Freitag, April 26, 2024

Die Zahl der Millionäre ist seit der Krise stark gestiegen. In Österreich verfügen 82.300 Menschen über ein Vermögen von mehr als einer Million Euro. Die reichsten fünf Prozent der heimischen Haushalte besitzen mehr als die Hälfte des gesamten Nettovermögens. Nach den Berechnungen der Europäischen Zentralbank ist Vermögen damit deutlich stärker auf eine Oberschicht konzentriert als in anderen EU-Ländern.

Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer. Die kalte Progression frisst Lohnerhöhungen auf. Auch die EU-Kommission kritisierte bereits die hohe Besteuerung von Arbeit in Österreich. Während die Regierung noch sondiert, hat sich die Bevölkerung ihre Meinung längst gebildet: Laut »profil« befürworten 69 % der Österreicher die Einführung von Vermögenssteuern, nur 17 % sprechen sich dagegen aus. Sollen Reiche stärker zur Kasse gebeten werden? Wie kann der Weg zu mehr Steuergerechtigkeit aussehen? Report(+)PLUS hat bei Experten und Betroffenen nachgefragt.

1. Experten sehen den Wirtschaftsstandort Österreich in Gefahr. Würde eine Vermögenssteuer die Investitionsbereitschaft beeinflussen?

Friedrich Schneider, Professor am Department of Economics an der Johannes-Kepler-Universität Linz: Dies hängt primär von ihrer Ausgestaltung ab. Wenn Betriebsvermögen besteuert wird, dann in jedem Fall.

Klaus Hübner, Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder: Alle bisherigen Vorschläge zur Vermögenssteuer nehmen betriebliches Vermögen aus. Aber auch ohne Einbeziehung des betrieblichen Vermögens würde sich eine Vermögenssteuer negativ auf den Standort auswirken, wie das bei jeder Diskussion um die Einführung neuer Steuern der Fall ist. Angesichts einer Steuerquote jenseits der 45 Prozent ist die Androhung neuer Steuern schädlich und der falsche Weg. Die Besteuerung von Vermögen ist als Substanzsteuer grundsätzlich abzulehnen. Allenfalls können Erbschaftssteuern diskutiert werden. Österreich hat ein Problem mit den Ausgaben, nicht mit den Einnahmen. Wir brauchen Strukturreformen, um die Spielräume für eine Steuersenkung zu schaffen.

Richard Lugner, Geschäftsführer der Lugner City GmbH: Derzeit gibt es nur in zwei Ländern der EU eine Vermögenssteuer. Wenn man wie in Österreich vom Einkommen 50 % Einkommenssteuer zahlt, dann sollte einem der verbleibende Rest gehören. Die sogenannten Reichen, zu denen man mich zählt, investieren in Betriebe und schaffen Arbeitsplätze.

2. Welche Vorschläge zu mehr Steuergerechtigkeit sollten Ihrer Meinung nach berücksichtigt werden?

Friedrich Schneider: Ein einfacheres, überschaubares Steuersystem; das heißt: Streichung aller Ausnahmeregelungen und Absenkung des Eingangssteuersatzes auf 25 % sowie Abschaffung der kalten Progression, ebenso Wirksamkeit des Höchststeuersatzes erst ab 100.000 Euro.

Klaus Hübner: Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat einen umfassenden Steuerreformplan für Österreich vorgelegt. Darin ist die Senkung des Eingangssteuersatzes von derzeit 36,5 % auf 25 % und die Entlastung des Mittelstandes vorgesehen. Eine Vielzahl von Ausnahmeregelungen in der Einkommensteuer sollten gestrichen werden. Damit wird die Bevorzugung einzelner Gruppen beseitigt. Vor allem der Verwaltungsaufwand im Bereich der Sozialversicherung und der Lohnsteuer ist überbordend und muss reformiert werden. Eine Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlagen von Lohnsteuer und Sozialversicherung, die Zahlung der Abgaben an eine Stelle und die Reduktion der über 360 Beitragsgruppen auf drei wären wichtige Schritte.

Richard Lugner: Je mehr Persönlichkeiten wie Mateschitz wir in Österreich hätten, desto besser wäre es – denn er investiert sein Vermögen sinnvoll. Der Staat bzw. die Parteienvertreter verwenden das Geld sehr oft für Wahlkampf-Zuckerln. Jeder Unternehmer sollte die Möglichkeit haben, in sein Unternehmen zu investieren, was auch für einen Wirtschaftsaufschwung in der jetzigen Flaute wichtig wäre.

3. Was halten Sie vom Aufruf des Finanzministers, die Forschung durch Spenden zu unterstützen?

Friedrich Schneider: Eine sehr gute Idee, wenn diese dann steuerlich absetzbar sind.

Klaus Hübner: Die Forschungsförderung ist in unserem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verständnis eine grundlegende Aufgabe des Staates im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit. Die private Unterstützung ist wichtig und notwendig, ist aber als Ergänzung der staatlichen Förderaktivitäten zu sehen und kann diese nicht ersetzen. Wissenschaft und Forschung darf ebenso wie das Bildungsbudget nicht dem Sparstift zum Opfer fallen. Die Reformen müssen einen schlankeren, effizienteren Staat zum Ziel haben, nicht den Abbau notwendiger Leistungen.

Richard Lugner: Wer überschüssiges Geld hat, kann es spenden.

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