Das chinesische Unternehmen Huawei verändert sich: Zwar ist Netzwerktechnologie noch wichtig, doch bei den Endgeräten wird man vom Whitelabel-Produzenten zum selbstbewussten Hersteller eigener Marken.
Während der vergangenen Jahre schaute Europa stets neidisch nach Osten – während man in der EU mit schwachem Wachstum und hoher Arbeitslosigkeit kämpft, macht die chinesische Wirtschaft regelrechte Quantensprünge. Als Trost blieb dem Westen bestenfalls, die Heimat weltweit bekannter Marken zu sein, während China meist als verlängerte Werkbank gesehen wurde, deren Marken beim Endkonsumenten nicht bekannt waren. Doch nun kommt alles anders: Während Ökonomen besorgt auf Chinas schwächelnde Volkswirtschaft blicken, feiern die Unternehmen ihre Erfolge.
Als Musterbeispiel gilt Huawei: 2013 konnte das Unternehmen laut jüngstem Finanzbericht den Umsatz um 8,5 % auf 239 Mrd. chinesische Yuan (27,8 Mrd. Euro) steigern. Das Geschäft mit Netzwerkinfrastruktur, das seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 1987 essentiell ist, ist nach wie vor wichtig – doch der Endkonsument gewinnt an Bedeutung, wie Scott Sykes, Head of International Media Affairs bei Huawei, betont: Vor drei Jahren hatte man beschlossen, dem Endkonsumenten mehr Aufmerksamkeit zu schen ken und nicht mehr nur »Whitelabel«- Lösungen – also von Huawei gestaltete Produkte für fremde Marken –, sondern auch Produkte unter der eigenen Marke zu vertreiben. Dazu zählen Smartphones und Tablet-PCs, aber auch Settop-Boxen für das Wohnzimmer und Wearable Technologies, etwa Smartwatches. Im Jahr 2011 wurden noch 20 Millionen Smartphones verkauft, 2013 waren es 52 Mio. – und heuer will man bereits 80 Mio. Smartphones verkaufen. »Wir erwarten jährlich 10 % Wachstum bei Smartphones«, sagt Sykes. Laut Marktforscher IDC war Huawei 2013 bereits der drittgrößte Smartphone-Hersteller, mit einem Marktanteil von 4,9 % – hinter Samsung und Apple, dicht gefolgt von LG.
Heute China, morgen die Welt
Der hohe globale Marktanteil ist nicht alleine auf die große Bevölkerung Chinas zurück zu führen – ganz im Gegenteil: Rund 70 % des Umsatzes werden außerhalb Chinas erwirtschaftet. In 140 Ländern ist das Unternehmen nun aktiv; seit Beginn der internationalen Expansion vor 16 Jahren ist die Zahl der Mitarbeiter von 2000 auf 150.000 Personen gewachsen. In Österreich ist Huawei seit 2006, laut Sykes arbeiten in der hiesigen Niederlassung rund 80 Mitarbeiter: »Und wir arbeiten mit jedem österreichischen Mobilfunkbetreiber in irgendeiner Form zusammen.«Skepsis ist angesichts dieser Wachstumszahlen und der internationalen Expansion weit verbreitet – die Vorwürfe gegen Huawei reichen von Ideenklau über Preisdumping bis hin zu Spionage und Einflussnahme der chinesischen Regierung.
In puncto Ideenklau kann Sykes mit Zahlen kontern: »Im Jahr 2013 haben wir 14 % unseres Umsatzes in Forschung und Entwicklung investiert, nach durchschnittlich 10 % seit der Firmengründung«, sagt er. Weltweit betreibt Huawei 16 F&E-Zentren, laut Sykes gehört das Unternehmen inzwischen zu den Top fünf der Patentanmeldungen im IKT-Sektor. Außerdem zahlen die Chinesen jährlich rund 300 Mio. Dollar Lizenzgebühren. Als Resultat dieser F&E-Aktivitäten nennt Sykes die Technologie »SingleRAN« (»radio access network«), mit der es leichter sein soll, Mobilfunknetzwerke aufzurüsten – diese Technologie wurde an 140 Betreiber welt weit verkauft.
Damit argumentiert das Unternehmen auch gegen den Vorwurf, nur durch Preisdumping Marktanteile zu gewinnen: »Das ist nicht logisch, denn kein Betreiber würde fehlerhafte Ausrüstung kaufen«, sagt Sykes: Huawei liefere gute Qualität zu einem vernünftigen Preis – und sei bei manchen Angeboten nicht mal der billigste Anbieter.
Und der chinesische Staat? Mischt der mit? Dagegen spricht laut Sykes die Eigentümerstruktur: Die Regierung hält keine Anteile an Huawei, stattdessen sind die Mitarbeiter Eigentümer des Unternehmens – nach zwei bis drei Jahren Betriebszugehörigkeit haben sie die Möglichkeit, Aktien von Huawei zu kaufen; für selbige gibt es allerdings keinen Zweitmarkt und somit auch keine Spekulation wie an herkömmlichen Aktienmärkten. Was auch die Frage für potenziell interessierte Investoren beantwortet: Ein IPO ist für die nächsten fünf bis zehn Jahre nicht geplant.