Wednesday, October 29, 2025

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Gerade einmal 1,25 % der in der EU neu zugelassenen Lkw sind elektrisch betrieben. Noch dominieren Pioniere den Markt. Aber die Kurve geht nach oben.
Dafür sorgen auch die positiven Erfahrungen der First Mover.

Bild: Holcim

 

Ein elektrisch angetriebener Schwerverkehr könnte ein wichtiger Beitrag für den Klima- und Umweltschutz sein. Immerhin verursachen Lkw fast 40 Prozent der CO2-Emissionen im österreichischen Straßenverkehr, wie aus Daten des Umweltbundesamts und des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) hervorgeht. Doch der Umstieg der Transportlogistiker und der Flotten von Betrieben auf E-Lkw nimmt nur sehr langsam Fahrt auf. Im Vorjahr waren gerade einmal 1,25 Prozent aller neu zugelassenen Lkw in der EU mit Elektroantrieb ausgestattet. Noch sind es einige Pioniere, die die Umstellung auf E-Antrieb wagen.

Hubert Schlager, Eigentümer und Chef der Schlager Transport Logistik GmbH aus Saxen in Oberösterreich, ist einer davon – und er hat es nicht bereut. Vor zweieinhalb Jahren, als die erste Förderung für Elektro-Lkw angekündigt wurde, hat er Testfahrten unternommen und war rasch überzeugt von den Vorteilen dieser Elektrofahrzeuge. Die ersten beiden E-Lkw schaffte er gleich damals an. »Da hatten die Hersteller noch mehr Angst als wir vor dem Einsatz dieser Lkw«, sagt Schlager heute lachend. Fünf Elektro-Lkw (28-Tonnen-Solofahrzeuge bzw. 42-Tonnen-Hängerzug) hat er bereits im Dauereinsatz. Sieben Tage die Woche rund um die Uhr transportieren die Fahrzeuge unter anderem große österreichische Tageszeitungen von der Druckerei zu den Kunden.

Den Vorteil des Elektro-Lkw hat Schlager rasch bei der Hand: In den 16 Monaten des Vollbetriebs haben sie 740.000 Kilometer heruntergespult und dabei 177.000 Liter Diesel durch Ökostrom ersetzt. Tatsächlich alles Ökostrom? »Natürlich«, sagt Schlager mit Überzeugung. 2024 hat er 42 Prozent des benötigten Stroms in eigenen PV-Anlagen erzeugt, heuer werden es rund 60 Prozent sein.

Größte Herausforderung
Und damit spricht Schlager auch gleich die größte Schwierigkeit für den Umstieg auf Elektro-Lkw an. »Mit dem Kauf eines Fahrzeugs ist es nicht getan. Eine E-Lkw-Flotte braucht ein Gesamtkonzept«, betont der Transportlogistiker. Das umfasst: Aufbau einer eigenen Ladeinfrastruktur, eigene Stromerzeugung, Stromspeicher, starker Leistungsanschluss ans öffentliche Stromnetz und Aushandeln günstiger Serviceverträge mit dem Fahrzeuglieferanten sowie Strompreise mit dem Energielieferanten.

»Man muss schon mit ein bis zwei Jahren Vorlaufzeit rechnen. Allein für die Installation des benötigten Leistungsanschlusses sollte man bis zu zwölf Monate einplanen«, erklärt er aus Erfahrung. Schlager Transport Logistik besaß einen Startvorteil. »Wir hatten bereits 400 kW Leistung im Unternehmen. Das reichte für den Anfang«, erklärt er.

Für äußerst wichtig hält Schlager auch den Einbau von Batteriespeichern. 1,6 Megawatt Speicherkapazität und 765 kW Photovoltaik setzt er für seine Elektro-Flotte ein, ausreichen wird das auf Dauer aber nicht. Immerhin will Schlager bis 2030 alle 22 Lkw auf Strombetrieb umstellen. 2022 hat er den letzten Diesel-Lkw gekauft. Bei einer durchschnittlichen Einsatzzeit von acht Jahren wird dieser dann 2030 aus dem Verkehr der Schlager Transport Logistik gezogen. Bis dahin muss er noch einiges in die Erweiterung der Strom­erzeugung und Speicher stecken.

Beträchtliche Kosten
Günstig ist das alles nicht. Die Fahrzeuge sind trotz Förderung 50.000 bis 60.000 Euro teurer als herkömmliche Diesel-Lkw. Einen Vorteil haben jene Speditionen und Transporteure, die viel auf den Autobahnen unterwegs sind. Denn die Maut ist für E-Lkw um 75 Prozent reduziert. Schlager – sowie die gesamte E-Lkw-Branche – plädiert für einen vollkommenen Wegfall der Maut. »Das würde einen deutlichen Schub beim Kauf von E-Lkw auslösen«, meint er. Oder ein Verbot von Diesel-Lkw in Stadtzentren. Das hat in den Niederlanden einen regelrechten Boom ausgelöst. Zehn Städte haben sich dort entschlossen, nur noch E-Lkw in die City-Zentren fahren zu lassen.

Keine Preisschwankungen
Auch in die Stromanschlüsse und eigenen Ladestellen müssen gewaltige Summen gesteckt werden. Eine Million Euro ist da rasch verbraucht. Der Vorteil sei allerdings, dass man relativ unabhängig von Preisschwankungen bei Öl und Diesel sei, unterstreicht Schlager. Mit gutem Energiemanagement schafft er, dass 97 Prozent des benötigten Stroms – Eigenstrom plus zugekaufter Strom – auf dem Betriebsgelände in die Lkw geladen wird. »Externes Laden ist leider noch viel zu teuer«, bedauert er. Mit durchschnittlich 15 Prozent Ladestand kämen die Lkw aufs Gelände zurück, etwa eineinhalb Stunden brauchen sie für einmal Vollladen. 300 bis 500 km fahren die E-Lkw im Durchschnitt, die neuesten Modelle, etwa von Mercedes eActros 600, die mit LFP-Batterien ausgestattet sind, bringen es laut Schlager auf bis zu 700 km Reichweite.

Gut verhandeln müssen E-Lkw-Käufer laut Schlager auch bei den Serviceverträgen mit den Herstellern der Fahrzeuge. Bisher hatten sie mangels langer Erfahrung deutlich mehr als für Diesel-Lkw verlangt. Die Preise aber sinken. »Ich habe jetzt den ersten Servicevertrag erreicht, der günstiger ist als jener für Diesel-Lkw«, sagt Schlager stolz. Er ist überzeugt, dass Elektro die Zukunft im Lastverkehr ist. Von der früher noch viel diskutierten Wasserstoff-Zukunft im Schwerverkehr hält er nichts. »Wasserstoff ist kein Thema mehr«, betont er. Und verflüssigtes Erdgas (LNG) als Alternative sei überhaupt der größte Fehler gewesen.


Entwicklung E-Lkw-Zulassungen in der EU

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Grafik: 2024 waren 1,25 % aller in der EU zugelassenen Lkw elektrisch angetrieben. Zum Vergleich: In China waren es 13 %.

 

Projekt: Elektrische Zementlieferung (Bild oben)

Silo Riedel ist seit dem Spätsommer mit der ersten elektrischen Zugmaschine mit Kompressor für Zementverladung im Auftrag von Holcim unterwegs. »Mit der Transformation der Mobilität und des Gebäudesektors können wir positiv zu zwei der stärksten Hebel Richtung Nachhaltigkeit beitragen«, so Gernot Tritthart, Director Marketing & Sales bei Holcim Österreich. Die Zement-Auslieferung erfolgt mit einem emissionsfreien, geräuscharmen Elektro-Lkw, betrieben ausschließlich mit zertifiziertem Ökostrom.

Der neue E-Lkw von Silo Riedel ist hauptsächlich für Holcim ab dem Zementwerk Mannersdorf unterwegs und wird im Sinne der Nachhaltigkeit auch optional für Rückfuhren eingesetzt. Hauptziel­ort der Zementlieferungen ist aktuell die Seestadt Aspern. 

Für den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur planen sowohl Holcim als auch Silo Riedel Investitionen an den eigenen Stand­orten, aber auch Kooperationen mit externen Dienstleistern. So sind am Werksgelände bei Holcim in Mannersdorf bereits die Vorbereitungen für den Bau der Ladesäulen angelaufen.

 

Tipps

Der Stromanschluss: Vor der Anschaffung eines E-Lkw den Energielieferanten fragen, ob ein stärkerer Stromanschluss möglich ist. Oft ist das Netz zu schwach, und bis eine Verstärkung gebaut wird, kann es sehr lange dauern.

Mit Weitblick kalkulieren: Jeweils aktuelle Förderungen und Mautvorteil und zudem Kosten für eigene Stromversorgung, Speicher, Anschlüsse einkalkulieren.

Mitarbeiter einbeziehen: Nicht jeder Fahrer ist sofort von E-Lkw begeistert. Zunächst ist oft die Ablehnung groß, weil Ängste wegen Reichweiten überwiegen.

Ganzheitlich denken: Ein bisschen auf E-Lkw umsteigen wird nicht gut funktionieren. Es muss ein Gesamtkonzept sein, das Stromerzeugung, Speicher, Ladestationen und E-Lkw umfasst.

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