Dienstag, April 30, 2024
Dem Arbeitskräftemangel begegnen
(Titelbild: iStock)

Die Coronapandemie hat auch im Personalmanagement einen Digitalisierungsboom ausgelöst. HR-Software kann viele Prozesse vereinfachen und beschleunigen. Menschliche Kompetenz braucht es trotzdem - insbesondere in der Personalentwicklung.

Die Suche nach qualifizierten Arbeitskräften nimmt immer mehr Zeit in Anspruch. Sie langfristig ans Unternehmen zu binden, ist eine ebenso anspruchsvolle Aufgabe. Das Angebot von Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten ist bei der Jobwahl oft ein ausschlaggebendes Kriterium. Auch bei der Erreichung der Geschäftsziele nimmt das Personalmanagement eine zentrale Rolle ein – ohne genügend qualifizierte Mitarbeiter*innen können Unternehmen ihre Marktposition kaum halten oder ausbauen. Schon jetzt gilt der Arbeitskräftemangel als Wachstumsbremse.

Je weniger Zeit Personalverantwortliche für administrative Prozesse aufwenden müssen, desto mehr Freiraum bleibt für strategische Aufgaben und Talentmanagement. Richtig eingesetzt, bietet HR-Software zumeist ein breites Spektrum an Funktionen. Viele Anbieter warten mit modularen Lösungen auf – um die Kosten im Rahmen zu halten, können Unternehmen also auch nur einzelne Teile des Pakets auswählen.

Wie aus dem »HR-Software-Report 2023« hervorgeht, planen 82 Prozent der befragten Unternehmen aus der DACH-Region, bestehende Software-Landschaften zu erweitern oder neue HR-Lösungen einzuführen. Der größte Bedarf wird in unterstützenden Tools für Mitarbeiter*innengespräche gesehen. Jede*r zweite Arbeitgeber*in möchte künftig neue oder zusätzliche Instrumente für den Austausch mit den Beschäftigten einsetzen. Der Hintergrund ist eine geänderte Performancekultur: Viele Organisationen geben statt einmaliger, umfassender Jahresgespräche häufiger ein kurzes Feedback.

Der Bereich Onboarding steht auf dem zweiten Platz der Wunschliste von HR-Manager*innen. 47 Prozent der Betriebe möchten erreichen, dass Mitarbeitende vom Start weg einen positiven Eindruck bekommen und so früh wie möglich produktiv werden. Jeweils 37 Prozent haben Software-Tools für Mitarbeiter*innen-Portale oder Bildungsmaßnahmen in Planung. 


Personalsuche mit ChatGPT

Die österreichische Jobplattform karriere.at bietet ab sofort die Möglichkeit, bei der Eingabe von Stelleninseraten auf künstliche Intelligenz zu vertrauen: Die Integration von ChatGPT in der Eingabemaske ermöglicht es Unternehmen, Stelleninserate auf der Basis von Jobtiteln automatisiert erstellen zu lassen. Die so in Echtzeit generierten Entwürfe enthalten Verantwortlichkeiten, Anforderungen und Qualifikationen und können durch Angaben zu Dienstort, Mindestbruttogehalt und Benefits sowie zusätzliche Informationen ergänzt und nach der Generierung weiter händisch bearbeitet werden. Die Nutzung des Dienstes ist für Kunden kostenlos.

Die neuen KI-Funktionen sollen vor alle kleinere Unternehmen bei der Personalsuche entlasten. (Foto: karriere.at)

»Als erste Jobplattform in Österreich setzen wir bei karriere.at künstliche Intelligenz ein, um Unternehmen die Erstellung von Stelleninseraten zu erleichtern. Unser Anspruch ist es, neue relevante Technologien in unseren Produkten zur Verfügung zu stellen und unsere Kunden damit bestmöglich zu unterstützen«, erklärt Georg Konjovic, CEO bei karriere.at. »Gerade kleinere Unternehmen ohne eigene Personalabteilung müssen jetzt weniger Energie in die Formulierung von Stelleninseraten stecken, da ChatGPT ihnen einen fertigen Entwurf liefert, den sie anschließend noch personalisieren können.«


Digitale Personalakte

Im Recruiting kann mittels HR-Software das gesamte Bewerbungsmanagement digital abgewickelt werden. Über ein vordefiniertes System geben Kandidat*innen ihre Bewerbungen ab; diese können gefiltert und sortiert werden, Absagen und Einladungen zu persönlichen Gesprächen werden automatisiert versendet. Denn es ist unglaublich, aber wahr: Es gibt noch immer Unternehmen, die es nicht für nötig halten, ausgesiebten Bewerber*innen zeitnah eine Absage zu schicken.

Auch in der nächsten Phase, dem Onboarding, leistet HR-Software gute Dienste. Neue Mitarbeiter*innen werden schon vor dem ersten Arbeitstag willkommen geheißen und mit persönlichen Informationen begleitet, um ihren Einstieg ins Unternehmen herzlich und reibungslos zu gestalten. Schulungsmaterial steht in digitaler Form bereit, die Fortschritte in der Einarbeitung werden transparent dokumentiert. HR-Lösungen liefern zudem wichtige Kennzahlen und damit Entscheidungsgrundlagen für Personalfragen. Reporting- und Controlling-Tools zählen zur Standardausrüstung jeder Software. Über die Analyse dieser Daten lassen sich etwa Rückschlüsse auf Stärken und Verbesserungspotenzial ziehen.



Antworten auf die Frage »Für welche HR-Prozesse setzt Ihr Unternehmen aktuell Software ein?« (Mehrfachnennungen möglich) (Quelle: hr-software aktuell 23/24)

Das Kernstück ist jedoch zumeist die digitale Personalakte. Hier sind alle Daten und Dokumente – vom Bewerbungsschreiben über den Arbeitsvertrag, Fahrtkostenabrechnungen und die Teilnahme an Workshops bis zum Arbeitszeugnis – sicher aufbewahrt und jederzeit auf Knopfdruck verfügbar. Abgesehen vom Abbau der Papierflut wird auch die Kommunikation zwischen Belegschaft und Personalabteilung schneller und effizienter. Über die strikte Vergabe der Zugriffsrechte ist gewährleistet, dass niemand unbefugt Einsicht in persönliche Daten nehmen kann. Mittels Self-Service-Portalen können Mitarbeiter*innen selbst ihre Urlaubstermine beantragen oder sich für Fortbildungskurse anmelden.

Über die Personalsoftware lässt sich jedoch auch der Wissensfluss im Unternehmen stärken. Blogs oder Wikis erleichtern den Austausch und den Erhalt informellen Wissens. Für gezielte Weiterbildungsmaßnahmen bieten sich E-Learning-Tools an, die orts- und zeitunabhängig von den Mitarbeiter*innen absolviert werden können. 

Skill Management

Um Organisationen auch im Personalbereich fit für die Zukunft zu machen, ist laut der Studie »Global Talent Trends 2023« des Beratungsunternehmens Mercer eine strategische Workforce-Planung empfehlenswert. »Das bedeutet, dass Unternehmen schon in der Tiefe analysieren, welche Fähigkeiten ihre Beschäftigten haben, welche sie künftig brauchen und wie sie Skill Gaps schließen können«, erklärt Sebastian Karwautz, Partner und Leiter des Bereichs Transformation Services Europe & UK bei Mercer. »Skill Management wird zu einem Wettbewerbsvorteil – denn Bewerber*innen kommen eher zu einer Organisation, die sie fördert.«

Laut Sebastian Karwautz, Mercer, braucht es nicht zwangläufig große HR-Suiten mit Unmengen an Tools, sondern aufs Unternehmen zugeschnittene Lösungen. (Foto: Jürgen Nobel)

HR-Softwaretools liefern die nötigen Daten für eine solche skill-basierte Personalstrategie. Das HR-Management kann anhand dieser Analysen passende Learning Journeys entwickeln. »Grundsätzlich investieren Unternehmen derzeit viel mehr in Learning und Development als vor der Pandemie«, meint Karwautz. Deutschsprachige Unternehmen würden jedoch zurückhaltender agieren als Organisationen in Großbritannien und Skandinavien. Der Experte ortet eine technologische Hürde – es brauche jedoch »nicht unbedingt große HR-Suiten, sondern vielfach spezialisierte Best-of-Breed-Lösungen, die zum Unternehmen passen müssen«. 

Mehr zum Thema: Was die Baubranche auf der Suche nach neuen Auszubildenden unternimmt: Stellenmarkt der Zukunft


Recruiting-Trends 2023

  • Diversity: Chancengleichheit und Inklusion sind schon seit mehreren Jahren Thema, durch den Arbeitskräftemangel rücken verstärkt Menschen in den Fokus, die es früher bei der Jobsuche etwas schwerer hatten. »Unternehmen können es sich nicht mehr leisten, bestimmte Zielgruppen nicht anzusprechen«, heißt es bei Stepstone Deutschland. Um sich als attraktiver Arbeitgeber von der Konkurrenz abzuheben, ist gelebte Diversität ein entscheidender Faktor.

  • Gehaltstransparenz: Das Konzept »New Pay« beinhaltet neue, flexible Vergütungsmodelle und lässt Mitarbeiter*innen partizipativ mitgestalten. Ein faires, nachvollziehbares Gehaltsmodell wird von Arbeitnehmer*innen geschätzt und bringt auch für Arbeitgeber*innen Vorteile: Gerüchten unter der Belegschaft wird ein Ende gesetzt, der Machtkampf bei Gehaltsverhandlungen ist obsolet. Die Bezahlung basiert nicht mehr auf individuellem Verhandlungsgeschick, stattdessen wird gleiches Geld für gleiche Arbeit garantiert.

  • Flexibilität: Flexible Arbeitsmöglichkeiten umfassen variable Arbeitszeiten und Arbeitsorte ebenso wie eine hybride Arbeitsorganisation. Flexibilität auch in Hinsicht auf den Arbeitsumfang ist ein Aspekt, unter dem sich das Arbeitspensum künftig besser an die Lebensumstände und die aktuelle Leistungsfähigkeit anpassen soll.

  • Corporate Influencer: Authentisches Employer Branding ist ein Muss, will ein Unternehmen die passenden Talente an Bord holen. In diesem Zusammenhang gewinnen auch interne Markenbotschafter*innen an Bedeutung, die den Betrieb und dessen Werte, Ziele und Stärken nach außen kommunizieren. Das ermöglicht potenziellen Bewerber*innen einen glaubwürdigen Einblick in den Arbeitsalltag und erhöht das Image des Unternehmens.

  • Power Skills: Die Zeiten, in denen sich der Bewerbungsprozess vorwiegend auf Hard Skills fokussiert hat, sind vorbei. Stattdessen werden Soft Skills wie Problemlösungskompetenz, Teamfähigkeit, analytische Kompetenzen, Kommunikationsfähigkeit und hohe intrinsische Motivation wichtiger – Eigenschaften, die das Betriebsklima verbessern und die Unternehmensqualität steigern.

  • Sellcruiting: Unternehmen müssen künftig Jobs erfolgreich »verkaufen«, statt diese wie bisher üblich lediglich anzubieten. Der Bewerbungsprozess muss so einfach wie möglich gestaltet sein. »Die Bewerbung der Zukunft muss so einfach wie Online-Shopping sein«, sagt Arbeitsmarktexperte Tobias Zimmermann von StepStone. 

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