Freitag, Oktober 04, 2024

Österreichs Unternehmen bereiten sich auf eine Strommangellage vor. Peter Lenz, Managing Director von T-Systems in Österreich, erläutert, was dies für die Unternehmens-IT bedeutet und warum Digitalisierung nun umso wichtiger wird. 

Ohne Strom keine IT. Wie bereitet sich T-Systems als IT-Dienstleister auf eine allenfalls bevorstehende Energiemangellage vor?

Peter Lenz: Unsere Rechenzentren sind redundant mit USV-Anlagen und Notstromaggregaten ausgestattet. Als IT-Dienstleister für kritische Infrastrukturen, etwa Spitäler, sind wir von der Bundesregierung als versorgungsrelevantes Unternehmen eingestuft und stehen schon seit jeher in der Verantwortung, einen unterbrechungsfreien Betrieb zu gewährleisten. Aber natürlich machen wir im derzeitigen Umfeld auch unsere »Hausaufgaben«, etwa indem wir uns um den Treibstoffnachschub für unsere Dieselgeneratoren kümmern, deren Kapazitäten prüfen oder unsere Notfallpläne mit besonderer Sorgfalt durchexerzieren. Darüber hinaus sensibilisieren wir auch unsere Mitarbeiter*innen, mit der verfügbaren Energie im Unternehmen sparsam umzugehen. 

Die IT gilt gemeinhin als Stromfresser. Was raten Sie Unternehmen, um Energie in ihren IT-Abteilungen einzusparen?

Lenz: Den größten Schritt Richtung mehr Energieeffizienz können Unternehmen gehen, indem sie mehr IT-Prozesse auslagern. Moderne professionelle Rechenzentren werden heutzutage mit einem Energieeffizienzwert (PUE) von 1.3 betrieben – 2020 waren es im Schnitt noch fast 1.6. Die Rechenzentrumsanbieter haben in einem Rieseninnovationssprung ihre Infrastrukturen nachhaltiger und effizienter gemacht. Mit einer dank Skaleneffekten besseren Serverauslastung und flexibler Ausbalancierung von Workloads sind sie trotz höheren absoluten Energiebedarfs insgesamt energiesparender als es ein Inhouse-Betrieb je sein kann. Inhouse hat man aber durchaus einige Stellschrauben wie etwa den Ersatz von Hardware am Ende ihres Lebenszyklus durch neue, energieeffizientere Komponenten, die Optimierung der Kühlung oder das Abschalten wenig genutzter unkritischer oder inaktiver Systeme und Server. 

Während der Pandemie haben sich viele Unternehmen stark digitalisiert. Sehen Sie die digitale Transformation nun in Gefahr?

Lenz: Nein, im Gegenteil. Mit verantwortungsvoller Digitalisierung lässt sich Nachhaltigkeit beschleunigen – beide Themen gemeinsam erschließen sogar neue Wertschöpfung. Denken Sie an die smarten Dinge, die im Zusammenspiel von Technologien wie Cloud, IoT oder Blockchain möglich werden.

Transparenz in Produktions- und Lieferketten und deren datenbasierte Steuerung erhöhen die Effizienz. Predicitive Maintenance oder Remote-Wartung unter Einsatz von Virtual- oder Augmented-Reality-Tools schonen Ressourcen. Ein digitaler Zwilling sorgt für eine viel nachhaltigere Produktentwicklung und -fertigung. In vielen Industrien entstehen digitale Wertschöpfungsnetzwerke, die zu ökologisch und ökonomisch sinnvolleren Wertkreisläufen führen. Smart Manufacturing, Smart Farming, Smart Building oder Smart Logistics sind Digitalisierungs-Use-Cases, die ein besseres Ressourcenmanagement mit neuen Geschäftsmodellen kombinieren. Ihnen gehört die Zukunft.

An welchen Hebeln können Unternehmen ansetzen, um das optimale Zusammenspiel von Nachhaltigkeit und Digitalisierung zu finden?

Lenz: Im Moment sind vermutlich alle Unternehmen daran zu prüfen, wo sie Energie verschwenden und wie sie ihr Bestandsgeschäft auf eine mögliche Stromkrise vorbereiten. Krisen setzen jedoch auch immer wieder Kreativität und Impulse für neue Wachstumsinitiativen frei.

Ansätze wie etwa »As a Service«-Modelle, wie sie die IT bereits seit längerem kennt, verlagern die Wertschöpfung von einer energieintensiven Produktion zu einer nachhaltigeren Nutzung. Nach dem Motto »Ich brauche keinen Bohrer, sondern ein Loch« werden künftig auch langlebige physische Güter häufiger getauscht, gemietet oder geleast werden. Firmen können sich so zusätzliche Standbeine oder Kundensegmente erschließen und diese Geschäftsmodelle internetbasiert effizient abwickeln. Oder sie können mit datengetriebenen Entscheidungsprozessen effizientere Lösungen finden, die innovativen Kundennutzen und mehr Nachhaltigkeit kombinieren.

»Ewig gleich bleibt sich nur der Wandel«, heißt es. Veränderungsbereitschaft ist das A und O, was Österreichs Wirtschaft in schon in vielen Krisen unter Beweis gestellt hat.

(Titelbild: T-Systems)

Meistgelesene BLOGS

Mario Buchinger
07. August 2024
Der Ruf nach Resilienz in den Lieferketten wird lauter. Nach den Erfahrungen einer weltweiten Pandemie und den immer deutlicheren Auswirkungen der Klimakrise scheint das sinnvoll. Doch was macht eine ...
Nicole Mayer
05. Juli 2024
Im Juni wurden am qualityaustria Excellence Day und der Verleihung Staatspreis Unternehmensqualität die Preisträger*innen 2024 verkündet. Die Sieger*innen im Überblick• Staatspreis Unternehmensqualitä...
Redaktion
10. Juli 2024
Ende April wurde das EU-Lieferkettengesetz verabschiedet. Dieses ambitionierte Gesetz verpflichtet Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten und einem Umsatz von über 450 Millionen Euro, Menschenrec...
Marlene Buchinger
09. August 2024
CSRD, ESRS, CBAM – Nachhaltigkeitsbegriffe schnell erklärt. Nachhaltigkeit wird immer mehr Teil der Führungsarbeit. Daher lohnt ein Blick auf die wichtigsten Begriffe. Wie in jeder Fachdisziplin gibt ...
Nicole Mayer
19. August 2024
Am qualityaustria Excellence Day im Juni wurde nicht nur das AMS Kärnten mit dem Staatspreis Unternehmensqualität 2024 ausgezeichnet, sondern auch drei weitere exzellente Unternehmen zum Staatspreis n...
Marlene Buchinger
07. August 2024
Was bedeutet Nachhaltigkeit und warum ist das Thema so wichtig? Der Begriff Nachhaltigkeit und die damit verbundenen Veränderungen werfen bei vielen Führungskräften noch Fragen auf. Aus diesem Grund e...
Alfons A. Flatscher
01. Juli 2024
Willkommen im 21. Jahrhundert, wo Homeoffice und Co die Arbeitswelt revolutionieren. Was einst als Extra galt, ist durch die Pandemie zur Norm geworden. Der Küchentisch wird zum Schreibtisch, die Jogg...
Marlene Buchinger
07. August 2024
Schulungsangebote und ESG-Tools schießen wie Pilze aus dem Boden. Doch anstelle das Rad neu zu erfinden, sollten bestehende Strukturen neu gedacht werden. Die Anforderungen an Unternehmen punkto Verbe...

Log in or Sign up