Samstag, April 27, 2024

Mit 2022 geht ein Krisenjahr vorbei: Klimawandel, Inflation und die zunehmende Verlagerung in die digitale Welt haben auch in Österreich bleibenden Eindruck hinterlassen. Aber es gibt Anlass zum Aufatmen: Das neue Jahr bringt frischen Wind - es kann nur besser werden.

Digitaler Euro

Im Oktober 2023 endet die zweijährige Untersuchungsphase der EZB über die Modalitäten des digitalen Euro als europäische Zentralbankwährung. Ab 2024 soll eine EU-Verordnung den Kryptomarkt regeln, als Zahlungsmittel kommt er vermutlich nicht vor 2026 in Betracht. Die Vorbereitungen laufen im Hintergrund dennoch seit beträchtlicher Zeit, auch in Österreich. Die Raiffeisen Bank International hat 2017 einen RBI Blockchain Hub und eine RBI Coin eingerichtet, die Erste Group betreibt seit 2018 unter dem Namen »Dealfabrix« eine blockchainbasierte Emissionsplattform und einen Krypto-Indexfonds.

Staatshilfen

Eine Studie der Oesterreichischen Nationalbank dokumentiert, wie stark die Unternehmen von den Coronahilfen der Regierung profitierten. Rund 47 Milliarden Euro wurden in Österreich als Ausfallsbonus, Umsatzersatz, Fixkostenzuschuss etc. ausbezahlt – gemessen an der Wirtschaftsleistung so viel wie in keinem anderen EU-Land. Selbst in stark betroffenen Branchen konnten die Betriebe ihre Finanzpolster deutlich füllen: Firmen, die Zuschüsse erhielten, konnten ihre Bankguthaben und Cash-Reserven um 62 % steigern, ihr Eigenkapital um 18 %. 

Superfood

Bislang fielen Insekten in den Bereich kulinarische Exotik. Schon bald könnten Hausgrillen, Käferlarven oder Mehlwürmer aber in pulverisierter Form in Backwaren, Nudeln, Saucen und Suppen Verwendung finden. Die vietnamesische Firma Cricket One, die das Vermarktungsrecht für entfettetes Pulver aus Hausgrillen hält, stellte in Brüssel einen Antrag auf die Zulassung als »Novel Food«. Durch ihren hohen Gehalt an Eiweiß, Vitaminen und Ballaststoffen gelten Insekten als besonders nahrhaft und gesund, zudem ist die Produktion ressourcenschonend. Ein Drittel der Österreicher*innen zeigt sich aufgeschlossen.

Inflation

Expert*innen sehen den Höhepunkt der Inflationsdynamik überschritten, der Preisdruck bleibt jedoch hoch. Die Kern­inflation (ohne Energie und Nahrungsmittel) wird aufgrund kräftiger Lohnkostensteigerungen sowie indirekter Effekte der Energiepreise sogar steigen – hier ist erst 2024 mit einem Rückgang zu rechnen. Die am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessene Inflationsrate soll 2023 auf 6,5 Prozent (2022: 8,6 %) sinken und bleibt damit wie die Kerninflation über dem langjährigen Durchschnitt. Die Staatsfinanzen profitieren von den höheren Steuern und Sozialbeiträgen nur vorübergehend.

Kryptowährungen

Im vergangenen Jahr erlitt die Kryptobranche einen schweren Schlag nach dem anderen. Extreme Kursschwankungen war man gewöhnt, die Pleite der ehemals drittgrößten Kryptobörse FTX kam jedoch überraschend. Der Vertrauensschaden ist enorm, die finanziellen Verluste gehen in die Milliarden. Regulierungen dürften sich nun rascher durchsetzen. Vorerst ist mit weiteren Konsolidierungen im Markt zu rechnen. 

Wintertourismus

Warme Temperaturen und weiße Bänder im grünbraunen Gelände bremsen die Freude am Skisport zusehends. Die hohen Kosten für Liftkarten und Ausrüstung machen Skifahren ohnehin zu einem Luxusvergnügen, das sich nur noch ein Viertel der Österreicher*innen leisten will. 58 Prozent der erwachsenen Bevölkerung fahren gar nicht Ski. Klimaforscher*innen zufolge wird durch die Erderwärmung die Skisaison immer kürzer und die Schneegrenze verschiebt sich nach oben – rund 70 Prozent der heimischen Skiregionen liegen unter 1.700 Meter und sind deshalb gefährdet. 

Vorsorge

Unter dem Eindruck von Pandemie, Inflation und Krieg hat sich das Vorsorgeverhalten der Menschen verändert. Ein gut gefüllter Vorratsschrank ist vielen wichtiger als finanzielle Altersvorsorge. 46 Prozent bunkern einer IMAS-Umfrage zufolge Lebensmittel. Jeweils ein Viertel der Befragten lagern Wasser, Batterien und andere Energieträger ein, immerhin 17 Prozent Toilettenpapier. Gespart wird beim Licht, Urlaub und bei Konsumausgaben.

Streaming

Auch Netflix, Amazon Prime und andere Streaming-Anbieter kämpfen mit steigenden Kosten. Neben dem ursprünglichen Video-on-Demand dürften sich werbefinanzierte Angebote etablieren. Durch das aktuell größere Preisbewusstsein sind Nutzer*innen eher bereit, für vergünstigtes Streaming Werbung zu akzeptieren, als noch vor einigen Jahren. 

Tempo 100

Pro Kopf verursacht Österreich mit 8,6 Tonen CO2 pro Jahr fast doppelt so viele Treibhausgase wie der globale Durchschnitt. Großen Nutzen mit geringem Aufwand würden Geschwindigkeitsreduzierungen bringen. Diese Kernforderung der Klimaaktivist*innen wird von der Wissenschaft untermauert: Tempolimits von 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Freilandstraßen würde den CO2-Ausstoß um 2,4 Tonnen reduzieren, während der Zeitverlust bei einer durchschnittlichen Autofahrt lediglich um 3,2 Minuten steigt. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler sieht derzeit keine Mehrheit im Nationalrat und appelliert an Selbstverantwortung: »Bitte leisten Sie diesen Beitrag und fahren Sie langsamer!«

Personalmangel

Die niedrige Anzahl und die schlechte Qualität der Bewerbungen bereitet Unternehmen beim Recruiting die größten Sorgen. Die Jobplattform hokify rät, den Prozess so einfach und informativ wie möglich zu gestalten, damit potenzielle Kandidat*innen die Bewerbung auch tatsächlich abschließen. Die Wiener Städtische geht mit einem Gamification-Tool neue Wege: In der interaktiven Job World erfahren Interessierte alles über eine Karriere im Versicherungswesen, können ihre Fähigkeiten als Berater*in testen und sich gleich online bewerben. 

Social-Media­-Shopping

Onlineshopping ist spätestens seit der Pandemie in der breiten Masse angekommen. Zunehmend werden Waren und Dienstleistungen auch via Instagram und TikTok gekauft – 2023 sollten die Ausgaben erstmals eine Billion US-Dollar überschreiten. Vor allem die jüngere Generation lässt sich bei ihren Kaufentscheidungen von Influencer*innen auf Social Media beeinflussen. Dieser Trend wird auch in den Absatzzahlen sichtbar: Der Social-Commerce-Markt könnte den klassischen E-Commerce-Markt mittelfristig überflügeln. 

Sturzflug

An den Weltbörsen ging es 2022 für die meisten Topkonzerne abwärts. Die 100 am höchsten bewerteten Unternehmen verloren im Jahresverlauf insgesamt 7,2 Billionen US-Dollar an Marktkapitalisierung. Allein die Konzerne Tesla, Apple, Meta, Microsoft, Alphabet und Amazon verloren zusammen 4,6 Billionen US-Dollar. An der Dominanz der USA hat sich dennoch nichts geändert: Neun der zehn wertvollsten Unternehmen der Welt haben ihren Hauptsitz in den USA. Europa fällt immer mehr zurück. Kamen 2007 noch 46 der Top-100-Unternehmen aus Europa, sind es derzeit nur noch 15.

(Bilder: iStock)

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