Dienstag, März 19, 2024
Die Energiewende findet in den Netzen statt

Österreichs Verteilernetze entwickeln sich zu einer Hightech-Infrastruktur. Die technologische Aufrüstung ist nötig, um die künftigen Herausforderungen zu meistern.

on der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, hat in den letzten Jahren eine technologische Revolution in einem Bereich stattgefunden, der das tägliche Leben jedes einzelnen bestimmt und doch kaum je aktiv bemerkt wird. Die Verteilernetze sind von reinen Leitungen zu einer Hightech-Infrastruktur geworden, die eine ständig wachsende Fülle an Aufgaben zu bewältigen hat.

Die Installation von intelligenten Messgeräten war da erst der Anfang. Künftig werden die Netze das Rückgrat eines Energiesystems bilden, das dezentral und vielfältig ist und auf dem sich quirlige Aktivitäten abspielen. Entsprechend groß sind die Herausforderungen, die dafür gemeistert werden müssen.

Zukunft der Erzeugung
Vorbei sind die Zeiten, wo der Strom fast zur Gänze aus einigen wenigen großen Kraftwerken stammte, die eine gleichmäßige Last lieferten und bei Bedarf hinauf- oder hinuntergefahren werden konnten. Die Zukunft der Erzeugung liegt bei Wind- und PV-Anlagen, die durchwegs viel kleiner sein werden als herkömmliche Kraftwerke. Dazu kommt eine Vielzahl von privaten Prosumern. Das sind überwiegend Privathäuser, Bauernhöfe und Gewerbebetriebe, die PV-Paneele installiert haben und entweder Strom ans Netz liefern oder aber welchen von dort beziehen wollen – je nachdem, ob die Sonne gerade scheint oder nicht. Der Gesetzgeber wird ermöglichen, dass sich solche Privaterzeuger in der Nachbarschaft zu Energiegemeinschaften zusammenschließen und Strom untereinander austauschen können. Die präzise Messung von Erzeugung und Verbrauch sowie die korrekte Abrechnung muss der örtliche zuständige Netzbetreiber übernehmen.

Technologische Umwälzungen dieser Art betreffen übrigens keineswegs nur den Strom, auch wenn sie dort wohl am spektakulärsten sind. Auch in Gas- und Wärmenetzen sind immer intelligentere Regelungssysteme und innovative Materialien in Gebrauch. Fernkälte ist eine begrüßenswerte, aber noch relativ neue Entwicklung.

Die wohl größte Herausforderung der nächsten 10 bis 15 Jahre liegt in der Sektorkopplung und Sektorintegration. Die Bereiche Strom, (grünes) Gas, Wärme, Kälte und Mobilität müssen miteinander vernetzt und zu einem Gesamtsystem zusammengeführt werden. Nur dann haben wir die Chance, unsere Energieversorgung CO2-neutral, aber zugleich effizient und sicher zu gestalten.

Rahmenbedingungen
Es liegt auf der Hand, dass solche Veränderungen entsprechend passende rechtliche Rahmenbedingungen brauchen. Die Energienetze sind durchwegs regulierte Infrastruktur-Monopolbetriebe. Sie sind von Entscheidungen der Politik und des Regulators abhängig, sowohl was die Zulässigkeit ihrer Tätigkeit im Einzelnen betrifft als auch hinsichtlich der Finanzierung von langfristigen Investitionen.

Für die Umsetzung der Sektorkopplung ist es ein Nachteil, dass die einzelnen Sektoren nicht nur technisch, sondern auch rechtlich und regulatorisch strikt voneinander getrennt sind. Das zeigt sich zum Beispiel auch im aktuellen Entwurf zum Erneuerbaren-Ausbaugesetz (EAG), wo Gas und seine Möglichkeiten (zum Beispiel als Speicher für Strom, der durch Elektrolyse umgewandelt wurde) nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Das EAG ist zweifellos ein wichtiger Schritt. Es ist auch zu begrüßen, dass wir ein eigenes Wärmegesetz und ein Energie-Effizienz-Gesetz bekommen. Aber was die Energiezukunft wirklich braucht, ist ein einheitlicher und abgestimmter rechtlicher Rahmen. Die Sektorkopplung braucht auch eine Kopplung der Gesetze, bei der die Politik das gleiche Ziel haben sollte wie die Techniker in den Netzen: höhere Effizienz

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