Initiativen für die Schaffung leistungsfähiger Infrastrukturen wurden in Österreich bislang von großen Telekomfirmen und Tiefbau-Konsortien getrieben. Entweder werden Tunnel gebaut oder Kabel verlegt – das wird in Österreich primär zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Wohlstand unternommen. Aber ist das auch nachhaltig genug?
Zur Erstellung einer repräsentativen Studie hat der Verband Österreichischer Software Industrie (VÖSI) gemeinsam mit der Wirtschaftskammer eine Erhebung der Branchenkennzahlen in Auftrag gegeben. Anlass dafür war die Unzufriedenheit mit bisherigen Studien und Masterplänen, die zu wenig auf die Spezifika der Softwareindustrie Rücksicht genommen haben. Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache.
Rund 400.000 Beschäftigte verdanken ihren Job der österreichischen IT-Branche, Sekundäreffekte eingerechnet. Jeder neue Job, der hierzulande in der IT geschaffen wird, resultiert kurzfristig in mehr als drei zusätzlichen Jobs. Jede Milliarde, die in IT und Software-Leistungen investiert wird, ergibt laut Studie rund 2,3 Mrd. Euro nationale Wertschöpfung.
Mit einem gesamten Personalaufwand von über 4,6 Mrd. Euro und mehr als
8 Mrd. Euro an konsumierten Vorleistungen wird somit österreichweit ein Umsatz von über 14 Mrd. Euro erzielt.
Im Branchenvergleich sind die Umsätze des IT-Sektors im vorderen Feld angesiedelt, nach umsatzintensiven Wirtschaftszweigen wie Handel, Finanzsektor, Bau, Verkehr und Energieversorgung – vergleichbar etwa mit den Umsätzen in den Bereichen Beherbergung und Gaststätten oder Maschinenbau. Der Software- und IT-Bereich schafft direkt fast 5,4 Mrd. Euro Wertschöpfung in Österreich. Durch Vorleistungen kommen österreichweit indirekt noch einmal 3,7 Mrd. hinzu. Darüber hinaus werden in allen anderen Branchen in der Gesamtwirtschaft durch Kaufkrafteffekte weitere 3,2 Mrd. Euro geschaffen. In Summe ergeben sich daher gesamte Effekte von etwa 12,3 Mrd. Euro Wertschöpfung. Da dabei die Anwendungsmultiplikatoren von Software und die langfristigen Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung durch die Verfügbarkeit entsprechender Technologien noch nicht berücksichtigt wurden, sind die Gesamteffekte sogar noch wesentlich größer. Im Branchenvergleich befindet sich der Software- und IT-Bereich in Bezug auf die Wertschöpfungsmultiplikatoren gemeinsam mit den Branchen Autoindustrie, Textilien und Maschinenbau somit im Spitzenfeld. Lediglich die Bereiche Forschung und Entwicklung sowie Energie weisen etwas höhere Multiplikatoren auf.
Forderungen an die Politik
Der VÖSI erwartet sich daher eine Bereitschaft der Politik- und Wirtschaftsgremien zu einem breit angelegten Dialog, wie diese positiven Effekte effizient genutzt werden können. Die Regierung muss die wesentliche Bedeutung der Branche endlich erkennen. Tatsache ist, dass die Anliegen der Softwarebranche auf viele Ministerien aufgeteilt sind. Ziel ist die Errichtung einer Stabstelle und Benennung eines zentralen Ansprechpartners für sämtliche Angelegenheiten der IT-Wirtschaft. Wünschenswert ist ein eigenes IT-Ministerium. Diese Position kann auch sehr gut von einem Staatssekretär im Bundeskanzleramt erfüllt werden.
Eine ressortübergreifende Software- und IT-Offensive soll gestartet und vorangetrieben werden. Im Rahmen dieser Offensive müssen die Gespräche und die Zusammenarbeit mit Wirtschaftskammer, Ausbildungssektor und anderen Institutionen weiter intensiviert werden. Wesentlich ist die Bündelung aller Interessen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen: eine intensive Förderung und Weiterentwicklung der Software- und IT-Branche für ein international erfolgreiches Softwareland Österreich.
Ich bezweifle, dass wir die kommenden Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte mit Telekom- und Straßenbau-Agenden alleine bewältigen werden können. Auch darf bezweifelt werden, dass bei diversen Jagdgesellschaften ein gesteigertes Verständnis für die Bedürfnisse der heimischen IT-Wirtschaft herrscht. Aber das ist eine andere Geschichte.
> Klaus Veselko ist Vorstand des Verbandes Österr. Software Industrie.