Freitag, Dezember 13, 2024

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Alfred Pölzl, Fachexperte der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualität (ÖQA) für Brandschutzmanagement, über Brandursachen, mangelndes Risikobewusstsein und wirkunsgvolle Maßnahmen im Kampf gegen das Feuer.

Report: Wie hoch ist der Schaden, der in Österreich jährlich durch Brände verursacht wird?

Alfred Pölzl: In Österreich brennt es jährlich rund 25.000 Mal. Auf Basis der gemeldeten Versicherungsfälle ergibt sich daraus im Mittel ein wirtschaftlicher Gesamtschaden von 260 Millionen Euro pro Jahr. Davon entfallen rund 90 Millionen Euro auf die Industrie und knapp 60 Millionen Euro auf das Gewerbe. Der Rest auf die Landwirtschaft, den Privatbereich und Sonstiges wie etwa Brände auf Verkehrswegen. 

 

Report: Was sind die häufigsten Ursachen für Brände?

Pölzl: Technisch betrachtet liegen die Ursachen am häufigsten im Bereich der Elektrotechnik, bei Betriebsmitteln und Leitungen. Aber 95 Prozent aller Brände sind auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen. Dabei geht es meist um fehlendes Wissen oder Können und natürlich um Fahrlässigkeit. 

 

Report: Sind sich Unternehmen dieses Risikos bewusst?

Pölzl: Es ist leider ernüchternd. Wenn, dann gibt es meist nur Insellösungen. Nach meiner Erfahrung sind maximal zehn Prozent der Unternehmen halbwegs gut aufgestellt. Aber in praktisch allen Unternehmen lauern Stolperfallen, die dazu führen, dass sich Versicherungen im Brandfall schadlos halten können. Werden Brandschutzmaßnahmen nicht eingehalten, steigt die Versicherung ganz schnell aus.

 

Report: Was empfehlen Sie Unternehmen? 

Pölzl: Jedem Unternehmer muss klar sein, dass ein Brand in 30 Minuten seine Geschäftsgrundlage komplett vernichten oder zumindest empfindlich stören kann. Deshalb braucht es ein echtes Brandschutzmanagement, das bei der obersten Unternehmensleitung beginnt und etwa in einem Leitbild festgeschrieben ist. Zudem braucht es ein internes Brandschutzmarketing, das Brandschutz im Unternehmen salonfähig macht. Alle Mitarbeiter müssen wissen, worum es geht, und dass ein Feuer auch den Arbeitsplatz vernichten kann. Weiters braucht es eine Brandschutzordnung mit Ge- und Verboten und einen Brandschutzbeauftragten. Und schließlich muss genau festgelegt werden, was wie oft kontrolliert wird. Denn eines ist klar: Ein Großbrand ist immer ein Versagen des Managements. 

 

Report: Braucht es strengere rechtliche Vorgaben?

Pölzl: Die rechtlichen Vorgaben sind da und auch ausreichend. Es geht um die Umsetzung. Bis zur Abnahme eines Gebäudes werden Fehler noch behoben, danach geht es rasant abwärts. Dass behördliche Überprüfungen jetzt reduziert und in die Hände der Unternehmen gelegt werden, ist auch nicht unbedingt zielführend. 

 

Report: Welche Systeme sind am wirkungsvollsten, wenn es tatsächlich brennt?

Pölzl: Am effektivsten sind Brandmeldeanlagen zur Detektion von Bränden, damit man frühzeitig reagieren und das Feuer in der Entstehungsphase bekämpfen kann. Außerhalb der Arbeitszeiten sind solche Systeme direkt mit der Feuerwehr verbunden. Das kostet natürlich Geld und ist vor allem für kleine und mittlere Betriebe oft nicht realisierbar. Umso wichtiger ist dann die Prävention und Organisation eines Unternehmens. Jedes Unternehmen muss sich die Frage stellen, ob es sich einen Brand tatsächlich leisten kann.

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