprozesse mit der SAP Business Suite werden auch Führungskräfte in den Unternehmen unterstützt. Sie erhalten eine Übersicht über die verschiedenen Bereiche und Abläufe, sowohl für SAP-Systeme als auch – das sehe ich als essenziell – für Systeme von Drittanbietern.

Um auf die Idee dieses Datenprodukts einzugehen: Welche Daten sind darin konkret enthalten?

Ameling: Es sind im Prinzip alle Daten, die zusammengehören, um eine Analyse oder künstliche Intelligenz darauf anwenden zu können. Nehmen wir als Beispiel eine Sales Order: Welche Kunden sind involviert? Welche Lieferanten und Lieferungen sind damit verbunden? Diese Daten sind in der Praxis oft in verschiedenen Systemen abgebildet. Das Datenprodukt Sales Order klingt zunächst einfach, daran können aber Hunderte verschiedene Datenfelder hängen, die auch semantisch miteinander in Verbindung gebracht werden müssen.

Wie wurden diese Daten in Unternehmen früher verknüpft?

Ameling: Unternehmen hatten für eine Prognoserechnung etwa diese Daten in eine – nennen wir es – Datensenke kopiert. Dabei ist die Semantik aus den Geschäftsprozessen der Wertschöpfungskette verloren gegangen, zum Beispiel aus dem Lead-to-Cash- oder dem Order-to-Pay-Prozess. Man musste also ständig wieder verlorenes Wissen aufbauen, um die Zusammenhänge zwischen Prozessen und Daten wiederherzustellen. Das erledigen wir jetzt mit einer einheitlichen semantischen Schicht, die wir Knowledge Graph nennen. Für diesen Wissensgraphen haben wir eine eigene Technologie, die „SAP HANA Cloud Knowledge Graph Engine“, entwickelt. Sie greift auf die semantische Schicht der Daten zu, ohne dabei aufwändig und teuer Terabyte oder Petabyte an Daten von einem SAP-System in eine Data-Lake-Lösung oder umgekehrt kopieren zu müssen. Wir haben mit der SAP Business Data Cloud einen fundamental anderen Weg eingeschlagen, denn wir „Zero Copy Approach“ nennen.

Was bedeutet das nun für eine Unternehmens-IT, die bereits über einen Data-Lake mit Daten aus Drittsystemen verfügt?

Ameling: Unsere Lösung kann auch hier auf die semantische Schicht zugreifen, ohne die Daten kopieren zu müssen. Dieser offene Ansatz reflektiert die Datenlandschaft des Kunden auf effiziente Weise – deutlich schneller und präziser kuratiert. Wir benötigen keine aufwändigen Integrationsprojekte, sondern können über Schnittstellen auf Daten dort zugreifen, wo sie heute bereits sind. Natürlich sind trotzdem stets auch Hausaufgaben zu erledigen, etwa Beispiel beim Thema Data-Governance. Sie regelt zum Beispiel, in welcher Weise Daten überhaupt Anwendungen zur Verfügung gestellt werden dürfen.

Wie unterstützt die SAP Business Data Cloud konkret, datenbasierte Anwendungen effizient zu implementieren – auch über SAP-Systemgrenzen hinaus?

Ameling: Nehmen wir Forderungsmanagement als Beispielapplikation. Sie ist in der Business Data Cloud als vorgefertigte Anwendung, als „Insights App“, inklusive Standardkonfiguration verfügbar. Ich muss mich nur darum kümmern, Systeme außerhalb der SAP-Businesssoftware-Welt anzubinden. Auch hier werden wieder nicht Daten von A nach B geschoben, sondern über ein zentral verwaltetes Directory abgerufen. Möchte ich nicht auf eine Standardapp setzen, kann ich mir auch eine Anwendung mit der Entwicklungsplattform SAP Build bauen – sozusagen die eigene Insights App – die dann je nach Anforderung auf die verschiedenen Datenprodukte in meinem Unternehmen zugreift.

Wie sehen Sie KI die Business-Software-Welt bei SAP verändern?

Ameling: Das Thema KI bedeutet seit gut zwei Jahren die schnellste Technologieentwicklung jemals auf diesem Planeten. SAP bietet „Business AI“ auf mehreren Ebenen an. Zum einen soll es die Interaktion mit SAP-Produkten verändern. Joule bietet „Conversational AI“, die Nutzer*innen Anweisungen an die Maschine in menschlicher Sprache formulieren lässt. Sie bekommen Textantworten oder Analyseergebnisse, nutzerfreundlich aufbereitet, zurück. Dann ist KI direkt in unseren Produkten eingebettet. Im Personalwesen macht SAP SuccessFactors Vorschläge für eine Jobbeschreibung. Im Transportmanagement bekomme ich auch auf Basis von Datenanalysen die beste Route angezeigt. Unsere Kunden müssen diese Anwendungsfälle nicht zusammensuchen, denn wir kennen ja viele Prozesse in den Wertschöpfungsketten und berücksichtigen diese in unseren Produkten als Vorschläge.

Auf welches Sprachmodell setzt SAP konkret?

Ameling: Bei der Frage nach der richtigen Technologie sind wir Partnerschaften mit den größten Anbietern eingegangen, wie zum Beispiel OpenAI, Mistral, Perplexity, und Google, die kommerziell oder im Bereich Open-Source aufgestellt sind. Die Wahl des KI-Modells kann länderspezifisch sein, da nicht in jeder Region das gleiche Angebot verfügbar ist. Und das richtige Sprachmodell hängt hinsichtlich Ergebnisse, Performance – also den Antwortzeiten – und Kosten auch von der einzelnen Anwendung ab.

Ein Assistent, der Sprachantworten zurückgibt, ist etwas anderes als Optimierung in der Logistik. Wir können auf das jeweils beste Modell zugreifen und über die Abstraktionsschicht „AI Core“ in unserer Business Technology Platform die Modelle und Anbieter unter der Haube komplett tauschen. Der Kunde muss sich bei seiner Anwendung nicht auf ein Modell auf Jahre hinaus festlegen.

Wir kümmern uns um die Sicherheit und Ethik dahinter und um die Effizienz mit der Wahl der Modelle. Das funktioniert auch mit „Reasoning Models“, komplexeren Sprachmodellen, die größere Denkprozesse in Teilschritten durchlaufen. Rückblickend gesehen war das die richtige Entscheidung, da sich die Modelle so schnell ändern.

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