Dienstag, März 19, 2024
Die AI als Urheber

Maschine Learning und Artificial Intelligence werden bereits eingesetzt, um etwa Texte zu kreieren. Welche urheberrechtlichen Herausforderungen daraus entstehen, beantwortet in einem Kommentar Rechtsanwältin Katharina Bisset.

Mit dem Vormarsch von AI und Tools wie GPT-3, die schon menschenähnliche Texte erstellen können, stellt sich immer wieder die Frage, wer Urheber der »Werke« ist, die eine AI erstellt.

Das Urheberrechtgesetz definiert den Urheber als den, der ein Werk geschaffen hat. Das können auch mehrere sein – zum Beispiel Co-Autoren. Ein Werk ist eine eigentümliche geistige Schöpfung.

Kann die AI Urheber sein?

Die AI selbst kann derzeit kein Urheber sein – das kann nur eine natürliche Person. Man denke an den Fall des Affen-Selfie, wo ein Fotograf alle Voraussetzungen erfüllte, damit ein Affe ein Selfie machen konnte. Trotzdem entschieden die Gerichte, dass weder Fotograf noch Affe Urheber waren.

Wer kommt als Urheber sonst in Frage?

Zunächst könnte der Entwickler oder Erfinder der AI Urheber sein. Auf den ersten Blick klingt das logisch – ein Unternehmen entwickelt eine AI, die dann selbst Ergebnisse produziert. Wenn man es durchdenkt, gibt es aber Probleme. So würde niemand das Recht an den Texten, die in Word geschrieben werden, Microsoft zuschreiben.

Der Nutzer oder Eigentümer der AI, der diese vom Erfinder beispielsweise lizensiert hat, kommt auch als Urheber in Frage. Hier muss man aber bedenken, dass ein Unternehmen selbst kein Urheber ist, sondern allenfalls Mitarbeiter, die etwas mit der AI erstellen. Es ist aber fraglich, ob der Nutzer, der in der Regel ein Unternehmen ist, überhaupt in Frage kommt.

Schlussendlich kommt der Endnutzer der AI in Frage. Dieser kann einerseits Lehrer sein, also jemand, der die AI mit Material füttert, aus dem die AI lernt und ihre Werke schlussendlich generiert. Es könnte auch die Person sein, die die Requests, Einstellungen oder Prompts an die AI übergibt, aus der das Werk generiert wird.

Hier wird es in der Praxis schwierig, je weiter das Ergebnis der AI vom Input und der Kreation des Nutzers entfernt ist. Wie im Eingangsbeispiel mit dem Affen hat auch der Fotograf viel Arbeit und Vorbereitung in das Foto gesteckt und viele Einstellungen gewählt. Doch er wusste nicht, wie das Endergebnis aussehen wird, weil der Affe dann das konkrete Bild ausgelöst hat. Die Konsequenz war, dass der Fotograf auch nicht Urheber war. Das Bild war gemeinfrei.

Möglicherweise bedeutet das also: Je weiter fortgeschritten eine AI ist, umso weiter diese von der natürlichen Person als möglichem Urheber entfernt ist, umso größer wird das Risiko, dass ein Werk keinen Urheber mehr hat.

Rechtlicher Rahmen

Der rechtliche Rahmen für AI könnte auf verschiedene Weise ausgestaltet werden. Das Urheberrecht könnte klar einer der involvierten Personen zugeordnet werden. Das Urheberrecht von AI könnte auch als Leistungsschutzrecht ausgestaltet werden. Leistungsschutzrechte sind zusätzliche Rechte zum Urheberrecht, die beispielsweise ausübenden Künstlern, Regisseuren oder Tonträgerherstellern zustehen. Hier geht es um die Leistung, die in ein urheberrechtlich geschütztes Werk investiert wird, unabhängig vom oder zusätzlich zum Recht des Urhebers. Der Schutz ist zwar nicht so umfassend oder lang wie der Urheberrechtsschutz, aber als System wäre dies ein möglicher Weg, wie hier Rechte und Leistungen geschützt werden können.

Die Konsequenz für die Praxis

Bis es eine klare gesetzliche Einordnung von künstlicher Intelligenz und Rechten an den Ergebnissen gibt, ist es vor allem wichtig, dass zwischen Entwickler, Nutzer respektive Eigentümer und Lehrer gut durchdachte Verträge abgeschlossen werden, die alle Beteiligten absichern.


Über die Autorin
Katharina Bisset ist Rechtsanwältin und Co-Founder von Nerds of Law. Sie hat sich auf Gebiete mit technischem Hintergrund spezialisiert, wie IT-, E-Commerce, IP, Datenschutz- und Medienrecht.

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