Thursday, October 30, 2025

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Glasfaser ist die entscheidende und zentrale künftige Infrastruktur. Eine aktuelle Marktanalyse der Open Fiber Austria Association (OFAA) kommt zum Schluss: der Ausbau der Glasfaserinfrastruktur in Österreich sollte eine Gemeinschaftsaufgabe werden. Um eine flächendeckende Versorgung bis 2035 zu garantieren, sind jährlich rund 500 Mio. Euro an Investitionen erforderlich.

Martin Wachutka, Jens Böcker und Herbert Flatscher (Foto: Martin Steiger)


Studienautor und Wirtschaftswissenschafter Jens Böcker von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg präsentierte die Marktanalyse zur Relevanz von Glasfaser für Österreichs Konsument:innen, Gesellschaft und Wirtschaft. „In den vergangenen fünf Jahren sind per anno zwischen 670 und 850 Millionen Euro in die Netzinfrastruktur investiert worden,“ führt Prof. Böcker aus, „Geld, das vor allem der lokalen Bauwirtschaft zugutekommt. Geht die Geschwindigkeit des Ausbaues so weiter, kann Österreich in zehn Jahren an die europäische Spitze bei der Glasfaser anschließen“.

Auch wenn Österreichs Glasfasernetzverfügbarkeit noch unter dem europäischen Durchschnitt liege, könne sich das Wachstum im Telekombereich sehen lassen: Das Plus beträgt stabil rund drei Prozent in den vergangenen fünf Jahren. Ebenso kraftvoll ist die Bedeutung für den Arbeitsmarkt in Österreich: Mehr als 11.000 Personen finden allein in der Glasfaserbranche einen Arbeitsplatz.

Schnelles Internet: steil steigende Nachfrage
Der Datenhunger der Konsument:innen, der Wirtschaft und der Behörden scheint noch lange nicht am Plafond angelangt zu sein: „Im Jahr 2024 wurden über das Festnetz unglaubliche 7.000 Petabyte übertragen“, analysiert Studienautor Böcker und verdeutlicht die Zahl mit einem plastischen Beispiel: „7.000 Petabyte entsprechen etwa 280 Millionen Blu-ray-Discs“. Der Blick auf den Markt zeigt ein dynamisches Wachstum: „Die Zahl der Breitbandanschlüsse ist seit 2020 um ein knappes Fünftel auf 14,8 Mio. Anschlüsse gestiegen. Knapp zwölf Millionen Anschlüsse davon sind mobil, rund 2,7 Millionen sind feste Anschlüsse“, so der Studienautor.

Spannend zu beobachten ist laut Böcker die Verteilung der High-End-Internetanschlüsse. Denn nicht in den eng verbauten Städten, sondern im ländlichen Raum ist der Premium-Anschluss „FTTH“– Fiber to the Home, am höchsten. „In den vergangenen fünf Jahren konnte ein rasanter Zuwachs von 300 Prozent auf 373.000 Kunden verzeichnet werden“, ist in der OFAA-Marktanalyse zu lesen. Vor allem regionale Anbieter tragen den Glasfaserausbau in die ländlichen Gebiete. Böcker: „Das belegt den Erfolg und Treffsicherheit der Förderungen, die zielgerichtet auf ländliche Gebiete ausgerichtet ist“.

Eine große Konsumentengruppe von rund einer Million Personen bezieht das Internet über die TV-Koaxialkabel. Die auf Kupferleitungen basierende DSL-Technologie ist auf hohem Niveau rückläufig, etwa 1,3 Mio. Menschen nutzen noch diese schon ältere Technologie. „Digitalisierung entscheidet heute über Wettbewerbsfähigkeit, Lebensqualität und Zukunftschancen – und diese dürfen nicht vom Wohnort abhängen“, so Prof. Böcker.

Für OFAA-Vizepräsident und Geschäftsführer Breitband Oberösterreich Martin Wachutka sind die angekündigten 120 Millionen Euro Förderungen des Bundes für 2027 – 2029 besonders für die ländlichen Regionen in der Steiermark, Oberösterreich und Kärnten von großer Bedeutung, denn damit können Ausbaulücken geschlossen werden, wo der Markt allein nicht ausreicht. Doch auch im städtischen Bereich ortet die Marktanalyse große Lücken mit sehr schlecht versorgten Gebieten. „Für die großen Städte, allen voran dem urbanen Wien, braucht es einen Masterplan für offene Glasfasernetze“, so Wachutka.

Der OFAA-Vizepräsident weiter: „Förderungen sind für den Ausbau dieser essenziellen Infrastruktur nach wie vor unumgänglich. Denn der weitere konsequente und notwendige Ausbau von offenen und demokratischen Glasfasernetzen ist Teil der Daseinsvorsorge der digitalen Infrastruktur. Sie ist das Rückgrat einer resilienten und wettbewerbsfähigen Volkswirtschaft der Republik Österreich“.

Glasfaser für eine nachhaltige und effiziente Zukunft
Werden Glasfasernetze verlegt, dann geschieht das für viele Jahrzehnte. Glasfasernetze sind als kritische Infrastruktur der Strom- oder Wasserversorgung gleichzusetzen und können auch bei Stromausfall noch drei Tage lang eine Internetversorgung sicherstellen, wie das am Beispiel der kriegsgeschädigten Ukraine deutlich wird. Noch dazu ist Glasfaser sowohl in der Produktion als auch im Betrieb außerordentlich genügsam und zeichnet sich durch geringen Stromverbrauch und niedrige Wartungskosten aus: Laut Gutachten der Technischen Hochschule Mittelhessen ist Glasfaser sechs Mal energieeffizienter wie ein TV-Koaxialkabel.

Herbert Flatscher, Vorsitzender des OFAA-Fachbeirates und Geschäftsführer der FiberEins GmbH, beschreibt mit einem sehr anschaulichen Beispiel die imposante Leistung der Glasfaser: „Derzeit können 402 Terabit pro Sekunde übertragen werden. Übersetzt bedeutet das: Über nur eine einzige Glasfaser könnten 26 Millionen Menschen gleichzeitig ihren individuellen hochauflösenden 4K-Netflix-Film schauen.“

Besonders Business-Kunden setzen laut Martin Wachutka auf Glasfaser und fragen nach Fest-Breitbandanschlüssen mit einer symmetrischen Bandbreite von 500 Mbit/s und mehr. Bei den Geschäftskunden ist zudem das Wissen rund um die Glasfaser gut entwickelt – bei Privatkunden besteht hingegen noch substanzieller Informations- und Aufklärungsbedarf. Bei den Produkten verschiebt sich zusehend die Nachfrage hin zu den sogenannten „Stand-alone-Internet-Lösungen” mit hoher Bandbreite – die einst stark nachgefragten Bündel-Pakete mit TV-Angeboten verlieren an Bedeutung.

Das Angebot wächst Schritt für Schritt: Rund 40 Prozent der heimischen Wirtschaftsbetriebe sind technisch mit Fiber to the Home (FTTH) versorgt. Der Anbietermarkt dafür ist stark zergliedert: A1 ist Primus der Branche, regional sind zahlreiche Anbieter am Markt mit gemeinsam sehr hoher Relevanz für den gesamten Ausbau. Die steigende Akzeptanz der Glasfaser wird auch durch die sogenannte „Take-up-Rate“, also die tatsächliche Marktdurchdringung, klar belegt. Diese hat sich in den vergangenen fünf Jahren beinahe auf 20 Prozent verdoppelt. Die Nutzung der vorhandenen Glasfaser-Anschlüsse ist in ländlichen Gebieten mit 34,7 Prozent am höchsten. Schon mit deutlichem Abstand liegen kleinere Städte und Vororte bei 22,2 Prozent. Im klassisch urbanen Bereich ist die Bereitschaft für die Glasfaser mit 11,8 Prozent am niedrigsten.

Der Bund unterstützte zuletzt den Glasfaserausbau mit 2,1 Mrd. Euro mit Schwerpunkt auf die Bundesländer Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark. Die größten Fördernehmer sind die A1 Gruppe, die nöGIG Gruppe und Breitband Oberösterreich Infrastruktur GmbH. In dem Zusammenhang begrüßte auch jüngst Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl das Bekenntnis der Bundesregierung zur Fortsetzung der Breitbandförderung.

OFAA-Vizepräsident Martin Wachutka betont in diesem Zusammenhang die besondere Bedeutung regionaler Glasfaserunternehmen – sowohl als Anbieter von High-Speed-Internet, als auch als attraktive Arbeitgeber. Um die Bedeutung langfristig weiter zu erhöhen, schlägt Wachutka eine Informationskampagne vor, angelehnt an jene des Bundesministeriums für Digitales und Staatsmodernisierung in Deutschland.

Interessant zu beobachten sei die Fördervergabe für den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsnetze VHCN (Very High Capacity Networks). In den drei Bundesländern Oberösterreich, Niederösterreich und Steiermark werden rund drei Viertel der Fördermittel ausgeschüttet. Nach Niederösterreich fließen kumuliert 32,7 Prozent, bzw. 682,27 Mio. Euro, nach Oberösterreich 23 Prozent, bzw. 479,81 Mio. Euro und für die Steiermark standen 21,2 Prozent, bzw. 442,2 Mio. Euro zur Verfügung.

Im Rahmen des Ausbaues betont die Open Fiber Austria (OFAA) einmal mehr, dass Mobilfunk und Glasfaser systemisch aufeinander angewiesen sind: „Denn jedes Mobile, jedes Tablet und jedes mobile Modem ist in einer Funkzelle, einem Funkmast eingeloggt. Für den rasanten Weitertransport braucht es dann natürlich die Glasfaser! Eine leistungsfähige digitale Infrastruktur basiert auf dem Zusammenspiel von Glasfaser- und Mobilfunknetzen“, berichtet Flatscher.

Für die OFAA ist die höchst unterschiedliche Verteilung der Fördermittel an die einzelnen Bundesländer ein sehr lauter Weckruf. Während die stärksten Länder rund ein Drittel der möglichen Förderungen abrufen, liegt die Quote in gleich drei Bundesländern deutlich unter zwei Prozent, bzw. im sehr niedrigen einstelligen Bereich. „Jene Länder mit hohem Industrieanteil haben die Bedeutung längst erkannt, aber auch in Bundesländern mit hohem Tourismusanteil sollte die Ausstattung der Betriebe mit High-End-Internet eine Selbstverständlichkeit sein“, sagt Martin Wachutka von Open Fiber Austria (OFAA). Laut Auskunft von Touristikern und Buchungsplattformen wird ein schneller und stabiler Internetanschluss für die Bewertung der Unterbringung immer wichtiger und bedeutender und entscheidet aus Sicht des Gasts maßgeblich über Qualität und den Komfort während des Aufenthaltes. Noch bevor die Keycard oder der Menüplan überreicht wird, kommt meist die Frage nach den WLAN-Zugangsdaten.

Aufruf an die Politik
OFAA-Vizepräsident Martin Wachutka appelliert an die Politik: „Öffentliche Fördermittel müssen exakt und gezielt für den Ausbau offener und diskriminierungsfrei zugänglicher Glasfasernetze eingesetzt werden. Denn nur auf diesem Weg kann ein nachhaltiger, wettbewerbsfördernder und flächendeckender Ausbau gewährleistet werden. So wird Wettbewerb ermöglicht und Kund:innen steht dann eine Vielfalt im Endkundenmarkt offen“. Herbert Flatscher ergänzt: „Der Glasfaserausbau ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die nur in guter Abstimmung aller Akteure gestemmt werden kann“.

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