Thursday, May 01, 2025

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Die USA sind nach Deutschland der zweitwichtigste Absatzmarkt für österreichische Unternehmen. Wie sie sich gegen mögliche Handelsbeschränkungen wappnen und welche Strategien gegen Importzölle greifen könnten.

Bild: iStock

Donald Trumps Wahlsieg versetzte nicht nur die EU in Alarmbereitschaft – auch wenn sich seine Absicht, die Einkommensteuer gänzlich durch Zoll­einnahmen zu ersetzen, wohl nicht verwirklichen lassen wird. Angelehnt an die US-Steuerbehörde IRS (Internal Revenue Service) plant Trump die Schaffung einer neuen Zollbehörde »External Revenue Service« (Behörde für externe Einnahmen). Importzölle von zehn bis 20 Prozent für Einfuhren in die USA stellte er in Aussicht. Importe aus Kanada und Mexiko wollte Trump mit 25 Prozent belegen, jene aus China gar mit 60 Prozent.

Zuletzt drohte der US-Präsident zwar mit niedrigeren Prozentsätzen und ließ sich zum Teil durch Zugeständnisse seiner Nachbarländer besänftigen, dennoch könnten die Auswirkungen auf die globale Wirtschaft empfindlich ausfallen. Vergeltungsmaßnahmen gegen US-Waren, wie sie China im Gegenzug plant, würden einen Handelskrieg auslösen. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte »entschiedene und verhältnismäßige Gegenmaßnahmen« an.

Schon in Trumps erster Amtszeit hatte die EU mit Sonderzöllen auf US-Produkte wie Jeans, Whiskey, Motorräder und Erdnussbutter reagiert. Auf Basis einer Vereinbarung mit dem ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden wurden sie während dessen Amtszeit ausgesetzt. Allein für Deutschland errechneten Expert*innen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) einen möglichen Verlust von bis zu 300.000 Arbeitsplätzen infolge der Handelsbeschränkungen.

Starkes Druckmittel
Auch Österreich kann sich aufgrund seiner Exportorientierung von dieser Entwicklung nicht abkoppeln, auch wenn die tatsächlichen Ausmaße vieler Maßnahmen noch unklar sind. »Die Auswirkungen von möglichen Handelsbeschränkungen der neuen US-Regierung auf Österreichs Unternehmen sind in seiner Gesamtheit heute noch nicht abschätzbar«, bestätigt Michael Zettel, Präsident der Amerikanischen Handelskammer in Österreich: »Die Anzeichen deuten allerdings klar darauf hin, dass es der US-Regierung um Zugeständnisse seiner Handels­partner geht und nicht um Zölle per se. Zölle sind nur die Mittel, die Maßnahme, um etwas zu erreichen.«

Für die Einfuhr von Stahl- und Aluminiumprodukten in die USA kündigte Donald Trump bereits ab 12. März Sonderzölle in Höhe von 25 Prozent an – diese würden in Österreich vor allem den Linzer Stahlkonzern voestalpine und den oberösterreichischen Aluminiumhersteller AMAG treffen. Weitere Importzölle auf Autos, Computerchips und Pharmazeutika könnten folgen.

Die Auswirkungen ziehen weite Kreise: Die USA sind nach Deutschland unser zweitwichtigster Absatzmarkt. 7,4 Prozent der Exporte (14,7 Mrd. Euro) gehen nach Übersee. Neben Direktgeschäften in die USA beliefern rund 100 Firmen über Niederlassungen in Mexiko die US-Autoindustrie und wären somit ebenfalls von Strafzöllen betroffen. »Die österreichische Industrie ist eine Exportindustrie – das hätte naturgemäß negative Auswirkungen, das muss uns allen bewusst sein«, rechnet Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, mit einem Rückgang der Exporte.

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Lokal produzieren
Betriebe wie das Vorarlberger Maschinenbauunternehmen Künz, das 1932 mit der Herstellung von Baukranen begonnen hatte und heute weltweit für Hafenkrane und Containerumschlagkrane bekannt ist, beobachten die Situation mit Argusaugen. Die Künz GmbH stützt sich auf eine Exportquote von 90 Prozent – geliefert wird großteils in EU-Länder, aber auch nach Afrika und Nordamerika. Auf die USA entfallen rund 20 Prozent der Umsätze. Eine lokale Fertigung in den Vereinigten Staaten, die bisher aus Kostengründen kein Thema war, könnte aufgrund möglicher Handelsbeschränkungen »interessanter werden«, meint Künz-Geschäftsführer Günter Bischof (siehe Interview unten).

In einer vergleichsweise besseren Lage sind jene Unternehmen, die schon seit längerem in den USA produzieren, etwa Engel, Fronius, Lenzing oder Miba. Der Getränkekonzern Red Bull betreibt gemeinsam mit seinem Partnerunternehmen Rauch seit 2019 eine Abfüllanlage in Arizona. Ein Produktionscampus in North Carolina soll spätestens 2027 in Betrieb gehen, das Investitionsvolumen beträgt rund 650 Millionen Euro. Auch voestalpine-CEO Herbert Eibensteiner gibt sich bezüglich der US-Zölle noch entspannt, appelliert aber dringend an die EU, diesbezüglich in Verhandlungen mit den USA zu treten: »Gegenseitige Restriktionen wirken inflationstreibend und wachstumsdämpfend.« Deutlich mehr als die Hälfte der Produktion in den USA stammen aus lokaler Wertschöpfung, von Strafzöllen wären zwei bis drei Prozent des Konzernumsatzes betroffen. Das Unternehmen punktet mit einem Alleinstellungsmerkmal seiner Stahlprodukte am amerikanischen Markt: »Wir liefern Produkte in die USA, die es dort nicht gibt. Wer die haben will, muss den Zoll zahlen.«

Im Geschäftsjahr 2023/24 erzielte die voestalpine in den USA einen Umsatz von rund 1,8 Milliarden Euro, das entspricht etwa elf Prozent des Gruppenumsatzes (16,7 Mrd. Euro). In den vergangenen Jahren investierte der Stahlkonzern rund 1,4 Milliarden Euro in den USA und will diese Strategie fortsetzen: In Louisville in Kentucky ist eine Erweiterung der Produktions- und Vertriebskapazitäten geplant. Umlenkungseffekte seien in diesem Segment nur bedingt möglich, erklärt Eibensteiner: »Ein Stahlwerk zu bauen, dauert mehrere Jahre. Diese Lücke ist kurzfristig schwer zu schließen.« Die Handelsströme werden sich dennoch verändern: »Alles dreht sich um China. Dort wird eine Milliarde Tonnen Stahl produziert, das setzt die umliegenden Märkte unter Druck.«

Ökonomisches Hochrisikospiel
Handelsexperte Harald Oberhofer, Ökonom am Wifo und der WU Wien, bezeichnet Trumps Pläne aus wirtschaftlicher Sicht als »ein Hochrisikospiel«. Einen Teil der Zölle müssten in den USA wohl Unternehmen sowie Verbraucher*innen durch höhere Preise tragen. Der Rest der US-Zölle bliebe jedoch auf den Schultern der ausländischen Unternehmen.

Etwa ein Viertel des in den USA verwendeten Stahls wird importiert, der Großteil davon aus den Nachbarländern Mexiko und Kanada sowie aus Japan, Südkorea und Deutschland. Bei Aluminium sind die USA noch stärker von Importen abhängig. Etwa die Hälfte des in den USA verbrauchten Aluminiums wird importiert, der größte Teil kommt aus dem Nachbarland Kanada. Österreich liegt in den Import-Rankings von Stahl und Aluminium in die USA jeweils auf Platz 18.

Die größten negativen Effekte hätten jedoch flächendeckende Importzölle für EU-Güter. Europa dürfe sich nicht auf ein »Wie-du-mir-so-ich-dir«-Spiel einlassen, meint AmCham-Präsident Michael Zettel: »Die Antwort ist sicher kein Kräftemessen und kein Vergeltungsschlag. Einen Handelskrieg werden wir nur am Verhandlungstisch vermeiden können. Es braucht intelligente, smarte Verhandlungen. Die Gesprächspartner an beiden Seiten des Atlantiks müssen die gegenseitigen Forderungen ernst nehmen und darauf eingehen.«

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Bild: Michael Zettel, Präsident der Amerikanischen Handelskammer in Österreich (AmCham).

Ein Faktor, der die Wirkung von US-Zöllen vorerst abfedern könnte, ist der schwache Euro. Seit Trumps Wahlsieg hat die europäische Gemeinschaftswährung rund fünf Prozent eingebüßt, was Exporte von der EU in die USA derzeit entsprechend günstiger macht. Gleichzeitig befinden sich die europäischen Börsen seit Jahresbeginn im Aufwärtstrend. Sie legten trotz Trumps Drohgebärden deutlich stärker zu als die US-Börsen – ein gleichermaßen interessanter wie unbeabsichtigter Nebeneffekt der neuen Ära im Weißen Haus. Möglicherweise stehen die Vorzeichen in der Wirtschaft deshalb noch auf »abwarten«. Der Rückenwind durch den stärkeren Dollar könnte zunächst einiges ausgleichen.


Interview: »Wir tun, was Trump beabsichtigt«

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Das Maschinenbauunternehmen Künz GmbH zählt zu den weltweit führenden Innovatoren im Kranbau. Geschäftsführer Günter Bischof prüft im Zuge drohender Handelszölle eine lokale Fertigung in den USA.

Worauf stützen sich Ihre Erfolge im Exportgeschäft?

Günter Bischof: Unser Exporterfolg basiert auf technologisch ausgereiften und auf die Bedürfnisse unserer Kunden ausgerichteten Produkten, professioneller Projektabwicklung sowie Produkt­support und Serviceleistungen mit dem Know-how des Herstellers. Die Fokussierung auf ein spezifisches Produkt­portfolio und unsere internationale Ausrichtung sind Grundlage für unsere Wettbewerbsfähigkeit.

Inwieweit wäre Ihr Unternehmen von möglichen Handelsbeschränkungen durch die Regierung Trump betroffen?

Bischof: Aktuell machen wir ca. 20 Prozent unseres Geschäfts in den USA. Lokal gibt es dort kaum Hersteller, die gleichwertige Produkte anbieten. Unser direkter Wettbewerb kommt primär aus Europa und China. Durch Handelsbeschränkungen und Zölle würde eine lokale Produktion allerdings interessanter werden. In jedem Fall würden unsere Produkte für Kunden in den USA teurer – aufgrund der Zölle oder wegen der höheren Kosten einer lokalen Fertigung. Dies würde sich jedenfalls negativ auf die Nachfrage auswirken.

Wie bereiten Sie sich darauf vor?

Bischof: Wir tun das, was die Trump-Administration mit ihren Maßnahmen beabsichtigt: Wir prüfen inwieweit eine lokale Fertigung möglich und vorteilhaft ist. In der Vergangenheit war dies aus Kostengründen nicht interessant. Aufgrund der drohenden Handelsbeschränkungen und Zölle kann dies nun anders aussehen.

 

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Analyse: Trumps Zollpolitik

Auf Basis der bisher bekannten Informationen und unterstützt durch ein globales Simulationsmodell haben Expert*innen der Oesterreichischen Nationalbank versucht, mögliche Effekte der künftigen US-Politik auf die europäische und amerikanische Wirtschaft abzuschätzen. Demnach haben sowohl US-Zölle als auch eventuelle Vergeltungsmaßnahmen keine substanziellen Auswirkungen auf die Handelsbilanzen – die wirtschaftspolitischen Eingriffe belasten jedoch den internationalen Handel und dürften zu erheblichen Wachstumseinbußen auf allen Seiten führen.

Nach Meinung der Ökonom*innen sind Handelszölle kein geeignetes Mittel, um die Handelsbilanzdefizite eines Landes nachhaltig zu verringern. Diese werden nämlich primär durch makroökonomische Faktoren bestimmt, wie z. B. dem Spar- und Konsumverhalten und der Investitionstätigkeit. Verbraucht ein Land mehr Güter, als es selbst produziert, muss es die Differenz durch Importe ausgleichen – daran können auch Zölle nichts ändern. Ob sich dadurch die Preise für Konsument*innen erhöhen, hängt u. a. von der Verfügbarkeit von Alternativen ab.

Eine stärkere Nachfrage nach US-Produkten würde zu einer Verteuerung heimisch produzierter Waren führen. Gleichzeitig kommt es zu einer Aufwertung des US-Dollars, was sich wiederum negativ auf die Handelsbilanz auswirkt – letztlich verringern sich Importe und Exporte, aber die Bilanz insgesamt verbessert sich nicht.

Auch die EU muss mit wechselseitigen Effekten rechnen. Die Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar könnte europäische Exporte trotz der US-Zölle sogar wieder attraktiver machen. Allerdings dürfte sich in China das Wachstum deutlich verlangsamen, wodurch sich dort die Nachfrage nach europäischen Produkten verringert. Gleichzeitig ist eine Verlagerung der Handelsströme von China nach Europa zu erwarten, um die geringeren Exportumsätze in den USA auszugleichen.

 

Strategien gegen Importzölle

Bereits die erste Amtszeit Trumps markierte einen Wendepunkt für die globalen Lieferketten. Seither sind viele Betriebe vom Prinzip des Global Sourcing und der Produktion »just in time« abgekommen. Wie sich Unternehmen gegen mögliche Handelsbeschränkungen absichern können:

1. Risikoanalyse
Jedes Unternehmen sollte überprüfen, was es wo kauft, und für jede Produkt- oder Rohstoffgruppe Szenarien kalkulieren, wie auf etwaige Verknappung reagiert werden kann.

2. Europe First
Wo es möglich ist, muss die lokale Beschaffung gestärkt werden. Trotz der höheren Produktionskosten sollten Unternehmen überlegen, welche Wertschöpfungsschritte sie nach Europa zurückholen können.

3. Lieferketten
Um Ausfälle rasch kompensieren zu können, sollten Unternehmen Abhängigkeiten reduzieren und ihre Netzwerke diversifizieren. Europäischen Partnern muss dabei der Vorzug gegeben werden.

4. Absatzmärkte
Die USA sind ein wichtiger, aber nicht der einzige Handels­partner. Wie bei der Beschaffung ist es an der Zeit, andere Länder in den Fokus zu rücken und neue Märkte zu erschließen.

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