Sonntag, Mai 05, 2024
Weg vom Gas?

Bis 2023 sollen Ölheizungen, ab 2040 auch Gasheizungen in Österreich Geschichte sein, so sieht es das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz, kurz EWG, vor. Allerdings ist das Gesetz bis dato noch nicht in Kraft getreten. Und auch im Detail spießt es sich noch.

Der Weg, den das EWG beim Ausstieg aus fossilen Heizungen vorsieht, ist sehr klar und deutlich. Ab 2023 sollen nur noch erneuerbare Heizsysteme eingebaut werden. Das gilt sowohl bei Neubauten als auch für defekte Heizsysteme. Ab 2025 müssen dann auch ältere Modelle ausgetauscht werden. Bis spätestens 2040 wollen wir fossilfrei beim Heizen sein. Um den Austausch zu fördern, stehen bis 2026 rund zwei Milliarden Euro an Fördergeldern zur Verfügung. Die Umsetzung des Gesetzes scheiterte bisher jedoch an der dafür notwendigen Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. Tatsächlich könnte sich ein Umstieg in der Praxis holprig gestalten und auch Änderungen im Wohnungseigentumsgesetz sowie im Mietrecht erfordern. Derzeit können sowohl Wohnungseigentümer als auch Mieter die Errichtung von erneuerbaren Heizsystemen verhindern. Es geht – wie so oft – um die Kosten.

Ein holpriger Start fürs Erneuerbaren-Wärme-Gesetz.

Opt-Out-Möglichkeit gegen Erneuerbare Wärme

Im Wohnungseigentümergesetz ist festgelegt, dass bei gemeinschaftlichen Baumaßnahmen und eben auch beim Austausch von Heizsystemen die Wohnungseigentümer mehrheitlich zustimmen müssen. Diese könnten mit der Opt-Out-Möglichkeit eine Umstellung verhindern. Auf der anderen Seite gibt es ein Umstellungsgebot. Eine schwierige Aufgabe für Hausverwaltungen, die für Umsetzung zuständig sind. 

Mieterrechte gegen Erneuerbare Wärme

Im aktuellen Mietrecht können Mieter eine Umstellung des Heizsystems verweigern. Der Vermieter muss dies aber durchsetzen können, um den Heizungsumstieg zu gewährleisten. Dazu ist eine Änderung im Mietrechtsgesetz (MRG) erforderlich. Ein weiterer offener Punkt betrifft die Dauer der Umbauphase. Während das neue Heizsystem eingebaut wird, werden Handwerker auch in den Wohnungen zugange sein. In dieser Zeit wird der Mieter in der Nutzung seiner Wohnung beeinträchtigt. Hier ist zu klären, ob Mieter für die Dauer des Umbaus den Mietzins mindern dürfen.

Wer trägt die Kosten?

Ein besonders heikler Punkt sind die Kosten. Denn wer die Kosten für den Heizungsumbau tragen muss, ist noch nicht geklärt. Der Umbau wird zwar gefördert, doch diese Förderung wird nur einen Teil der Kosten abdecken. Wer zahlt den Rest? Prinzipiell werden die Umbaumaßnahmen wohl die Liegenschaftsbesitzer übernehmen müssen. Aber während Wohnungseigentümer zumindest langfristig von niedrigeren Energiekosten und einem höheren Wiederverkaufswert profitieren können, sieht die Lage bei Vermietern anders aus. Hier profitieren hauptsächlich die Mieter. Bei Neubauten und auf dem freien Wohnungsmarkt können die Vermieter zwar die Miete entsprechend festsetzen. Doch weder in bestehenden Mietverträgen noch im Altbau ist eine Mieterhöhung (abseits von Index­anpassungen) vorgesehen. Für Vermieter könnte damit der Umstieg auf ein erneuerbares Heizsystem finanziell schwierig werden. 

Trügerischer Stillstand

Dass der Ausstieg aus fossilen Heizsystemen kommt, ist fix – auch wenn das EWG noch nicht in Kraft ist. Und ebenso fix ist, dass der Umstieg nicht nur Kosten verursacht, sondern auch Zeit für die Planung und Umsetzung benötigt. Umso wichtiger sind die entsprechenden Anpassungen im Wohnungseigentums- sowie Mietrechtsgesetz, um rechtliche Klarheit zu schaffen und Blockaden zu verhindern.


Monitoringstelle für Energieeffizienz

Mit dem Mitte Juni kundgemachten Energieeffizienzgesetz wurde die E-Control zur nationalen Energieeffizienzbehörde ernannt. Sie wird damit künftig für das Monitoring und die Evaluierung der Energieeffizienzziele in Österreich verantwortlich sein. Mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt wird die E-Control mit der Einrichtung der behördlichen Funktion beginnen, »um so schnell wie möglich operativ tätig werden zu können«, heißt es in einer Mitteilung.

Mit dem Gesetz soll auch das Thema Energiearmut adressiert werden. Darüber hinaus sind Energieeffizienzverpflichtungen des Bundes, Auditverpflichtungen bei großen Unternehmen, Qualitätsstandards bei Energiedienstleistungen, die Installationen von individuellen Verbrauchserfassungen und das verpflichtende Beratungsangebot von Energieversorgern wesentliche Säulen für die Steigerung der Energieeffizienz.

Auf europäischer Ebene steht die neue Energieeffizienzrichtlinie kurz vor der Veröffentlichung. Sie wird die Anforderungen an die Mitgliedsländer weiter nach oben schrauben. »Die Energiekrise hat gezeigt, dass ein gemeinsames Vorgehen in der europäischen Energiepolitik dringend notwendig ist«, heißt es bei der E-Control.


Die Autorin

Julia Fritz ist Partnerin bei PHH Rechtsanwält*innen und Leiterin des Real Estate Teams.

Über PHH Rechtsanwält*innen:

PHH Rechtsanwält:innen GmbH ist eine der führenden Wirtschaftskanzleien Österreichs. Insgesamt zehn PHH-Partner und rund 70 Mitarbeiter:innen arbeiten in Experten-Clustern, die von M&A über Prozessführung, Bank- und Finanzrecht, Steuerplanung bis hin zu Immobilienrecht reichen.

Mehr Infos unter: www.phh.at

(Bilder: iStock, PHH Rechtsanwält*innen)

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