Freitag, März 29, 2024
Runder Tisch: Digitalisierung der Landwirtschaft

Österreichische Landwirt*innen setzen vermehrt auf digitale Services – vom Kundenportal der Landwirtschaftskammer über Verwaltungssysteme bis zu selbstlenkenden Traktoren. Welche Chancen und Herausforderungen sich durch datenbasierte Dienste, Serviceportale und Maschinensteuerung ergeben, diskutierte eine prominent besetzte Gesprächsrunde auf Einladung des IT-Dienstleisters adesso in Wien.

Auf unserem Report-Youtube-Kanal finden Sie das Video zum Gespräch und folgendem: Runder Tisch: Digitalisierung der Landwirtschaft

Die Diskutant*innen: 


v.l.n.r.: Heinrich Prankl, Johann Gram, Reto Pazderka, Ines Weigel, Harald Waitschacher und Reporter Martin Szelgrad (Bild: Milena Krobath)

Martin Karner ist kaufmännischer Direktor der Landwirtschaftskammer NÖ und Vorsitzender der Geschäftsführung LK-NÖ Holding (nicht im Bild).
Harald Waitschacher verantwortet die Öffentlichkeitsarbeit und ist Assistent des Vorstandes der Agrarmarkt Austria (AMA).
Heinrich Prankl ist Leiter für Forschung und Innovation der Ausbildungs- und Forschungsstätte für Agrartechnik Francisco Josephinum Wieselburg und Leiter der Plattform Digitalisierung in der Landwirtschaft des BMLRT.
Johann Gram ist als geschäftsführender Gesellschafter und Geschäftsführer von Austro Diesel im Vertrieb und Service von Massey-Ferguson-Landmaschinen in Zentral- und Osteuropa tätig.
Reto Pazderka ist Geschäftsführer des IT-Dienstleisters adesso Austria.
Ines Weigel, Managing Consulting adesso Austria, arbeitet an verschiedenen AMA-Projekten. Sie hat für ihre Masterarbeit im Studium »User Experience ­Management« digitale Unternehmensprozesse der AMA untersucht.


Martin Karner, Landwirtschaftskammer Niederösterreich. (Bild: pomassl-fotografie.at)

(+) plus: Welche allgemeinen Herausforderungen sehen Sie für den Agrarbereich derzeit – insbesondere im Hinblick auf die Digitalisierung?

Martin Karner: Die Covid-Krise hat gezeigt, wie wichtig heimische Versorgung mit Lebensmitteln und eine funktionierende Land- und Forstwirtschaft sind. Es tut gut, sich auf die Bäuerinnen und Bauern in Österreich verlassen zu können und Herkunft und Art der Verarbeitung unserer Lebensmittel zu kennen – umweltschonend produziert und mit dem Tierwohl im Vordergrund.

Digitale Technologien helfen beim punktgenauen Düngen oder der sparsamen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. So bekommen die Pflanzen bei der Bewässerung jene Wassermengen, die sie tatsächlich brauchen. In der Bildungswerkstatt Mold im Digitalisierungszentrum der Niederösterreichischen Landwirtschaftskammer arbeiten wir zudem auch mit Drohnenflügen. All diese Anwendungen helfen, Kosten zu sparen und Ressourcen und das Klima zu schonen.

Mehr als ein Drittel der Bäuerinnen und Bauern in Österreich nutzen bereits diese digitalen Hilfen. Gerade der Klimawandel ist für die heimische Landschaft eine große Herausforderung und eine ernstzunehmende Gefahr. Fast 100 Prozent der Landwirt*innen nehmen an dem ÖPUL-System (Anm. »Österreichisches Programm für umweltgerechte Landwirtschaft«) teil, wobei die Digitalisierung auch Transparenz in die Branche bringt – mit Webcams in Betrieben oder der Onlineverfolgung von Transporten entlang der gesamten Produktionskette. Wir werden noch weitere Möglichkeit finden müssen, um Vertrauen zu schaffen und die Konsument*innen einzubeziehen. Es gilt zu zeigen, wie umweltfreundlich und nachhaltig in Österreich produziert wird.

(+) plus: Sie setzen in einem aktuellen Projekt ein neues Kundenportal um. Was sind die Ziele des Portals und welche Schwerpunkte setzen Sie dabei?

Karner: Das neue Kundenportal der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, das wir seit einigen Jahren bereits mit dem Partner adesso entwickeln – auch die Landwirtschaftskammer Steiermark ist in diesem Projekt – wird im März gelauncht. Ziel ist, das Portal auf ganz Österreich auszurollen. Es soll die digitale Informationszentrale und Drehscheibe für unsere bäuerlichen Betriebe werden. 

Die Landwirt*innen werden die Möglichkeit erhalten, ihre Links in einem Dashboard selbst zu gestalten. Ein Weinbauer bekommt damit andere Informationen als ein Schweinezuchtbetrieb. Diese nach Sparten und Interessensgebieten zielgenaue Bereitstellung von Informationen wird auch mehr Effizienz für unseren Betrieb der Kammer ermöglichen.

Das Portal wird auch als App zugänglich sein und in der kompletten Kommunikation mit der jeweiligen Bezirkskammer und Landeskammer enorm Papier, Porto und Zeit sparen. Themen, die hier an zentraler Stelle abgerufen werden betreffen Umweltmaßnahmen, Förderungen, Erinnerungen bei bevorstehenden Fristenden, das direkte Buchen und Bezahlen von Aus- und Weiterbildungen, die digitale Aufbereitung von Befähigungsnachweisen für Pflanzenschutz, Warnhinweise bei Schädlingen und vieles mehr.


Harald Waitschacher leitet die Öffentlichkeitsarbeit und ist Assistent des Vorstandes bei der AMA. 
 
(+) plus: Die AMA hat sich in den letzten Jahren auch immer mehr zu einem Partner für die Landwirtschaft in Sachen Digitalisierung entwickelt. Wo geht die Reise hin, was dürfen wir in der Landwirtschaft im Sinne der Digitalisierung in den nächsten Jahren erwarten?

Harald Waitschacher: Die AMA bietet ihren Kund*innen bereits seit über 20 Jahren digitale Services auf den verschiedensten Ebenen an. Wir haben damals mit kleinen Projekten begonnen. Heute kommuniziert ein sehr großer Teil der Landwirt*innen digital mit uns. In Bereichen wie der digitalen Unterstützung der Markierung von Rindern mit Ohrmarken gibt es eine fast hundertprozentige Umsetzung – damit entfallen die Papierwege. Wir beobachten, dass die Leute zwar keine Angst vor der Digitalisierung, aber vor schlechten Lösungen haben.

Wir haben das auch in unserer eigenen Organisation erlebt: Mit komplexen Systemen setzen sich zwar die Profis auseinander, viele scheitern aber auch an einem digitalen Angebot, wenn dies zu wenig nutzerfreundlich gestaltet ist. Hier arbeiten wir daran, auch gemeinsam mit Partnern und immer unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen – die mitunter manchmal auch verbesserungswürdig wären – für die Zielgruppen optimierte Portale zu entwickeln.

Es ändern sich auch immer wieder die Anforderungen und Projekte, nun mit einer neuen GAP-Reform und der kommenden Fünfjahresperiode. Es gilt also, sich auch als Nutzer*in immer wieder auf Neues einzustellen. Gleichzeitig Förderanträge auf dem Papier und elektronisch abzuwickeln, bedeutet für uns aber doppelte Kosten. Hier wäre ein rechtlich eindeutiger Weg in Richtung digitaler Services hilfreich. Auf jeden Fall bedeutet das für uns, Services so zu gestalten, dass auch die Nutzung, die vielleicht wie bei FinanzOnline nur einmal im Jahr erfolgt, wesentlich erleichtert wird.

Das RTR-Korrektursignal für hochgenaue Lenksysteme (Anm. Seit Februar 2021 stellt das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen den Datendienst »Austrian Positioning Service (APOS)« für land- und forstwirtschaftliche Betriebe kostenfrei zur Verfügung) ist ein gutes Beispiel für die Vernetzung und Zusammenarbeit: Das Ministerium hat die kostenlose Nutzung ermöglicht, über das Serviceportal der AMA geschieht der Einstieg zu diesem Dienst und die Hersteller und Dienstleister aus der Privatwirtschaft kreieren bessere Produkte daraus.

Die neuen Maschinen bieten mittlerweile viele digitale Vorteile an – eine Herausforderung, auch Abläufe in der Verwaltung attraktiver zu machen. Auch bei den digitalen Prozessen bei Antragstellungen und dergleichen sollte es schnell und einfach funktionieren – bei der digitalen Signatur ebenso wie bei der elektronischen Zustellung.


Johann Gram, Austro Diesel. 

(+) plus: Sie bieten einen VR-Showroom von Massey Ferguson an. Welche Vorteile entstehen daraus für die Beteiligten und für die Kund*innen?

Johann Gram: Wir hatten bereits ein ganzes Jahr vor Corona begonnen, diesen Service mit dem Hersteller Massey Ferguson zu entwickeln. Ziel ist hier, Ausstellungsflächen auf Messen zu reduzieren und den Kund*innen die Möglichkeit zu geben, Landmaschinen-Produkte auch in einer anderen Form zu betrachten. Wenn man sich heute eine Virtual-Reality-Brille aufsetzt, fühlt man sich wie auf einem echten Traktor sitzend. Man erlebt das Produkt, kann es begreifen – in unterschiedlichsten Positionen und Blickwinkeln sogar besser als bei einer Messevorführung. Die Kund*innen können damit unsere Produkte rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr erleben und damit auch Erfahrungen sammeln.

Der Showroom mit derzeit 26 Fahrzeugmodellen wird in zwölf Sprachen geboten und hat weltweit monatlich 50.000 Besucher*innen. Ziel ist es, die gesamte Produktpalette von Massey Ferguson vom kleinen Kreiselheuer bis zum Großmähdrescher auf diese Weise zugänglich zu machen. Das ermöglicht auch uns ein wirtschaftlich effizientes Agieren auf Messen und darüber hinaus. Wir betreuten zwölf Länder in Zentraleuropa und gerade in Zeiten von Corona-Beschränkungen erreichen wir so auch unsere Zielgruppen online.

(+) plus: Was ist in den Bereichen Telemetrie und Guidance von den Herstellern zu erwarten? Und welche Vorteile erwachsen daraus?

Gram: Die Anwendung von Systemen für die Spurführung nehmen auch bei den relativ klein strukturierten Betrieben in Österreich bereits stark zu. Bei unseren neuen Traktoren sind automatische Lenk- und Spurführungssysteme bereits an Bord. Zusätzlich werden die Signal- und Korrekturdaten als Service kostenlos geboten und sind damit für jeden Landwirt zugänglich. Die Automatisierung spart Zeit und reduziert eingesetztes Material wie etwa Saatgut und Düngemittel – und auch Betriebsmittel wie Diesel und Einsatzstunden von Traktoren.

Ein wachsender Bereich ist bei uns das Telemetriesystem MF Guide, bei dem Traktoren unterschiedlichste Daten mit Endgeräten, Laptop oder Smartphone austauschen. Sehr vorteilhaft ist so etwas auch für Service­anbieter wie etwa im Winterdienst, die damit geleistete Arbeitsbereiche und Arbeitszeiten genau belegen und so auch einfacher abrechnen können. Zudem lassen sich dadurch die Serviceintervalle bei den Maschinen verbessern. Diese werden dann nicht mehr an starr festlegten Stunden, sondern an der tatsächlichen Nutzungsintensität ausgerichtet. Je schwerer der Einsatz des Fahrzeugs, desto eher wird ein Service empfohlen.

Mit den Gerätedaten gewinnen wir auch neue Erfahrungen zur Lebensdauer von Maschinen und Komponenten und können so Verschleißteile zeitgerechter tauschen, um auch Folgeschäden und Stillstände zu vermeiden. Das geht hin bis zum Teilen von optimalen Drehzahlwerten mit den Fahrern, um den Spritverbrauch zu senken.


Heinrich Prankl, Francisco Josephinum Wieselburg, Plattform Digitalisierung in der Landwirtschaft. 

(+) plus: Was wird auf den Agrarbereich in Zukunft aus Ihrer Sicht zukommen? Was sind die Herausforderungen?

Heinrich Prankl: In Österreich haben wir durch die kleinstrukturierte Landwirtschaft Rahmenbedingungen, bei denen sich verschiedene Technologien einfach nicht so stark rechnen, als es bei Investitionen in einem Großbetrieb der Fall wäre. Mit der Plattform Digitalisierung in der Landwirtschaft, die vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus 2018 gegründet wurde, wollen wir aktiv auf diese neuen Entwicklungen zugehen, vorausschauend Informationen dazu verbreiten und auch Handlungsempfehlungen geben. 

Spurführungsassistenten bei Traktoren eröffnen den großen Technologiebereich des »Precision Farming«. Das heißt: Wenn der Traktor genau weiß, wo er sich befindet, können viele weitere Funktionen darauf aufgebaut werden. Ackerflächen sind nicht überall gleich beschaffen. Warum soll also ein Feld an jeder Stelle komplett gleich gepflegt werden? Mit solchen Technologien können Nährstoffe genau an benötigten Stellen platziert und Pflanzenschutzmittel ganz gezielt eingesetzt werden.

Wir werden in den nächsten zehn Jahren autonome Systeme in den Betrieben sehen – Fahrzeuge und Maschinen, die selbsttätig ihre Arbeit verrichten. Technisch könnte es ein moderner Traktor schon und es sind dazu eigentlich nur noch rechtliche Sicherheitsfragen zu lösen. Aber insbesondere im Bereich der Sonderkulturen und im Biolandbau – überall dort, wo der händische Arbeitseinsatz noch sehr groß ist und gleichzeitig auch der Deckungsbeitrag für die Betriebe in Relation höher ist – werden sich autonome Systeme schnell rechnen. Und mit künstlicher Intelligenz wird nun ein ganz anderer Zugang zu Prozessen ermöglicht, der bislang nicht denkbar war

(+) plus: Wie offen sind die Landwirt* innen gegenüber künftigen autonomen Systemen? 

Prankl:
Das ist einfach eine Frage der Kostenrechnung. Wenn Sie heute mit professionellen Gemüseproduzent*innen sprechen, die in der Coronazeit Probleme hatten, Arbeitskräfte aus dem Ausland zu bekommen, wären diese sofort bereit, Roboter zu kaufen. Natürlich gibt es hier auch noch große technische Herausforderungen bei der Arbeitsqualität, aber es tut sich gerade enorm viel.

(+) plus: Welche Anforderungen sollen an neue digitale Technologien gestellt werden?

Prankl:
Um in eine breite Anwendung zu kommen, müssen Systeme einfach funktionieren und einen Nutzen stiften. Wenn die Menschen von der Digitalisierung nichts haben, und diese vielleicht sogar den Aufwand erhöht, wird man eine ablehnende Haltung hervorrufen. Dann müssen die Lösungen nicht nur selbsterklärend und intuitiv, sondern auch kostengünstig und skalierbar sein, um vorteilhaft auch für die kleineren Betriebe zu sein.

Wie man auch bei den jüngeren Generationen der Anwender*innen sieht: Niemand liest sich mehr eine Anleitung für eine Anwendung durch. Wenn die richtige Bedienung nicht offensichtlich ist, hat man etwas im Design falsch gemacht. Ich bin auch nicht begeistert, wenn ich in eine Schulung muss, um eine Software zu erlernen. Die Anwendung sollte vielmehr leicht verständlich sein.


Reto Pazderka, Geschäftsführer adesso Austria.

(+) plus: Welche Herausforderungen sehen Sie prinzipiell bei Digitalisierungsprojekten – quer über alle Branchen?

Reto Pazderka: Das Feld der Digitalisierung ist in der Landwirtschaft sehr breit – von autonomen Geräten bis zu schlanken Prozessen in der Verwaltung und bei Kundenservices. Es sind alles Themenbereiche, die auch die Digitalisierung selbst verändern und Entwicklungen weitertreiben. Auch wenn diese neuen Entwicklungen in der Landwirtschaft in Österreich bereits weit fortgeschritten sind, gibt es grundsätzlich immer das Dilemma zwischen Business und Technologie.

Wenn ich mein Business kenne, aber die technologischen Möglichkeiten nicht durchschaue, versäume ich oft Innovationschancen. Das gilt auch umgekehrt, indem ein Unternehmensbedarf verstanden werden muss, um unterstützende Lösungen bauen zu können. Hier setzen wir auf einer hohen Flughöhe an, in einer Zusammenarbeit mit den Fachbereichen. Das sollte auch nicht nur punktuell geschehen, sondern über einzelne Innovationsprojekte hinaus strategisch über die Prozesse von Unternehmen hinweg.

(+) plus: Worauf fokussieren Sie hier bei Projekten besonders? Was raten Sie auch Unternehmen hinsichtlich einer Digitalisierungsstrategie?

Pazderka: Wir bei adesso setzen bei unserer »New School of IT« auf drei Schwerpunkte – zum einen die Beidhändigkeit, »Ambidextrie«, für das Heben von Potenzial in einer Organisation. Hier werden der reguläre IT-Betrieb, die klassischen Projekte, die mitunter auch regulatorischen Hintergrund haben, parallel zu dem Neuen, den Innovationsprojekten, in der Organisation umgesetzt. Dies nebeneinander und miteinander zu gestalten – dafür braucht es eine entsprechende Strategie.

Dann sehen wir »Cloud Native Thinking« für die Zukunft als absolut essenziell. Wir akzeptieren jede Begründung, warum die Cloud für einzelne Unternehmen kein Thema ist – raten aber, die Vorteile des Cloud-Einsatzes voll auszuschöpfen, ohne die Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Dazu muss ich natürlich eine Infrastruktur und Applikationen haben, die mit der Cloud umgehen können. Das dritte Thema sind die Daten: Unternehmen heute sind bereits datengetrieben. Der richtige Umgang mit Daten ist das Gebiet, auf dem über den Erfolg eines Unternehmens entschieden wird. Generell wird das maschinelle Auswerten, werden KI-Lösungen für enorme Veränderungen in allen Branchen sorgen, auch wenn viele Unternehmen hier erst am Anfang dieser Entwicklungen stehen. 

Als Dienstleistungsunternehmen unterstützen wir Unternehmen und Behörden entlang unterschiedlichster Digitalisierungsprojekte – es ist aber ganz klar ein »people’s business«. Menschen gestalten die Digitalisierung und stehen auch immer hinter den Pilotprojekten, die am Markt zu sehen sind, sowohl im Konzipieren, im Denken über den Tellerrand, wenn neue Wege beschritten werden, als auch in der Umsetzung. Ich bin überzeugt, dass es genau diese Menschen sind, die diese Qualität unseres Wirtschaftsstandorts Österreich ausmachen. 


Ines Weigel, Managing Consulting adesso Austria.

(+) plus: Welche Anforderungen sollen auch hinsichtlich der Nutzungsfreundlichkeit an neue digitale Technologien gestellt werden? Welche Empfehlungen haben Sie dazu?

Ines Weigel: Ich habe für meine Masterarbeit die Nutzerfreundlichkeit des Antragssystems der AMA gemeinsam mit Usern getestet. Generell gibt es bei neuen Systemen immer Expert*innen, die damit gut umgehen können. Es gibt aber auch jene, die vielleicht nur einmal im Jahr einsteigen und sich nicht so sicher fühlen. Es zeigt sich immer wieder, wie wichtig es ist, die Nutzer*innen von Anfang an in technische Projekte hereinzuholen. Wir müssen frühzeitig wissen, was die User tatsächlich benötigen. Nur so können Systeme gebaut werden, die den Menschen helfen und von allen genutzt werden können.

(+) plus: Was machen die Entwicklung und der Einsatz von Apps und Serviceportalen im Agrarbereich aus?

Weigel: Digitale Services werden vom Stall aus bis zum Büro genutzt, von interessierten Technologiekennern bis zu jenen, die mit Technik vielleicht noch wenig anfangen können. Letzteren sollte auf jeden Fall auch der Einstieg in digitale Services so einfach wie möglich gemacht werden. Das klappt in manchen Projekten schon ganz gut. Ich arbeite im Rahmen eines Projekts, das auch in der digitalen Strategie der AMA genannt wird, dem »Elektronischen Kontrollbericht mobil«, an der Ablöse von Vorort-Fragebögen durch eine App. Hier wurden sehr früh die Endnutzer an Bord geholt und in der gesamten Entwicklung arbeiten nun die IT, der Fachbereich und die User eng zusammen.

Letzten Sommer waren IT-Entwickler gemeinsam mit den Prüfern draußen bei den Betrieben, um besser zu verstehen, worauf es tatsächlich in der täglichen Praxis ankommt. Das Feedback der Endnutzer hat uns bestärkt: Sie arbeiten gerne damit und freuen sich darauf, die App zu bekommen. Diesen Zugang, den wir »User Centered Design« nennen, kann man sicherlich auch in anderen Projekten einbringen, um Hemmschwellen gerade auch beim Umstellen von Gewohntem abzubauen.

Man schaut sich hier auch die Aufgaben von Nutzern unterschiedlicher Gruppen an, um Systeme zu bauen und natürlich auch zu testen, die genau bei diesen Aufgaben unterstützen. Das muss nicht so aufwendig sein, denn wissenschaftlichen Studien zufolge sind lediglich fünf User pro Benutzergruppe erforderlich, um Erfolge beim Testen zu erzielen und bessere Systeme bauen zu können. Die besonders heterogenen Benutzergruppen in der Landwirtschaft machen diese Projekte so spannend.

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