Dienstag, Mai 14, 2024

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Hans-Peter Weiss, Geschäftsführer der Bundesimmobiliengesellschaft BIG, über die aktuelle Bilanz, künftige Bauvorhaben sowie die Stärken und Schwächen des Bundesvergaberechts. Außerdem erklärt er, warum bei BIM kein Zeitdruck herrscht und wie der Betrieb von Gebäuden durch das Holistic Building Program optimiert werden kann.

Report: 2016 konnte die BIG ihren Umsatz um 6 Prozent auf 1,05 Mrd. Euro steigern. Worauf ist das Wachstum zurückzuführen?

Hans-Peter Weiss: Wir haben in den vergangenen Jahren, auch dank mehrerer Initiativen unseres Eigentümers, viele große Projekte realisiert. Das diesen Bauvorhaben zugrundeliegende System führt letztendlich bei Fertigstellung der Gebäude zu einem erhöhten Mietaufkommen. Die BIG finanziert also die Umsetzung und vermietet die Liegenschaften in weiterer Folge an ihre Partner.

Ein prominentes Beispiel dafür ist der Abschluss der Erweiterung und Sanierung des Justizzentrums Eisenstadt. Dieser Standort wurde durchgehend modernisiert und erweitert. Natürlich müssen unsere Investitionen refinanziert werden. Und das läuft über Mietzahlungen. Insgesamt ist also die Umsatzsteigerung durch zwei Komponenten zu erklären. Einerseits haben wir einen Zuwachs von 32 Mio. Euro bei den Mieten und andererseits auch um 27 Mio. Euro höhere Erlöse aus dem Verkauf von Umlaufvermögen.

Report: Wirkt sich da Ihr Engagement bei Wohnbauprojekten bereits aus?

Weiss: Ja. Wir haben vor mehr als zwei Jahren eine Wohnbauinitiative gestartet. Mittlerweile sind die ersten Projekte fertig und neu vermietet oder verkauft.

Report: 2015 wurden in Neubau, Sanierung und Instandhaltung 424 Mio. Euro investiert, 2016 waren es 516,6 Mio. Euro. Mit welcher Summe rechnen Sie 2017?

Weiss: Im Bereich der Investitionen rechnen wir mit einer leichten Steigerung. Wir haben zahlreiche neue Projekte in der Pipeline, bei denen wir mit der Realisierung rechnen. Wir stehen jedenfalls Spaten bei Fuß. Die Instandhaltungen bleiben etwa auf dem derzeitigen Niveau. Generell gehen wir von einer leichten Steigerung unserer Umsatzzahlen aus. 

Report: Die BIG will laut Eigendefinition auch »ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen« und setzt deshalb auf »ressourcenschonendes Bauen und Sanieren sowie auf energieeffizientes Bewirtschaften der Immobilie«. Welche konkreten Maßnahmen werden gesetzt, um dieses Ziel zu erreichen?

Weiss: Abseits der Bewusstseinsbildung geht es vor allem darum, im Zuge von Bauvorhaben frühzeitig Potenziale zu erkennen. Oft wird das Thema aber auf energetische Maßnahmen reduziert. Das ist deutlich zu kurz gegriffen, denn wir wollen generell möglichst hohe Qualitäten in unseren Häusern schaffen. Dazu führt die BIG bei sehr vielen Projekten ganzheitlich orientierte Machbarkeitsstudien durch, die wiederum als Entscheidungsrundlage für weitere Entscheidungsschritte herangezogen werden können.

Report: Die BIG hat im Rahmen des Holistic Building Program einige Pilotprojekte zum Thema Nachhaltigkeit und Lebenszykluskosten am Laufen. Gibt es schon erste Ergebnisse?

Weiss: Die ersten Ergebnisse sind sehr erfreulich. So konnten wir beispielsweise bei diversen Projekten trotz zusätzlichen Einbaus technischer Anlagen und damit Hebung von Qualität und Komfort nennenswerte Einsparungen beim Energieverbrauch erzielen. Auch die Betriebskosten wurden deutlich gesenkt. Die bisherigen Daten zeigen klar die vorhandenen Potenziale. Von zentraler Bedeutung ist aber die Betriebsführung. Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu, wurde aber im Rahmen der Pilotprojekte noch einmal klar bestätigt. Unterschiedliche Modelle, die Einsparungen ohne Komfortverlust garantieren, sind dabei essentiell.

Report: Welche Auswirkungen werden die Ergebnisse auf künftige Bauvorhaben haben?

Weiss: Wir glauben an den Wert einer langfristigen Betrachtung und versuchen, so viele Geschäftspartner wie möglich davon zu überzeugen. Um aber belastbare Berechnungen präsentieren zu können, müssen wir intensiv an der Entwicklung umfassender Datenmodelle arbeiten, in die alle unsere Erfahrungen einfließen. Ziel ist es, die langfristige Kostenneutralität zusätzlicher Baumaßnahmen nachzuweisen.

Report: Seit rund einem Jahr ist das neue Bundesvergaberecht in Kraft. Wie hat sich das verpflichtende Bestbieterprinzip für die BIG im ersten Jahr bewährt? Gab es den befürchteten Anstieg an Einsprüchen?

Weiss: Im Zuge des Bestbieterprinzips hat die BIG einen internen Kriterienkatalog für ihre operativ tätigen Mitarbeiter entwickelt, aus dem diese projektspezifisch Kriterien auswählen und anpassen können. Aus unserer Sicht hat sich das Bestbieterprinzip gut entwickelt. Durchschnittlich haben wir nicht mehr Nachprüfungsverfahren als vorher.

Report: Der Entwurf zum Bundesvergabegesetz 2017 wird aktuell scharf kritisiert. Wie sehen Sie den aktuellen Stand der Diskussion? An welchen Schrauben müsste aus Ihrer Sicht gedreht werden, um das Gesetz zu optimieren?

Weiss: In den meisten Stellungnahmen wird eine Vielzahl von überschießenden Regelungen kritisiert. Wir sehen das ähnlich und sind daher gespannt, in welcher Form die Inhalte der Stellungnahmen berücksichtigt werden. Wesentlich für das neue Gesetz wäre die Stärkung unserer Position als öffentlicher Auftraggeber. Das vor allem im Zusammenhang mit der Festlegung von Eignungskriterien zum Nachweis der Leistungsfähigkeit. Dies versetzt uns in die Lage, die Qualität der anbietenden Unternehmen zu überprüfen und in weiterer Folge zu gewährleisten. Das wäre ein wichtiger Punkt im Kampf gegen Lohn- und Preisdumping.

Report: Bei unserem letzten Gespräch haben Sie gemeint, dass Sie BIM erst dann zwingend vorschreiben können, wenn es weiter verbreitet ist. Andere wiederum meinen, um BIM auch in Österreich voranzutreiben, müssten es die großen Auftraggeber zwingend vorschreiben. Wie kann man dieses klassische Henne-Ei-Problem lösen?

Weiss: Ich glaube, man muss der Entwicklung einfach Zeit geben und gemeinsam an Lösungen arbeiten. Wir sind hier sehr aufgeschlossen, um unseren Teil beizutragen. Es führt aber zu keinem Ergebnis, wenn einer mit dem Finger auf den anderen zeigt. Generell glauben wir langfristig an die positiven Effekte von BIM, sehen aber den Zeitdruck nicht. Die Mehrzahl der BIG-Bauvorhaben sind Sanierungen. Nur maximal rund ein Drittel sind Neubauten, wo BIM nach derzeitigem Stand für eine langfristige Sicherung der Datenqualität einen großen Schritt bedeuten würde.

Die kontinuierliche Datenpflege bedeutet Aufwand. Hier muss man eine klare Kosten-Nutzenrechnung anstellen. Darüber hinaus gibt es viele operative Fragen zu beantworten. Denn sinnvoll ist BIM in Hinblick auf eine spätere Sanierung nur dann, wenn auch wirklich alle Daten vorhanden sind. Aber wie zwingen wir beispielsweise unsere Nutzer, uns jedes Mal zu informieren, wenn sie etwas umbauen?

Report: Ihre Mieter bauen um, ohne die BIG zu informieren?

Weiss: Das kann in untergeordnetem Ausmaß schon vorkommen. Es handelt sich ja um Liegenschaften mit mehreren zehntausend Quadratmetern Gebäudefläche, die von eigenen Abteilungen betreut werden. Die Sicherstellung des Informationsflusses kann hier schon eine Herausforderung sein.

Report: Wäre die BIG theoretisch gerüstet, um morgen mit BIM zu starten?

Weiss: Weder wir als Auftraggeber sind so weit, um BIM zwingend vorzuschreiben, noch gibt es aus unserer Sicht eine kritische Masse an Anbietern, die eine Ausschreibung unter Einbeziehung aller Marktteilnehmer erlaubt. Bis zu einem verpflichtenden Einsatz sind noch viele Hürden zu nehmen. Die Nutzung unterschiedlicher Software-Produkte und die Notwendigkeit der nachfolgenden Konvertierung der Daten aufseiten der Anbieter ist sicher eine Herausforderung. Unsere Aufgabe ist es dann, diese Informationen wiederum in unseren Systemen abzubilden und die langfristige Datenpflege sicherzustellen. Da gibt es noch einiges zu tun.

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