Montag, April 29, 2024
Die fünf Technologietrends für das Jahr 2024
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Mit der Studie "TechnoVision Tech Trends 2024" hat Capgemini Schlüsseltechnologien vorgestellt, die im kommenden Jahr einen neuen Reifegrad erreichen werden. Generative KI hat die Technologielandschaft zuletzt entscheidend geprägt und wird auch im nächsten Jahr im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion stehen. Aber auch weitere Technologien werden den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt im Jahr 2024 maßgeblich beeinflussen.

„Die transformative Wirkung von Technologie ist in den letzten Monaten deutlicher denn je geworden. Generative KI ist das beste Beispiel dafür, aber bei weitem nicht das einzige“, sagt Arun Varghese, Head of Practices bei Capgemini Österreich. „Unsere Expertinnen und Experten setzen sich jeden Tag mit einer breiten Technologielandschaft auseinander, um Innovationen für unsere Kunden nutzbar zu machen und wichtige technologische Durchbrüche frühzeitig zu erkennen. Neben generativer KI werden wir in 2024 besonders neue Entwicklungen in den Bereichen Halbleiter, Post-Quantum-Kryptographie, Batterietechnologien und Weltraumforschung im Blick haben. Diese Technologien können maßgeblich dazu beitragen, die dringendsten Herausforderungen für unsere Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt zu bewältigen.“

Bild: Arun Varghese leitet den Bereich "Practices" bei Capgemini in Österreich.

Die fünf wichtigsten Technologie-Trends für 2024:

Generative KI: Kleine Modelle kommen groß raus
Generative KI hat Ende 2022 und im Jahr 2023 einen fulminanten Auftritt hingelegt und hohe Erwartungen hinsichtlich ihrer Wirkung in Unternehmen geweckt. Wird generative KI im kommenden Jahr dem enormen Hype gerecht werden, den sie ausgelöst hat? Die kurze Antwort darauf lautet: Ja. Large Language Models werden weiterhin florieren. Gleichzeitig wird der Bedarf an kleineren, kosteneffizienteren Modellen wachsen. Diese werden immer kleiner und können auch mit begrenzten Verarbeitungskapazitäten ausgeführt werden, beispielsweise auf kleineren Enterprise-Architekturen.

Im Jahr 2024 werden neue KI-Plattformen außerdem verstärkt sogenannte Halluzinationen bekämpfen, indem sie generative KI-Modelle mit hochwertigen Informationen aus Wissensgraphen kombinieren. Um all diese Entwicklungen zu unterstützen, werden Plattformen entstehen, mit welchen Unternehmen generative KI-Werkzeuge ohne tiefes technisches Know-how nutzen können. Langfristig werden so miteinander verbundene Modell-Netzwerke für spezifische Aufgaben und generative Multi-Agenten-Ökosysteme geschaffen.

Dieser Trend deutet auf eine Entwicklung zu einer zugänglicheren, vielseitigeren und kostengünstigeren Technologie hin. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie Anwendungsfälle für generative KI schneller skalieren und gleichzeitig einen größeren langfristigen Nutzen aus der Technologie ziehen können.

Quanten-Technologie: Wenn Cyber auf Qubits trifft
Derzeit findet ein Cyber-Wettrüsten statt, bei dem Fortschritte in der Rechenleistung mit digitalen Verteidigungsmechanismen einhergehen müssen. Beispielsweise werden KI und maschinelles Lernen (ML) zunehmend eingesetzt, um Bedrohungen zu erkennen. Außerdem könnte das Zero-Trust-Modell zu einem globalen Standard werden. Zugleich zeichnet sich eine neue Bedrohung ab: Fortschritte im Quantencomputing bedrohen derzeitige Verschlüsselungsstandards wie RSA und ECC. Das macht die Entwicklung quantenresistenter Algorithmen dringend notwendig, um Datenschutz und Datensicherheit auch in Zukunft zu gewährleisten.

In den USA wird das National Institute of Standards and Technology (NIST) im Jahr 2024 den Standard für die sogenannte Post-Quantum-Kryptographie (PQC) – Verschlüsselungsalgorithmen, die gegen Quantenangriffe resistent sein sollen – veröffentlichen. Der Quantum Computing Cybersecurity Preparedness Act schreibt vor, dass öffentliche und private Organisationen, welche die US-Regierung beliefern, innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung der NIST-Standards auf PQC umstellen müssen. Nicht nur in den USA, sondern weltweit könnte damit die Grundlage von Cybersicherheitsstandards auf den Kopf gestellt werden. Daher wird dieses Thema in 2024 zwangsläufig in den Vorstandsetagen auf der Tagesordnung stehen.

Halbleiter: Das Mooresche Gesetz ist nicht tot, aber es wandelt sich
Als weltweit meistgehandeltes Produkt (laut WTO mittlerweile vor Rohöl und Kraftfahrzeugen) sind Halbleiter ein entscheidender Wegbereiter der digitalen Transformation. Das Mooresche Gesetz besagt, dass sich die Rechenleistung eines Mikrochips alle zwei Jahre verdoppelt, während sich die Kosten halbieren. Stößt diese Theorie jetzt an ihre physikalischen und wirtschaftlichen Grenzen? Die Halbleiterindustrie steht vor einer Zeitenwende. Die Chips erreichen eine Größe von 2 nm, Transistoren nähern sich der Größe einiger Atome, und die notwendigen Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in hochmoderne Fertigungsanlagen werden selbst für die größten Chiphersteller zu einer Herausforderung. Im Jahr 2024 dürfte eine Weiterentwicklung des Mooreschen Gesetzes zu neuen Paradigmen führen. Obwohl sich Chiplets der absoluten physikalischen Grenze der Chip-Miniaturisierung nähert, wird die Rechenleistung dank Durchbrüchen beim 3D-Chip-Stacking, Innovationen in der Materialwissenschaft und neuen Formen der Lithografie weiter steigern.

Alle Branchen erwarten durch leistungsfähigere vernetzte Objekte eine beschleunigte digitale Transformation  – seien es Smartphones und Elektrofahrzeuge oder Rechenzentren und Telekommunikationssysteme. Diese Transformation wird sich in Veränderungen des Ökosystems der Halbleiterindustrie selbst widerspiegeln. Im Jahr 2024 werden daher neue Gigafabriken, Regulierungen, Geschäftsmodelle und Fertigungs-Services entstehen.

Batterien: Die Leistungskraft der neuen Chemie
Die Leistung von Batterien zu verbessern und gleichzeitig ihre Kosten zu senken ist sowohl für Unternehmen als auch für Regierungen ein wichtiges Anliegen. Ziel ist es, die Elektromobilität zu unterstützen und die Langzeitspeicherung von Energie früher umfassend zu ermöglichen, was für die Energiewende und den Aufbau intelligenter Netze entscheidend ist. LFP (Lithium-Ferro-Phosphat) und NMC (Nickel-Mangan-Kobalt) setzen sich als Standard in der E-Mobilität durch. Gleichzeitig werden weitere Batterietechnologien erforscht, etwa kobaltfreie (Natrium-Ionen) oder Festkörperbatterien, die voraussichtlich 2024 auf den Markt kommen werden. Letztere stellen einen bedeutenden Wandel in der Batterietechnologie dar, insbesondere für Elektrofahrzeuge: Sie weisen im Vergleich zu herkömmlichen Batterien eine höhere Energiedichte (d. h. Speicherkapazität) auf und sind gleichzeitig kostengünstiger. Außerdem verringern sie die Abhängigkeit von Materialien wie Lithium, Nickel, Kobalt, Seltenen Erden und Graphit, und versprechen eine längere Lebensdauer sowie mehr Sicherheit.

In einer Wirtschaft und Gesellschaft, die von der Energiewende und dem Kampf gegen den Klimawandel bestimmt wird, können diese neuen Entwicklungen zu mehr Wahlmöglichkeiten für die Batterieindustrie und zu einer nachhaltigeren Nutzung von Rohstoffen führen.

Weltraumtechnologien: Die Herausforderungen der Erde vom Weltraum aus angehen
Im Jahr 2024 wird sich die Menschheit auf die Rückkehr zum Mond vorbereiten. Das neue Interesse an Weltraumtechnologien wird die wissenschaftliche Forschung vorantreiben und dazu beitragen, die wichtigsten Herausforderungen der Erde zu lösen, unter anderem die Überwachung von Klimarisiken und Katastrophen sowie ein besserer Zugang zur Telekommunikation. Das neue Weltraumzeitalter wird nicht nur von staatlichen Einrichtungen, sondern auch von privaten Akteuren – von Start-ups bis hin zu Konzernen – vorangetrieben und durch verschiedene Technologien wie 5G, Satellitensysteme, Big Data oder Quantencomputer unterstützt. Im kommenden Jahr dürfte dies Innovationen beschleunigen und vielversprechende Projekte im Bereich nachhaltiger Raumfahrtantriebe (elektrisch oder nuklear) und neue Konstellationen in der erdnahen Umlaufbahn für nahtlose Kommunikation und Quantenkryptografie unterstützen.

Das letzte Weltraumrennen hat Innovationen wie Satellitentechnologie, GPS, integrierte Schaltkreise, Solarenergie und Verbundwerkstoffe entscheidend vorangebracht. Die Rückkehr zum Mond verspricht ähnliche Umwälzungen in den Bereichen Computing, Telekommunikation und Erdbeobachtung.

Über 2024 hinaus - Technologien, die die nächsten fünf Jahre bestimmen werden:

Klimafreundlicher Wasserstoff: Auf dem Weg zu einer glaubwürdigen Alternative zu fossilen Brennstoffen
Wasserstoff wird schon seit einiger Zeit als saubere Kraftstoffalternative angepriesen, da bei seiner Verbrennung nur Wasser entsteht. Die herkömmliche Wasserstoffproduktion ist jedoch energieintensiv und stützt sich häufig auf fossile Brennstoffe. Der Trend zu klimafreundlich erzeugtem Wasserstoff soll dies ändern, indem erneuerbare oder nukleare Energie für die Elektrolyse von Wasser genutzt wird. Dabei wird Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten, ohne dass Kohlenstoffdioxidemissionen entstehen. Fortschritte bei der Elektrolyseur-Technologie, einschließlich der Entwicklung von Protonenaustauschmembranen (PEM) und Festoxidelektrolyseuren, verbessern die Effizienz und senken die Kosten. Dennoch ist nachhaltig erzeugter Wasserstoff derzeit noch nicht wettbewerbsfähig, und es bestehen weitere Herausforderungen bei der Zuverlässigkeit und Skalierung. Im Rahmen ihrer Strategien, um CO2-Neutralität zu erreichen, investieren Regierungen und Unternehmen weltweit in großem Umfang in klimafreundlich erzeugten Wasserstoff, mit dem langfristigen Ziel die Produktionskosten maßgeblich zu senken.

Carbon Capture: Dekarbonisierung von CO2-intensiven Prozessen
Treibhausgasemissionen gemäß dem Pariser Abkommen zu verringern hat weiterhin oberste Priorität. Zugleich müssen verschiedene Industriezweige auch in Technologien zur Abscheidung von Kohlendioxid investieren, um ihre Dekarbonisierungsziele zu erreichen. Neue Methoden zur CO2-Abscheidung werden immer effizienter und weniger energieintensiv, unterstützt durch erhebliche öffentliche Investitionen, insbesondere in den USA und der EU. Dazu zählen Lösungsmitteltechnologien, die weniger Energie für die Abscheidung, Nutzung und Speicherung von CO2 benötigen, sowie feste Sorptionsmittel, die kostengünstiger sind und eine höhere CO2-Selektivität aufweisen. Darüber hinaus wird die Filterung von CO2  aus anderen Gasen mithilfe von Membrantechnologie optimiert, um ihre Effizienz und Skalierbarkeit zu verbessern. Dennoch steht die Kohlendioxidabscheidung immer noch vor großen Herausforderungen bei Kosten, Speicherung oder Umwandlung in industriellen Prozessen. Auch die Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre durch direkte Abscheidung aus der Luft (Direct Air Capture, DAC) wird intensiv erforscht. Allerding ist diese Anwendung im Vergleich zu den alternativen Lösungen zur Kohlendioxidabscheidung nach wie vor sehr teuer.

Synthetische Biologie: Die Kraft der Natur nutzen
Die Covid-19-Pandemie hat die Bedeutung von synthetischer Biologie für den Schutz der öffentlichen Gesundheit verdeutlicht und das immense Potenzial von Innovationen wie synthetischer mRNA für die schnelle Entwicklung von Impfstoffen aufgezeigt. Im November 2023 wurde ein wichtiger Meilenstein erreicht: Die britische Arzneimittelbehörde hat eine Therapie mit dem Gen-Editing-Werkzeug CRISPR-Cas9 zur Behandlung von Sichelzellkrankheiten genehmigt – die erste ihrer Art in der Geschichte der Medizin. Aber die Vorteile synthetischer Biologie gehen noch viel weiter: Sie ist ein interdisziplinäres Gebiet, das Biologie, Ingenieurwesen, Informatik und Biotechnologie miteinander verbindet und revolutionäre Anwendungen ermöglicht, die sich positiv auf Medizin, Landwirtschaft und ökologische Nachhaltigkeit auswirken können. Dabei kommen rasanter Fortschritt und kritische globale Bedürfnisse zusammen. Zu den Innovationen, die sich hier abzeichnen, zählen programmierbare Zellen und Organismen, die neue Medikamente, umweltfreundliche Chemikalien und nachhaltige Materialien herstellen können, sowie Durchbrüche bei der Genom-Editierung, die das Potenzial zur Heilung genetischer Störungen bieten. 

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