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Gamechanger Digitalisierung
Die Digitalisierung des Bauwesens und die damit verbundene Automatisierung zahlreicher Planungs- und Bauprozesse gewinnen an Fahrt. Als Hürden treten nach wie vor heterogene Datenformate und fehlende Schnittstellen auf, was die Integration digitaler Lösungen erschwert, berichten Bauunternehmen.
Bis vor einigen Jahren arbeitete das Schwarz Architekturbüro wie viele Planungsbüros mit einer klassischen Ordnerstruktur, per E-Mail-Kommunikation und mit Vorlagen in Word oder Excel. Mängel oder Aufgaben auf der Baustelle wurden z. B. mit Fotos dokumentiert, Baubesprechungen händisch vorbereitet. »Jede dieser Tätigkeiten dauerte zwar nur Minuten, summierte sich aber über viele Projekte hinweg zu erheblichem Aufwand«, erinnert sich Geschäftsführer Bernd-Simon Schwarz. Seit 2020 begleitet die Software Capmo Bauprojekte von der Bestandsaufnahme in Leistungsphase 1 bis zur Fertigstellung in Leistungsphase 9 und entlastet deutlich.
Palfinger setzt auf die digitale Plattform Connected plus+. »Sie ermöglicht eine datenbasierte Einsatzplanung, eine kontinuierliche Zustandsüberwachung sowie eine vorausschauende Wartung durch Echtzeitdaten«, informiert Walter Haberl, Product Line Leader Aerial Work Platforms. Mit Smart Manufacturing, digitalen Zwillingen und robotergestützten Schweißprozessen spielen digitale Innovationen bereits in der Produktion eine wesentliche Rolle. »Wir nutzen auch Machine Learning im Grundsetup unserer Geräte sowie spezifische Betriebsinformationen der Plattform Palfinger Connected zur Service-, Wartungs- und Einsatzoptimierung«, ergänzt Andreas Hille, Senior Vice President, verantwortlich für den Bereich Global Product Line Management und Forschung, Entwicklung. Assistenzsysteme wie die Seilwindensynchronregelung und die Rope Tension Control unterstützen Kranführer, komplexe Hebevorgänge sicherer und schneller durchzuführen.
Auch Leyrer + Graf vertraut auf KI. »Wir versuchen, KI stärker in den Tagesablauf zu integrieren, um diesen smarter zu gestalten, wie z. B. Besprechungen zusammenzufassen, Termine zu erfassen oder einfach als Sparringpartner bei Entwicklungen oder Recherchearbeiten«, so Patrick Ullrich, Geschäftsfeldleiter Engineering. Jeder sei aber auch persönlich gefordert, KI im privaten Umfeld stärker zu nutzen. »Das nimmt die Angst vor dem Mythos KI, die momentan noch ein bisschen über uns schwebt.«
Bedarf ist ersichtlich
»Das Potenzial für Digitalisierung ist enorm groß, was auf der Hand liegt«, betont Patrick Ullrich. Eine Fülle stets wiederkehrender Aufgaben, Tätigkeitsfelder, die etwa im Automobilbereich längst von Robotern und digital gesteuert gelöst sind, müssen auf Baustellen weiterhin in Handarbeit und mit dem Einsatz von Körperkraft erfüllt werden. Nur weil händisch eine Künette gegraben wird, würde das aber nicht heißen, dass man nicht digitalisiert sei. Vor allem die Automatisierung repetitiver Aufgaben durch KI-Unterstützung und der Einsatz von Robotern und Maschinen zum Mauern, Verputzen, für die Baustellenüberwachung, das Aufmaß oder zur Steigerung der Qualität und Sicherheit im Baubetrieb wächst deutlich.
Im Tiefbau arbeiten bei Leyrer + Graf bereits die meisten Maschinen 3D-gesteuert. Ein Problem sieht Ullrich einerseits in der Vielzahl der Schnittstellen. »Jeder kocht sein eigenes Süppchen. Wenn dann alle auf der Baustelle zusammenkommen, wird es vielfach schwierig« – andererseits am deutlichen Cut zwischen Bauen und Planen. »Wir sind in den Planungsprozess nicht integriert, können nicht mitwirken.« Dadurch können Informationen nicht nahtlos weitergeführt bzw. überführt werden, was wiederum zu Informationsverlusten führt.
3D übernimmt
Digitalisierung verändert laut Andreas Hille die Funktionsweise moderner Kran- und Hebelösungen grundlegend. »Früher haben Maschinen rein mechanisch und reaktiv gearbeitet. Durch digitale Systeme entwickeln sie sich zunehmend zu cyber-physischen Systemen, d. h. dass Sensorik, Datenverarbeitung und Vernetzung in Echtzeit zusammenwirken.« Damit entstehe eine höhere Systemintelligenz, die über reine Steuerung hinausgeht, etwa durch proaktive Wartung, adaptive Assistenzsysteme oder eine individuelle Anpassung an unterschiedliche Einsatzszenarien. Auf modernen Baustellen werden inzwischen vermehrt Kameras, 3D-Laserscanner und Sensoren installiert, etwa stationär auf Drohnen oder an Baumaschinen angebracht, die kontinuierlich Daten über den Baufortschritt sammeln. KI-gestützte Software wertet diese Flut an Bildern und Scans in Echtzeit aus und bewertet, wie weit die Ausführung dem Bauplan entspricht, welche Bauteile bereits korrekt verbaut sind und wo Abweichungen auftreten. Menschliche Fachkräfte unterstützt KI durch Assistenzsysteme, die in Echtzeit beraten, informieren oder vor Gefahren warnen. KI-Systeme dienen zur Überwachung von Baustellen in Echtzeit und Optimierung von Material- und Geräteeinsatz.

Bild: Zwischen Bauen und Planen sieht Patrick Ullrich (Leyrer + Graf) einen deutlichen Cut: »Hier liegt die größte nicht funktionierende Schnittstelle.« Das wandle sich aber aktuell. Im Innovationslabor arbeitet das Unternehmen an Lösungen von morgen.
Sicher und kosteneffizient
»Viele Bauunternehmen, Planungsbüros und Co halten noch an lokalen Serversystemen und On Premise-Systemen fest, weil sie in der Vergangenheit viel in diese investiert haben. KI kann dann nicht ihr volles Potenzial entfalten, da sie nicht auf den gesamten Projektkontext zugreifen kann«, warnt Florian Biller, CEO bei Capmo. Damit fehle es aber auch an Datensicherheit, denn in der Cloud seien Daten deutlich sicherer als auf dem lokalen Server. »Das ist zigfach beschieden. Ziel von Hackerangriffen sind meistens Firmen, die ihre Daten intern speichern, weil sie gar nicht die Fähigkeit haben, sie so zu schützen wie ein großer Cloudanbieter.«
Auf eine Neuerung verweist ISHAP – das Digitale Bauwerk wird ab Anfang 2026 mit einer komplett neuen Oberfläche vorliegen. »Derzeit bieten wir eine globale Ansicht auf das Gebäude, künftig wird mehr spezifische Kundenperspektive in die Oberfläche gebracht. Dabei spielt KI eine entscheidende Rolle«, informiert Geschäftsführer Jan Hehenberger. Das Argument der hohen Kosten weist er zurück. »Selbst der kleine Zweimann-Elektrikerbetrieb erzielt bereits nach kurzer Zeit deutliche Effizienzgewinne.«
Blick über die Grenzen
Global betrachtet befindet sich die Bauwirtschaft an einem digitalen Wendepunkt, ab dem KI eine Schlüsselrolle spielen kann und wird. In führenden Bauwirtschaften weltweit – USA, China, aber auch in Skandinavien – gibt es erhebliche Initiativen, KI im Bauwesen zu implementieren. Laut der Studie »Anwendung von künstlicher Intelligenz im Baugewerbe« im Auftrag der Zukunftsagentur Bau, ZAB, investiert China stark in Bau-Automatisierung und KI-Überwachung großer Bauvorhaben. Japan reagiert auf den Arbeitermangel mit robotergestützter Bauproduktion, in den USA treiben sowohl Startups im Silicon Valley als auch große Konzerne die Entwicklung voran.
Digital nachhaltig
Durch die Vernetzung aller Bauphasen kann etwa die spätere Gebäudewartung schon bei der Planung optimiert werden, die genaue Erfassung von Baustoffen ermöglicht das Recycling verwendeter Materialien, Automatisierung kann den Energieverbrauch reduzieren und Fehler schon im Ansatz erkennen. »Das wäre ein großer Hebel auch im sozialen Wohnbau. In der heutigen Praxis habe ich das aber noch selten gesehen«, berichtet Wolf-Dietrich Denk, Geschäftsführer von FCP. Hehenberger erkennt die Notwendigkeit von KI zum Auslesen von Sensorikdaten. »Auch in einem modernen Wohngebäude entstehen Massen an Sensordaten etwa zur Erhöhung der Sicherheit, Steigerung der Energieeffizienz und Verbesserung des Wohnkomforts. Man wird, ohne auf KI zu setzen, scheitern.«
Hintergrund: 123erfasst jetzt mit Kalkulation
Die mobile Baumanagement-Software 123erfasst hat ihr Angebot um ein neues Kalkulationsmodul erweitert. Neben Zeiterfassung, Bautagebuch, Maschinenverwaltung und Fotodokumentation können Bauunternehmen und Handwerksbetriebe nun auch Angebote, Aufträge und Rechnungen direkt erstellen. Mit dem Modul entstehen Angebote in wenigen Sekunden, ganz ohne lange Schulungen. Ein Katalog mit Standardleistungen sorgt für einen schnellen Einstieg. Die Kalkulation ist nahtlos in die bestehende Software integriert, was die Verwaltung übersichtlich und effizient macht. Zudem ist die Kalkulation eng mit Zeiterfassung, Bautagebuch und anderen Modulen vernetzt. Cloud-Schnittstellen erlauben die direkte Weitergabe an Buchhaltung oder Lohnabrechnung.
Weitere Informationen unter www.123erfasst.de
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