Friday, December 05, 2025

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Fragen zu KI, die sich jedes Unternehmen stellen sollte: Christian Casari, ONTEC AI, über die intelligente Automatisierung bei sensiblen und komplexen Daten.

Christian Casari leitet den Bereich Partnerships & Sales bei ONTEC AI.


Wie offen sind Unternehmen gegenüber KI-Projekten eingestellt?

Christian Casari: Es gibt euphorische Unternehmen, skeptische Unternehmen und solche, die glauben, KI sei eine Art Wunderlampe, die alle Probleme löst. Viele wollen in Projekten gleich über KI sprechen, obwohl ihre Basisprozesse noch gar nicht digitalisiert sind. Wenn die Daten fehlen oder schlecht strukturiert sind, kann auch eine KI nichts bewirken. Das Fundament aus Daten und Prozessen muss stimmen.

Report: Was sollte sinnvollerweise automatisiert werden – und was nicht? Wo liegen die Grenzen?

Casari: Ganz salopp gesagt: automatisiert werden sollen die Dinge, die niemand gerne macht und bei denen der Mensch keinen besonderen Mehrwert liefert. Sobald Empathie, ethische Überlegungen, Kreativität oder persönliche Nuancen gefragt sind, hat der Mensch einen klaren Vorteil. Aufgaben, die repetitiv, fehleranfällig und datengetrieben sind, kann eine KI übernehmen – und das oft in einer Geschwindigkeit, die für uns Menschen schlicht unrealistisch ist. Aber KI ist niemals die eierlegende Wollmilchsau. Sie kann nur das tun, was sie versteht und wofür sie Daten bekommt.

Ein KI-Agent kann heute unstrukturierte Daten verarbeiten, menschliche Sprache verstehen, Datenbanken abfragen und Workflows selbstständig anstoßen. Aber wenn die Daten fehlen, stößt auch die beste KI an ihre Grenzen. Und es braucht immer die Frage: Kommt dieser „Use Case“ dreimal im Monat vor oder hundertmal in der Stunde? Auch diese selteneren „Edge Cases“ können natürlich umgesetzt werden, aber das lohnt sich wirtschaftlich betrachtet nicht immer. KI sollte nicht ausschließlich mit der Technologiebrille betrachtet werden, sondern wie jedes andere Projekt auch wirtschaftlich bewertbar sein.

Report: In welcher Form spielt hier Augmented Intelligence eine Rolle – und wie definieren Sie deren Bedeutung?

Casari: Augmented Intelligence ist die Kombination aus KI-gestützter Automatisierung und menschlicher Kontrolle. Das zeigt sich zum Beispiel bei „Retrieval Augmented Generation“-Systemen, die interne Dokumente und Datenbanken mit einem Large-Language-Model verknüpfen, um präzise Antworten zu erhalten. Das Modell darf dann nicht ein Allgemeinwissen verwenden, sondern nur jene Daten, die in dem Unternehmen tatsächlich verfügbar und entsprechend passend sind. Und der Mensch kann dabei jederzeit die exakten Dokumentenstellen prüfen, die als Quelle verlinkt sind. Das ist eine elegante, schnelle Suche mit einer intelligenten Ebene dazu. Augmented Intelligence ermöglicht es, Sucharbeit zu reduzieren, ohne die menschliche Entscheidungskompetenz auszuschalten. KI liefert die Geschwindigkeit, der Mensch sorgt dann für eine Extraportion Verlässlichkeit.

Report: Was ist wichtig für Digitalisierungs- und Automatisierungsprojekte? Was sollten Unternehmen berücksichtigen?

Casari: Ich beschreibe das gerne mit einem einfachen Bild: Ich gehe nicht in den Baumarkt, kaufe einen Hammer und suche dann zu Hause einen Nagel. Ich habe zuerst das Problem – und dann das Werkzeug. Das ist auch bei Technologieprojekten so: Was ist das konkrete Problem? Und ist KI dafür wirklich die richtige Lösung? Wenn es ein herkömmlicher Algorithmus besser kann, sollte man dabeibleiben dürfen. KI liegt dann, vereinfacht gesagt, am anderen Ende der Komplexität einer Datenverarbeitung. Dazu sollte auch die ganze Organisation „AI ready“ gemacht werden, indem Mitarbeitende mitgenommen, Ängste adressiert, und Systeme und Veränderungen glaubwürdig und transparent erklärt werden.

Report: Der anfängliche Hype um KI scheint abzuflachen. Viele Unternehmen haben Projekte wieder eingestellt. Warum?

Casari: Viele Versprechen waren schlicht unrealistisch. Oft wurden von Beratern Dinge skizziert, die technologisch nicht möglich waren oder die kein eigentliches Problem adressiert hatten. Ein „Proof of Concept“ zu bauen, ohne die Fachabteilungen einzubeziehen, ohne über Datenqualität nachzudenken und ohne ausreichende wirtschaftliche Bewertung, ist zum Scheitern verurteilt. Ich halte vielmehr eine simple betriebswirtschaftliche Logik für notwendig: Was kostet es und wann amortisiert es sich? Wenn ich 100.000 Euro pro Jahr spare, ist ein Projekt, das 100.000 Euro kostet, in einem Jahr drinnen. Wir setzen Projekte nur dann auf, wenn sie Hand und Fuß haben.

Report: Wie ist dazu die Positionierung von ONTEC AI?

Casari: Unsere Zielgruppe sind mittelständische Organisationen mit komplexen Daten sowie hohen Anforderungen an Datensicherheit und Datenschutz. Wir bauen in unserer Rolle als Umsetzer produktionsreife Projekte und begleiten unsere Kunden damit. Mit einem selbst entwickelten modularen System kann jedes Zahnrädchen so gestellt werden, wie man es braucht. Das bringt eine Unabhängigkeit von großen Plattformen, die zwar schnelle Lösungen ermöglichen, aber selten die letzten 30 Prozent abdecken, die entscheidend sind. Unsere Kunden kommen zu uns, um Probleme zu lösen – vollständig und exakt zu ihrem Unternehmen passend.

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