Ökobüro stellte ein vielversprechendes Modell der frühzeitigen Einbindung von Interessensgruppen bei Netzausbau-Projekten vor.
Der Ausbau der Stromnetze wird vielerorts als notwendiges Übel gesehen, um eine leistungsfähige Infrastruktur für die Energiewende in Europa bereitzustellen. Es ist eben nicht zu ändern: In Ermangelung geeigneter Energiespeicher übernehmen die Übertragungsnetze den Transport der Lasten von den Stromerzeugern in die Verbraucherzentren. So wird auch das Schließen des 380-kV-Ringes in Salzburg die Flexibilität des österreichischen Strommarktes erhöhen. Der Bau der Salzburgleitung ist dennoch umstritten, denn die ungeliebten Strommasten des Höchstspannungsnetzes treffen auf starken Gegenwind in der Bevölkerung.
In der Vergangenheit war im Netzausbau die Mitsprache von Umweltorganisationen und Anrainern stark eingeschränkt. Die Kommunikation der Netzbetreiber hat sich in den letzten Jahren allerdings verbessert. Auch der Übertragungsnetzbetreiber APG hatte im Zuge der Trassenfindung des zweiten Abschnittes der Salzburgleitung ausführliche Gespräche mit Anrainern geführt. Dennoch dauert die erste Instanz des 2013 gestarteten Verfahrens der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nun bereits 35 Monate – statt der im UVP-Gesetz vorgesehenen neun Monate.
Mit Beginn einer UVP-Prüfung heißt es bei vielen Projekten meist »zurück an den Start«, bestätigt auch Thomas Alge, Geschäftsführer Ökobüro. »Die UVP ist der erste Punkt, an dem Betroffene und Umweltschützer formell mitsprechen können. Deshalb kommen alle offenen Fragen, Frust und Ängste in die UVP und sprengen das Verfahren.« Alge möchte dazu Abhilfe bieten: Mit einer »strategischen Umweltprüfung (SUP) am runden Tisch« schlägt die Allianz der heimischen Umweltorganisationen ein Modell vor, das die Beteiligung der Öffentlichkeit stark verbessert und so UVP-Verfahren entlasten und beschleunigen könnte.
Ökobüro stellte diesen konsensualen Dialogprozess anlässlich einer Veranstaltung im November vor. Zur Entwicklung eines bundesweiten Masterplans könnten am runden Tisch Vertreter von Netzbetreiber, Regulierung, Umweltministerium, Umweltorganisationen und unabhängigen Experten sitzen. Wichtig sei, mit allen »wesentlichen Playern« konsensual Themen wie Netzplanung, auch Alternativen, Umweltauswirkungen und Trassengestaltung durchzugehen. »Die Diskussionen sollen dabei aber nicht ausufern, dieses Team von einer arbeitsfähigen Gruppe gebildet werden«, rät der Ökobüro-Geschäftsführer. Mit der frühzeitigen Einbindung sei der formelle UVP-Part eher im geplanten Zeitrahmen abwickelbar.
Erprobtes Modell
Dass durch die hohe Glaubwürdigkeit einer strategischen Umweltprüfung am runden Tisch die Akzeptanz für Projekte der Energiewirtschaft erhöht werden kann, bekräftigt auch SUP-Expertin Kerstin Arbter. Sie hat das spezielle SUP-Modell bereits 1999 entwickelt und wiederholt erfolgreich in Österreich eingesetzt. Auch die Planung und der Bau der Müllverbrennungsanlage Pfaffenau in Wien Simmering ist von einer SUP am runden Tisch begleitet worden. »Wir hatten mit allen Interessenvertretungen die Vor- und Nachteile der verschiedenen Arten einer städtischen Müllentsorgung offen diskutiert«, beschreibt Arbter. Die Anlage ist heute ein Vorzeigeprojekt. »Wenn man wirklich alle Themen kritisch abklopft, kommt am Ende etwas heraus, das hält«, sagt sie.
Gerhard Christiner, Vorstandsmitglied des Übertragungsnetzbetreibers APG, betonte bei der Veranstaltung, dass für eine erfolgreiche SUP zumindest ein Rahmen abgesteckt werden sollte, welche Themen diskutiert werden können – und welche Ziele außer Streit stehen.