Thursday, July 17, 2025

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Österreich hat Aufholbedarf bei der Digitalisierung, meint SAP-Geschäftsführer Andreas J. Wagner. Er sieht KI und die Daten-Souveränität Europas als Grundlage für weiteres Wachstum.

Andreas J. Wagner ist Geschäftsführer von SAP Österreich. (Foto: Florian Schulte)

Sie sind seit Jahresbeginn Geschäftsführer von SAP Österreich. Was haben Sie sich in dieser Rolle vorgenommen?

Andreas Wagner:
Ich möchte auf jeden Fall den Standort nachhaltig stärken und Innovationen durch SAP-Expert*innen bei den Kunden und unseren Partnern verankern. Wir sind aktuell auf Wachstumskurs und werden mit dem Besetzen weiterer offener Stellen mehr als 700 Beschäftigte Ende des Jahres haben. Rund 100 davon arbeiten in unserem internationalen Support-Center in Wien. Hier die richtigen Leute zu finden, ist bei dem angespannten Arbeitsmarkt – Österreich fehlen immer noch 28.000 IT-Fachkräfte – nicht immer einfach, insbesondere im Bereich technischer Vertrieb, Software-Architektur und Business-Architektur. Am Standort Wien sind Mitarbeitende aus 35 Nationen tätig – eine Vielfalt, die mich bei meinem Amtsantritt in Österreich selbst überrascht hat. Besonders freut mich auch der aktuelle Frauenanteil von 32 %, den wir gezielt weiter erhöhen möchten.

SAP ist gerade auch über seine Partner im Business-Software-Markt vertreten. Welchen Bereich hier wollen Sie verstärken?

Wagner: Insgesamt geht es um den Ausbau unseres ganzen Partner-Ökosystems in der ganzen Vielfalt – mit IT-Dienstleistern für die Implementierung von Projekten, über den Vertrieb von SAP-Produkten bis zur Programmierung von zusätzlichen Lösungen auf der SAP Business Technology Plattform. Mir ist das wichtig, um die Reichweite insbesondere im Mittelstand zu erhöhen und Themen wie KI voranzutreiben. Dazu gehört auch die direkte Partnerschaft mit unseren Unternehmenskunden und zum Beispiel der Anwendergruppe DSAG.

Es gibt viel Potential am österreichischen Markt, der sich auch im internationalen Vergleich nicht verstecken muss – so macht die hiesige Forschungs- und Entwicklungsquote Österreich zur Nummer drei in Europa. Ich sehe auch viel Mut und Zuversicht in den Unternehmen trotz der anhaltenden Krisen.

Die Strategie der SAP ist, unsere Bestandskunden und auch die Neukunden in die Cloud zu bringen. Cloud-Lösungen bieten einfach viele Vorteile: Man profitiert hier automatisch von Innovationen und ist flexibler für Veränderungen aufgestellt. Gerade für den Mittelstand bietet die Transformation in Richtung Cloud eine große Chance. Wir haben ungefähr 100 Partner im Softwarebereich in Österreich mit fast 3000 Mitarbeiter*innen. Dazu kommen die vielen Spezialist*innen in den Unternehmen selbst, die mit SAP arbeiten.

Viele dieser Partner sind auf bestimmte Industrien und Produkte spezialisiert – wie CNT, SCC, Axians und viele andere – und wir arbeiten mit den großen Service-Providern wie etwa PWC, KPMG, Accenture oder Deloitte zusammen. 80 % der Top-500-Unternehmen in Österreich sind entweder direkt SAP-Kunden oder werden über unsere Partner betreut. Mehr als die Hälfte der Großkunden haben schon den Schritt in die Cloud gesetzt. Zwei, drei Dutzend weitere sind gerade dabei, diesen Schritt zu tun oder vorzubereiten. Wir sehen auch, dass im Neukundenbereich jeder automatisch auf die Cloud setzt.

Welche besonderen wirtschaftlichen Herausforderungen sehen Sie aktuell?

Wagner: Die geopolitischen und makroökonomischen Herausforderungen nehmen weiter zu. Gerade bei Zöllen können Kosten auf Unternehmen zukommen, die schwer zu stemmen sind. Insgesamt macht auch die Kostenlage in Europa der Wirtschaft zu schaffen: hohe Energiepreise, aber auch Bürokratiekosten. Einer Studie der Industriellenvereinigung zufolge liegen letztere bei 10 bis 15 Milliarden Euro jährlich in Österreich – das sind 3,8 % des BIP, entsprechend 2,5 % der Umsatzerlöse der österreichischen Unternehmen. Dazu kommt auch eine immer noch sehr fragmentierte und komplexe IT-Landschaft bei vielen Unternehmen. Sie verhindert Agilität und Resilienz. In Österreich könnte auch die Wertschöpfung durch den Einsatz von generativer KI um 18 % gesteigert werden.

In einer kürzlich durchgeführten Studie von SAP mit 300 Top-Führungskräften großer Unternehmen in den USA zeigte sich, dass bei der Mehrheit der befragten Führungskräfte KI schon großes Vertrauen genießt. Vor allem dann, wenn es darum geht, Daten zu analysieren und Empfehlungen für Entscheidungsfindungen einzuholen. KI wird auch genutzt, um Risiken oder Probleme zu identifizieren, um Produktentwicklung zu verbessern und auch in der Planung, zum Beispiel in der Budgetplanung, eingesetzt.

Österreich hat bei den Rahmenbedingungen für die KI-Entwicklung laut dem „Global AI Vibrancy Ranking“ den vorletzten Platz in Europa. Das betrifft insbesondere die IT-Infrastruktur für KI, aber auch die Forschungsinfrastruktur. Gut, dass sich die heimische Politik dem Thema Digitalisierung annimmt, und sie sollte sich auch stärker für eine Attraktivität des Standorts für KI-Expert*innen einsetzen, mit Entwicklungslaboren, Innovationswettbewerben und weiteren Maßnahmen. Gemeinsam müssen wir auf das Thema digitale Bildung einen Schwerpunkt setzen. Gerade die Bildung der Zukunft wird nicht mehr mit der Geschwindigkeit von Technologieentwicklungen mithalten können. Die Schere wird immer größer, es droht daher eine Angst vor neuen Technologien, die wiederum eine Überregulierung antreibt.

Welchen Beitrag wollen Sie mit SAP leisten, diese Herausforderungen zu meistern?

Wagner: Ich sehe es als besonders wichtig, dass wir gemeinsam mit unseren Kunden ihre Prozesse überarbeiten und die digitale Transformation vorantreiben. Investitionen in die IT sind wie ein intelligentes Sparprogramm, das Kosten reduziert und die Effizienz erhöht. SAP verfolgt hier die Standardisierung als strategische Initiative. Standardisierung bedeutet durchgehende Geschäftsprozesse, die Harmonisierung von IT-Systemen, aber auch das, was wir unter „Clean Core“ verstehen. Hier geht es um die Reduktion von Individualanpassungen im SAP-Kern, um die Flexibilität und Effizienz der Unternehmen zu unterstützen. Standardprozesse laufen auf SAP S/4HANA, während Anpassungen auf der SAP Business Technology Plattform stattfinden. Das erleichtert Updates und macht künftige Veränderungen in den IT-Systemen einfacher.

Welche Rolle spielt dabei KI in der SAP-Welt?

Wagner: Mit Services wie der SAP Business Data Cloud wollen wir Unternehmen entscheidungsrelevante Daten zur Verfügung stellen, auch für KI-Modelle. Unsere Kunden erhalten mit der SAP Business Data Cloud eine ganzheitliche Sicht auf ihre Abläufe, indem Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammengeführt werden. Das können strukturierte, aber auch unstrukturierte Daten aus SAP-Systemen und aus Systemen Dritter sein. Der große Vorteil ist, dass auch bei dem Zusammenführen und Verschränken der Daten der geschäftliche Kontext und die Bedeutung der Daten erhalten bleiben.

Denn eine KI kann nur dann effektiv arbeiten, wenn sie auf vertrauenswürdigen, kontextbezogenen Daten basiert. Ein Beispiel ist das Thema Nachhaltigkeit, das nichts anderes als ein Datenthema ist, um Entscheidungen treffen zu können. Welcher Prozess ist nachhaltiger? Welche Alternativen habe ich und wie schaut die Kostenstruktur dort aus? Hier haben wir derzeit zwei große Anwendungsfälle mit KI-Unterstützung: „Emission Factor Mapping“ verbessert die Geschwindigkeit und Genauigkeit bei der Berechnung des CO2-Fußabdrucks in unserem Produkt „Sustainability Footprint Management“. Im ESG-Reporting wiederum nutzen wir KI, um mit automatischen Einstellungen standardisierte Berichte zu generieren.

Für Unternehmen bietet die Anwendung von KI große Chancen, wie auch Umfragen der DSAG bei ihren Mitgliedern bestätigen. Im Gegensatz zum Vorjahr ist diese Erwartungshaltung stark gestiegen, das betrifft auch IT-Investitionen für KI-Anwendungen. Für mich ist KI ein Katalysator für Innovation, Wandel und Wettbewerbsfähigkeit.

Bis Ende des Jahres werden wir 400 KI-Anwendungsfälle für die Kunden verfügbar haben, derzeit sind schon mehr als 200 im Einsatz. Unser KI-Agent Joule wird ja über alle unsere Lösungen gesetzt, darunter auch zum Beispiel für die integrierte Geschäftsplanung. Das vereinfacht die Arbeit, denn SAP Integrated Business Planning nutzt Echtzeit-Daten, KI und moderne Tools, um die Zusammenarbeit zu fördern, Absatz und Beschaffung aufeinander abzustimmen und den Bestand über die gesamte Lieferkette hinweg zu optimieren.

Sie haben selbst eine berufliche Vergangenheit im Bereich Supply-Chain bei SAP. Wie kann KI in diesem Segment unterstützen?

Wagner: In der Fertigung in der Lieferkette kommt häufig Visual Inspection zum Einsatz, die mit KI-Lösungen automatisiert und dadurch genauer wird. Und Einsparungen durch den Einsatz von Kamerasystemen und Algorithmen sind auch im Asset-Management oder in der Logistik erreichbar. Man hat damit in wenigen Minuten ein Ergebnis – zum Beispiel beim Aufnehmen eines Lagerbestands oder bei der Fehlerkontrolle –, wo zuvor ein Mitarbeiter stundenlang gearbeitet hatte.

Wie sehen Sie die Diskussion um eine europäische Souveränität auch in Technologiefragen?

Wagner: Europa muss sich schützen und auf eine neue Zukunft vorbereiten. Ich sehe Europa derzeit auch zusammenrücken. Plötzlich sind Dinge möglich, die vorher nie denkbar gewesen wären. Als SAP erfüllen wir natürlich die höchsten Standards in Bezug auf Cybersicherheit, betriebliche Prozesse und Datenschutz. Wir verfügen weltweit über 45 Datencenter in 15 Ländern. Sicherheit ist eines der wichtigsten Investitionsthemen auch für Unternehmen.

Wir investieren in das Thema SAP Sovereign Cloud, speziell in Deutschland bauen wir gerade die Delos Cloud auf – ein Tochterunternehmen der SAP SE mit zunächst zwei Standorten in Walldorf und in Berlin. Hier werden wir mit dem Fokus Deutschland eine souveräne, herstellerneutrale Cloudplattform für die Digitalisierung des öffentlichen Dienstes bereitstellen. SAP ist auch bereit, eine Vorreiterrolle beim Aufbau einer europäischen Cloud einzunehmen. Ich bin überzeugt, dass Europa eine eigene, souveräne Cloudinfrastruktur braucht, denn die Kontrolle über unsere Daten ist zu einer entscheidenden strategischen Notwendigkeit für die Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit geworden. 

 

Über die Person
Andreas Wagner ist seit Jänner 2025 Geschäftsführer bei SAP Österreich. Der gebürtige Steirer kehrt damit aus der SAP-Zentrale in Walldorf, Deutschland, in seine Heimat zurück. Wagner ist seit 18 Jahren in Führungspositionen bei SAP tätig und hat die Angebote zur Digitalisierung von Unternehmen, speziell im Bereich Lieferkette, maßgeblich mitgestaltet. Zuletzt wirkte er als globaler Chief Business Officer für digitalisierte Lieferketten. Vor SAP war er kaufmännischer Geschäftsführung von DHL in Österreich und Leiter des Change Management im DHL-Kundenservice für Europa.

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