Samstag, April 27, 2024
Menschen machen Marken
Nur Marken, die auch emotional berühren, entwickeln eine hohe Anziehungskraft. (Fotocredit: iStock)

Sich vom Mitbewerb abzugrenzen und aus der Masse herauszustechen – das schaffen starke Marken mit emotionaler Bindung. Eine authentische Corporate Identity steht für Unternehmen, die etwas Besonderes sind.

Text: Angela Heissenberger

Eine Marke entsteht in den Köpfen der Menschen, die sie wahrnehmen. Sie ist mehr als das Logo und ein Slogan. Wir verbinden damit ein Versprechen – an Qualität, Design, Service oder Transparenz – oder ein Image. Ein MacBook wäre ohne den Namen Apple und den einprägsamen angebissenen Apfel einfach nur ein beliebiges Notebook. Doch um eine Marke von diesem Wert aufzubauen, muss das Interesse von Kund*innen immer wieder neu geweckt und ihr Vertrauen gewonnen werden. Hier kommt das Herz ins Spiel: Nur Marken, die neben dem funktionalen Nutzen auch emotional berühren, hinterlassen einen unverwechselbaren Eindruck mit hoher Anziehungskraft.

Emotionales Branding wird immer wichtiger, um die Verbraucher*innen dauerhaft an die eigene Marke zu binden. »Die Automobilbranche ist hier ein Vorzeigebeispiel. Während man sich durch Produkteigenschaften nur noch schwer absetzen kann, gewinnt das Marken­image an Bedeutung. Deshalb setzen Automobilhersteller schon seit einigen Jahren verstärkt auf das Schaffen von Erlebniswelten und das Auslösen von Gefühlen in Zusammenhang mit ihren Marken«, erläutert Thomas Schwabl, Geschäftsführer von Marketagent.

Individuelles Markenerlebnis

Während im Markenaufbau früher vor allem die Sichtbarkeit und Wiedererkennung im Vordergrund stand, änderte sich mit dem Aufkommen des Internets und Social Media diese passive Herangehensweise grundlegend. Konsument*innen nehmen aktiv an einem globalen Dialog über Marken teil. Big Data und Analytics spielen bei der Identifizierung von Trends eine entscheidende Rolle. Unternehmen müssen Ihre Zielgruppen kennen und verstehen und rasch auf veränderte Bedürfnisse reagieren. Die Analyse früherer Erfolge und Flops gibt Einblick in Marktmechanismen, um zukünftige Trends besser antizipieren zu können. Die Interaktion mit Kund*innen ermöglicht zudem die Entwicklung maßgeschneiderter Markenstrategien.


Thomas Schwabl, Geschäftsführer von Marketagent. (Foto: Marketagent)

Die Integration von künstlicher Intelligenz könnte dem Markenaufbau einen zusätzlichen Schub geben. Durch maschinelles Lernen erkennen KI-Tools Vorlieben und Verhaltensweisen der jeweiligen Zielgruppe, die in die Personalisierung von Marken­erlebnissen einfließen. Die individuelle Ansprache, maßgeschneiderte Angebote und effiziente Ratschläge führen zu einer deutlich tieferen Verbindung zwischen Marke und Nutzer*innen. Verstärkt wird dieser Eindruck durch immersive Marken­erlebnisse, bei denen Konsument*innen mittels Virtual oder Augmented Reality in eine digitale Umgebung eintauchen, in denen sie Produkte nicht nur sehen, sondern auch erleben können, bevor sie sich für einen Kauf entscheiden. So lassen sich beispielsweise Möbelstücke als interaktive Elemente probeweise in die eigenen Wohnräume integrieren oder Kleidungsstücke und Brillen anprobieren.

Klares Bild nach außen

Auch Unternehmen sind eine Marke – diese Corporate Identity muss ebenso sorgfältig aufgebaut und gepflegt werden wie eine Produktmarke. Als Markenbotschafter fungieren neben Kund*innen auch die Mitarbeiter*innen, die positive und negative Eindrücke weitertragen. Ihren Mitteilungen wird grundsätzlich eine höhere Glaubwürdigkeit zugesprochen als offiziellen Aussendungen der PR-Abteilung. Über Social Media verbreiten sich diese Bewertungen in Echtzeit und sind von den Unternehmen selbst praktisch nicht kontrollierbar.

Eine authentische und glaubwürdige Markenführung, die keine falschen Erwartungen weckt, ist deshalb unabdingbar. Das Markenversprechen muss mit den Unternehmenswerten übereinstimmen, damit bei den Stakeholdern ein ganzheitliches Markenerlebnis entstehen kann. »Nur wer ein klares Bild von sich hat, kann ein klares Bild nach außen vermitteln«, sagt die Markenexpertin Isabel Ihm. Sie sieht es als wichtigste Aufgabe der Führungskräfte, eine Vertrauenskultur im Unternehmen zu schaffen: »Das heißt: selbst vorleben, zuhören und verstehen, Wissen teilen, inspirieren und Freiräume gewähren.«



Die vier Bereiche Corporate Behaviour, Corporate Design, Corporate Communication und Corporate Culture greifen ineinander und geben dem Unternehmen eine stimmige, nach innen und außen gelebte Corporate Identity.

Mitarbeitende werden nur dann als Markenbotschafter*innen fungieren, wenn sie sich tatsächlich mit dem Unternehmen identifizieren und stolz darauf sind, dort zu arbeiten. Das Unternehmen muss ein Umfeld bieten, in dem sie sich wohl fühlen – die offene Unternehmenskultur darf kein bloßes Lippenbekenntnis sein. Kunden erkennen sofort, ob Mitarbeiter*innen nur Marketingfloskeln von sich geben oder mit ihrer Person für das Produkt und damit für das Unternehmen stehen.

Alle Maßnahmen, die zur Mitarbeiterbindung eingesetzt werden, wie z. B. Willkommenspakete für neue Kolleg*innen, Mitarbeiterzeitung oder regelmäßige Veranstaltungen, dienen auch der Stärkung der Marke an sich. Darüber hinaus bieten sich firmeninterne Markenworkshops an, um allen Mitarbeiter*innen die Gelegenheit zu geben, sich bei der Weiterentwicklung der Marke mit Ideen einzubringen. Wer den eigenen Beitrag zum Unternehmenserfolg erkennt und dafür Wertschätzung erfährt, wird auch eher die Markenbotschaft kognitiv und emotional verinnerlichen.


Mehr zum Thema: In vier Schritten zur Marke


Vom Mitbewerb abheben

Die Markenwerte zeigen sich in der Botschaft, die nach außen kommuniziert wird. Sie bringt auf den Punkt, wofür die Marke steht und was sie zu etwas Besonderem macht. Das kann bei einem Produktionsbetrieb z. B. der Fokus auf Nachhaltigkeit sein, indem alle Materialien schadstoffarm und ressourcenschonend verarbeitet werden und die benötigte Energie aus klimaneutraler Erzeugung stammt. Ein IT-Dienstleister könnte mit einer 24-Stunden-Hotline und individuellen Softwareapplikationen punkten oder eine Steuerkanzlei mit der Erledigung aller Behördenwege. Wann immer Menschen in Kontakt mit den Produkten, Dienstleistungen und vor allem Mitarbeiter*innen des Unternehmens treten, bietet sich die Chance, sich am Markt durch ein erfreuliches Erlebnis vom Mitbewerb abzuheben. Das gilt insbesondere für Leistungen mit hohem Servicecharakter. Jede positive Erfahrung macht sich auf dem Markenkonto bezahlt.

Diese Strategie ist keineswegs nur Konzernen vorbehalten. Auch kleine und mittelständische Unternehmen können eine Marke etablieren, die emotional berührt. Familienbetriebe können ihre besondere Konstellation als Asset herausstreichen: Hinter diesem Unternehmen steht eine Familie, die das Geschehen lenkt. »Jede Unternehmerfamilie prägt die Markenidentität und weckt ganz besondere Erwartungen bei Personal, Kundschaft und Geschäftspartner*innen«, meint BrandTrust-Partner Bastian Schneider. Die Familie in die Markenführung und das Storytelling einzubinden, könnte ein kluger Schachzug sein – wenn nicht Konflikte, wie sie in fast allen Familien vorkommen, das Bild in der öffentlichen Wahrnehmung beschädigen.

Diese Erfahrung musste auch die britische Königsfamilie des öfteren machen. Queen Elizabeth II. gelang es dennoch meist, die Werte von »The Firm«, als die sich das Königshaus selbst tituliert, hochzuhalten. Unter dem neuen Management von King Charles III. kündigt sich ein Generationenwechsel an. Das Unternehmen im Buckingham Palace geht in eine ungewisse Zukunft.

Mehr zum Thema: Im Interview erklärt Expertin Stefanie Hofer (BrandTrust), wie strategische Markenführung funktioniert: Keine Marke für alle

Außerdem: Die stärksten Marken aus Österreichs Bauwirtschaft


Österreichs Markenstars

Welche Marken haben uns 2023 besonders fasziniert, welche empfehlen wir gerne weiter und mit welchen fühlen wir uns emotional verbunden? Im kürzlich veröffentlichten BRAND.Diamonds-Ranking des Instituts Marketagent dominieren die Tech-Marken WhatsApp und Google – aber auch die Drogeriekette dm, das Österreichische Rote Kreuz und der Süßwarenhersteller Manner können sich unter den Top-5-Marken mit der größten Verbundenheit behaupten. Die beiden Letztgenannten punkten auch als größte Sympathieträger.


Vier Schritte zum Markenaufbau

1. Marke definieren
Zunächst geht es darum, festzulegen, wofür das Produkt oder die Dienstleistung steht. Welches Gefühl soll damit assoziiert werden? Ein Waschmittel steht für Sauberkeit, Babynahrung für gesunde Ernährung. Aber es lohnt sich, über den Tellerrand zu blicken – viele Produkte wurden erst erfolgreich, als sie vom ursprünglichen Nutzen abgekoppelt präsentiert wurden und seither z. B. für Abenteuer oder Freiheit stehen.

2. Corporate Design
Bei einem Produkt stehen die Gestaltung und die Verpackung im Fokus. Bei einer Dienstleistung sind die Kleidung, das Auftreten der Mitarbeiter*innen, die Einrichtung und die Gestaltung der Website wesentlich. Über das Erscheinungsbild werden Eigenschaften wie hochwertig, professionell, schnell, günstig oder flexibel transportiert. Der Außenauftritt – Logo, Firmenschild, Flyer, Visitenkarten – muss einheitlich gestaltet sein, um einen Wiedererkennungswert zu garantieren.

3. Marke schützen
Nicht nur der Firmenname und das Logo, sondern auch ein Claim oder Werbeslogan können geschützt werden. Der Markenschutz umfasst Wörter, Buchstaben, Zahlen oder andere Schriftzeichen, die in einer besonderen Schreibweise, Anordnung, Gestaltung oder Farbe dargestellt werden. Auch Bilder oder Bildelemente sowie Kombinationen von Wort und Bildteilen können zum Markenschutz angemeldet werden.

4. Corporate Identity
Hier geht es darum, das Corporate Design in Qualitätsversprechen umzusetzen. Der Unternehmensauftritt muss einheitlich und gemäß der Markenleitlinien erfolgen. Die damit verbundene Selbstdarstellung beinhaltet das Verhalten der Mitarbeiter*innen sowie die interne und externe Kommunikation. Eine gute Marke will gepflegt werden. Das bedeutet, in ständigem Kontakt mit den Kund*innen zu bleiben, Fragen rasch zu beantworten und regelmäßig Zufriedenheit und Bedürfnisse abzufragen.

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