Montag, April 29, 2024
Grenzüberschreitende Mahnverfahren nun schneller und einfacher möglich.Die Justiz ist Vorreiter im E-Government und bastelt an einem europaweit einheitlichen Mahnwesen bei Zahlungsforderungen im Zivilrecht. Manch Händler kommt so schneller zu seinem Geld.

Die Verwaltung in Österreich baut seit Jahren intensiv auf E-Government: die elektronische Abwicklung von Kommunikation und Geschäftsprozessen ist zur Top-Priorität erklärt worden. Was viele nicht wissen: die Justiz ist einer der Vorreiter dieser Digitalisierung. Begonnen wurde mit dem modernen Amt dort bereits 1980, als tausende, in den Bezirksgerichten gelagerte, handgeschriebene Grundbücher in ein digitales Archiv übertragen wurden. Die Justiz schuf ein IT-Netz, das heute für unterschiedlichste Anwendungen zu Verfügung steht. Die erste weitere Nutzung der damals neu geschaffenen Infrastruktur passierte 1986 – einige Jahre bevor das Internet kommerziell genutzt wurde. Elektronisch erfasst wurden damals Mahnverfahren, also auf Geldforderungen lautende zivilrechtliche Klagen. Mittlerweile ist die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr zur gesetzlichen Pflicht geworden. Jahr für Jahr werden am Computer millionenfach Eingaben in den unterschiedlichsten Justizbereichen getätigt. Die Österreicher wissen um die grandiosen Zeit- und Kosteneinsparungen durch die elektronischen Verfahrenswege.

Zusammenarbeit mit BRZ
Auch auf EU-Ebene wird die IT als leistungsfähiger Unterbau für die Geschäftsprozesse in der Justiz verstanden. Laut Verordnung sollen die Wege im Mahnverfahren seit gut einem Jahr auch innerhalb der Unionsstaaten digitalisiert und standardisiert ablaufen (mit Ausnahme Dänemarks aufgrund bilateraler Regelungen). Und auch hier agieren die Österreicher wieder führend. Gemeinsam mit dem Bundesrechenzentrum und der Berliner Justizverwaltung  bastelte die heimische Justiz an funktionstüchtigen Prozessen für das „Europäische Mahnverfahren“. Grenzüberschreitende Geldforderungen können nun mit einem EU-weit einheitlichen Formular, das im Internet zur Verfügung steht, gerichtlich ohne Anwaltszwang geltend gemacht werden. Der standardisierte Zahlungsbefehl wird auch ohne Anerkennungsverfahren im Zielland vollstreckt. Damit wurde ein Zwischenschritt herausgenommen, der enorm Zeit spart.

Seit 12. Dezember 2008 stehen in Österreich und auch Deutschland entsprechende Formblätter in verschiedenen Sprachen im Netz zu Verfügung. Daran verknüpft ist auch der elektronische Rechtsverkehr in dem jeweiligen Land. Mehr als 3.000 Mahnverfahren wurden darüber bereits in Österreich und Deutschland abgewickelt, mit einem Gesamtstreitwert von 60 Mio. Euro, berichtet Anja Zisak, Präsidialsektion im Bundesministerium für Justiz. „Manche Staaten haben bereits ein großes Interesse an unserem System gezeigt“, erzählt sie von intensiven Gesprächen in den E-Justice-Arbeitsgruppen. Ihre Vision: eine grenzüberschreitende Kommunikation der Justiz in ganz Europa. Die ersten Grundsteine dafür sind nun gelegt. Die österreichisch-deutsche IT-Anwendung wurde bei der E-Government-Konferenz der EU in Malmö mit dem europäischen E-Government-Preis ausgezeichnet. Frankreich hat sich bereits für die Übernahme der technisch offenen Anwendung entschieden.

Mehr unter www.justiz.gv.at


Zum "IT-Unternehmen" Justiz
Wäre die österreichische Justiz mit ihren 11.700 Mitarbeitern ein Großunternehmen, könnte man von einem „Jahresumsatz“ von rund 1 Mrd. Euro sprechen. Für einen Verwaltungsapparat arbeitet sie ausgesprochen effizient: Gut 72 Prozent der Ausgaben sind durch Einnahmen abgedeckt. Das IT-Budget beträgt 35 Mio. Euro. Eine führende Rolle spielt die heimische Justiz in europäischen E-Government-Projekten wie der Errichtung eines überregionalen E-Justice-Portals, der Vernetzung von Straf- und Insolvenzregistern, Firmen- und Grundbuch sowie EU-Mahnverfahren. Seit 2001 setzen die österreichischen Gerichte auch auf Video-Konferenzlösungen. Die Justiz ist damit einer der Vorreiter bei der Nutzung von Videokonferenzen.

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