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»Ohne ein Verbot wäre es nicht gegangen«
Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report erklären Peter Giffinger, CEO Saint-Gobain Österreich, und Monika Döll, Geschäftsführerin der GzG Recyclinggesellschaft, den USP der ersten Gips-zu-Gips-Recyclinganlage Österreichs und die technischen und rechtlichen Hürden, die es zu überwinden galt.

Bild oben: »Wir sind ein Baustoffhersteller, in den Bereichen Abbruch und Abfallwirtschaft hat uns Know-how gefehlt. Diese Kompetenz haben unsere Partner eingebracht.« Gegenüber dem Bau & Immobilien Report gewähren Peter Giffinger und Monika Döll einen Blick hinter die Kulissen.
Ab 1. April gelten neue Regeln zur Trennung von Gipsabfällen bei Bau- und Abbruchmaßnahmen. Ab 2026 gilt ein generelles Deponieverbot für Gipsabfälle. Wie bewerten Sie den rechtlichen Rahmen? Ist der Ansatz richtig und die Umsetzung gut?
Peter Giffinger: Bislang war es so, dass man Gipskartonplatten mit Bauschutt vermischt und auf die nächste Deponie gebracht hat. Ganz einfach deshalb, weil es einen Tick günstiger war zu deponieren als zu rezyklieren. Damit geht ein Material, das endlos rezyklierbar ist, der Nachwelt unwiderruflich verloren. Dass man diesen Fehler jetzt korrigiert und auf Kreislaufwirtschaft setzt, ist aus meiner Sicht die absolut richtige Entscheidung.
Wie gut ist die Branche vorbereitet?
Giffinger: Ich denke, wir sind sehr gut vorbereitet. Unsere Recyclinganlage in Stockerau haben wir gemeinsam mit der Porr und Saubermacher entwickelt. Wir konnten also auf das gesamte relevante Know-how zurückgreifen. Wir haben sehr viel in die Vorbereitung investiert und gemeinsam mit der Abfallwirtschaft klare Qualitätskriterien erarbeitet.
Wie ist der aktuelle Stand in Stockerau? Ist die Anlage einsatzbereit?
Giffinger: Wir sind dabei, alles zu finalisieren. Die Anlage wird im April installiert und Mitte des Jahres in Betrieb gehen.
Was zeichnet die Anlage aus Ihrer Sicht aus? Was ist ihr USP?
Monika Döll: Ein USP ist sicher, dass wir die Ersten am österreichischen Markt sind. Gipsrecycling ist keine absolut neue Technologie, in Kanada wird das seit vielen Jahren praktiziert. Aber es war ein unglaublich wichtiger Schritt, dass Politik und Abfallwirtschaft jetzt den rechtlichen Rahmen geschaffen haben, um ein Recyclingwerk in Österreich betreiben zu können. Das Recycling erfolgt nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Die Gipskartonplatte kommt zu uns nach Stockerau, wird aufbereitet und der Recyclinggips per Bahn nach Bad Aussee gebracht, wo er wieder zu Gipskartonplatten verarbeitet wird. Wir führen kein Downcycling durch. Diese echte und dauerhafte Kreislauffähigkeit ist sicher der größte USP, damit platzieren wir uns auch am Markt.
Giffinger: Man darf sich das aber nicht so vorstellen, dass eine Platte von der Baustelle kommt und wir eine neue daraus machen, wie wir das bei einem Werksverschnitt machen. Rückbau heißt immer auch, dass Montagematerialien wie Schrauben oder Profile vorhanden sind. Die Anlage dient dazu, die Störstoffe rauszufiltern, um hochwertiges Recyclingmaterial zu erhalten.
Döll: Wir arbeiten mit Rückbaumaterial. Es braucht eine Aufbereitung, Sortierung, Magnetabschneidung und einiges mehr. Aber natürlich wird es auch Material geben, das den Qualitätskriterien nicht entspricht. Die Platten, die nicht zum Recycling geeignet sind, können auch weiterhin deponiert werden.
Welche Ziele setzen Sie sich? Welche Mengen sollen in Stockerau jährlich recycelt werden?
Giffinger: Die Anlage ist auf eine Kapazität von 60.000 Tonnen ausgelegt. Damit sollten wir unserer Einschätzung nach in der Lage sein, die in Österreich anfallenden Mengen zu verarbeiten.
Sollen diese Mengen in Zukunft gesteigert werden?
Giffinger: Gips ist ein langlebiger Baustoff, daher gehen wir davon aus, dass die Menge an Abbruchmaterial in etwa gleichbleiben wird. Nehmen Sie als Beispiel den Wohnpark Alterlaa, da wurden in den 70er Jahren Zwischenwände aus Gipskarton verbaut, die noch lange halten werden.
Was waren die größten Hürden auf dem Weg zur Recyclinganlage?
Giffinger: Es waren technische Fragen und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Was muss die Anlage leisten, um den Anforderungen zu entsprechen? Es mussten die Rahmenbedingungen geschaffen werden, um einen Rohstoff, der theoretisch endlos im Kreislauf geführt werden kann, auch tatsächlich im Kreislauf zu führen. Alleine das Genehmigungsverfahren war äußerst aufwendig.
Döll: Es wurde auch sehr viel Aufklärungsarbeit geleistet, damit auf der Baustelle die richtigen Schritte gesetzt werden. Da geht es etwa um Fragen der richtigen Trennung und wie man eine Gipskartonplatte von einer Gipsfaserplatte unterscheidet.
Wie ist es zur Kooperation mit der Porr und Saubermacher gekommen?
Giffinger: Wir als Saint-Gobain wissen seit Jahrzehnten, wie man Gipskartonplatten macht. Wir sind ein Baustoffhersteller, in den Bereichen Abbruch und Abfallwirtschaft hat uns Know-how gefehlt. Diese Kompetenz haben unsere Partner eingebracht, die auch über ein entsprechendes Netzwerk verfügen. Es wird ja nicht nur die Porr und Saubermacher in Stockerau einliefern, sondern das gesamte Abfallnetzwerk Österreichs. Und das ist durch unsere Partner perfekt darauf vorbereitet.
Döll: Wie wichtig die unterschiedlichen Expertisen sind, hat man auch bei den rechtlichen Rahmenbedingungen gesehen. Es wurde intensiv darüber diskutiert, ob ein Deponieverbot wirklich nötig ist oder auch ein Recyclinggebot ans Ziel führen würde. Es war der klare Tenor der Abfallwirtschaft, dass es ohne ein Verbot nicht gehen wird, weil man ohne strikte Vorgaben sonst den Weg des geringeren Widerstands gehen würde.
Welche Rolle nehmen Sie mit der neuen Anlage innerhalb der Saint-Gobain-Gruppe ein?
Giffinger: Das Novum in Österreich ist, dass wir mit der GzG Recyclinggesellschaft eine gemeinsame Gesellschaft gegründet haben. In dieser Hinsicht sind wir definitiv Vorreiter. Es ist aus meiner Sicht auch absolut der richtige Weg, Kooperationen zu schließen, um für die Gesellschaft und die Nachwelt richtige und wichtige Maßnahmen zu setzen.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einen kurzen Sidestep machen: Wie ist der aktuelle Stand beim Mineralwolle-Recycling?
Döll: Bei der Mineralwolle wird es 2027 ein Deponieverbot geben. Wir beschäftigen uns national und international schon lange mit dem Thema Recycling. Am Markt etabliert ist bereits ein Rücknahmesystem, das wir im Februar 2024 gelauncht haben. Damit hat der Verarbeiter die Möglichkeit, mit der Bestellung auch einen Big Pack zu erhalten, in dem er sortenreines Material sammelt, das von der Baustelle von einem Entsorgungspartner abgeholt wird. Die Herausforderung auf der Baustelle ist, dass man nicht eine Materialart hat. Man hat Glaswolle und Steinwolle und das auch noch von verschiedenen Herstellern, die alle ein eigenes Sammelsystem haben. Der Großteil betrifft aber Rückbaumaterialien. Da geht es auch um alte, nicht RAL-zertifizierte Ware, die als gefährlich gekennzeichnet ist. Da wird an Recyclinglösungen gearbeitet. So weit wie bei den Gipskartonplatten, dass man am Ende eines Prozesses ein sauberes Rezyklat hat, ist man aber definitiv noch nicht.
Die erste Gips-zu-Gips-Recyclinganlage Österreichs
Rund sieben Millionen Euro haben Saint-Gobain, Porr und Saubermacher in die Recyclinganlage in Stockerau und die dazugehörige Logistiklösung investiert. Nach der Anlieferung und der Aufbereitung wird der Recycling-Gips per Bahn nach Bad Aussee transportiert, wo Saint-Gobain aus dem Rezyklat wieder neue Gipskartonplatten herstellt. Bis zu 40 Prozent Recyclinggips können in einer neuen Gipskartonplatte verarbeitet werden.
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