Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Jens Günther, ab 1. Jänner 2017 neuer Vorsitzender der Geschäftsführung der Doka Group, über die Digitalisierungsstrategie der Doka und ihre Auswirkungen auf interne Abläufe und Prozesse.
Report: Die Bauwirtschaft allgemein hinkt anderen Branchen in Sachen Digitalisierung hinterher. Welchen Stellenwert hat das Thema bei Doka?
Jens Günther: Ja, es ist tatsächlich so, dass die Baubranche hier noch deutliches Potenzial zur Verbesserung hat. Dabei geht es nicht darum, einfach einem Trend zu folgen, sondern darum, dass die gesamte Branche dadurch Potenziale hinsichtlich Wirtschaftlichkeit ungenutzt lässt. Denn Digitalisierung erlaubt uns, noch schneller und effizienter zu bauen. Ein Vorteil, der speziell den Kunden zugutekommt.
Die Doka Group hat schon vor einigen Jahren begonnen, sich dieser Anforderung zu stellen. Ein ganz konkretes Ergebnis daraus ist Concremote – ein Sensor, der die Festigkeit und den Aushärtungsgrad des Betons misst und dem Bauleiter und Polier eine digitale Information per Mail oder SMS sendet, sobald der richtige Ausschalmoment gekommen ist. Das Produkt verbindet daher Effizienz mit dem am Bau so wesentlichen Aspekt der Sicherheit. Denn die Daten ermöglichen nicht nur die Ermittlung des frühestmöglichen Ausschalzeitpunkts, sondern dienen auch der Dokumentation, was im Anlassfall – etwa wenn Haftungen schlagend werden – ein riesiger Vorteil ist.
Report: Concremote zählt zu den ersten auf der Baustelle sichtbaren Ergebnissen der Digitalisierung bei Doka und ist ein Ergebnis der mehrjährigen Zusammenarbeit mit dem holländischen Technologieunternehmen B|A|S. Jetzt hat man das Unternehmen komplett übernommen. Welchen konkreten Output erwarten Sie sich von der Akquisition?
Günther: Concremote ist, wie Sie sagen, das erste »sichtbare« Produkt. Dahinter verbirgt sich aber Know-how, das über Jahrzehnte gewachsen ist. Schließlich befasst sich B|A|S seit 1979 wissenschaftlich mit baurelevanten Methoden und Materialen – allen voran Beton, seiner optimierten Rezeptur und seinem effizientesten Einsatz. So verfügt das Unternehmen über eines der modernsten und größten Baustoffprüflabors Europas. Die Frage müsste also vielmehr lauten: Welchen Output dürfen unsere Kunden erwarten, wenn wir auf ihren Baustellen Concremote einsetzen? Das sind zum einen deutlich verringerte Taktzeiten, weil der ideale Zeitpunkt des Ausschalens genau ermittelt wird und nicht wie häufig in der Praxis von tradierten Methoden oder Erfahrungswerten abhängt.
Andererseits geben die gesammelten Daten wichtige Aufschlüsse für die weiteren Phasen und Schritte im Bauprozess. Etwa, ob die geplante Betonrezeptur tatsächlich auch die wirtschaftlichste ist. Die Frage nach dem Output für die Doka beantwortet sich für mich daher mit der Frage nach dem größtmöglichen Nutzen für unsere Kunden.
Report: Mit Produkten wie Concremote profitieren Doka-Kunden von den Vorteilen der Digitalisierung. Bei Digitalisierung geht es aber immer auch um Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung. Wie verändert die Digitalisierung die internen Abläufe und Prozesse bei Doka?
Günther: Prozessoptimierung ist ein wichtiges Schlagwort, das auch im Mittelpunkt unserer Überlegungen steht. Denn dadurch können wir schlank und flexibel bleiben. Spannend wird es dort, wo wir durch die Digitalisierung völlig neue Möglichkeiten des Miteinanderarbeitens erhalten. Spannend deshalb, weil es hier auch um Kulturwandel geht. Ein Beispiel ist die Kommunikation. Die Doka hat vor zwei Jahren ein ganz neues Kollaborations- und Kommunikationstool eingeführt.
Darüber werden nicht nur alle für das Unternehmen relevanten Informationen verteilt. Es erlaubt auch, dass Projektgruppen in der ganzen Welt an einem gemeinsamen Projekt arbeiten, ohne sich täglich persönlich zu treffen. Bei 7.000 Konzernmitarbeitern über alle Kontinente hinweg ist das Zusammenspiel zwar nicht selbstverständlich, aber für den Erfolg ganz wesentlich. Die Digitalisierung unterstützt uns hier ganz immens.
Report: Digitalisierung ist im Bauwesen eng mit BIM verbunden. Wie gut ist Doka auf diesen Paradigmenwechsel vorbereitet?
Günther: BIM ist eine Methode, einzelne Prozesse am Bau transparent und nachvollziehbar zu machen. Das ist wirklich wesentlich, weil der Bau etwa im Vergleich zur Industrie in Bezug auf Effizienz noch deutlich nachhinkt. Und Sichtbarmachung ist ein wesentlicher Aspekt, um diese zu verbessern. Wenn Sie sehen, wo Sie ineffizient sind und Geld verlieren, können Sie aktiv darauf reagieren. Die Idee des Bauens als Gesamtprozess – von der Planung über Ausschreibung, die Ausführung, hin zum laufenden Betrieb inkl. späterer Revitalisierung bis zuletzt zu Abbruch und Entsorgung – birgt hohes Potenzial. Für Projektentwickler, Betreiber, sämtliche beteiligte Unternehmer, aber natürlich in erster Linie für die Eigentümer. Noch wird diese Methode allerdings kundenseitig nur sehr spezifisch eingesetzt, obwohl BIM mittlerweile voll marktreif ist.
Report: Laut dem aktuellen Deloitte Digital Business Report verfügen nur 52 % aller Unternehmen über eine konkrete Digitalisierungsstrategie, in der Baubranche vermutlich noch weniger. Wie sieht die Digitalisierungsstrategie der Doka aus?
Günther: Sehr holistisch. Wir sehen Digitalisierung nicht als ein Produkt oder ein Tool oder einen Unternehmensbereich. Wir sehen drei wesentliche Wirkungsbereiche: zum einen den internen. Es gibt eigentlich im Unternehmen keinen reinen analogen Prozess mehr. Und das nicht nur im Paradebereich Controlling, wo das mittlerweile state-of-the-art ist. Ein nicht ganz so häufig zitiertes Beispiel ist das Marketing: Noch vor einem Jahr wurden tausende von Leaflets und Inserate für den Einsatz in der ganzen Welt von unseren Grafikern erstellt. Heute haben wir dazu eine Software, die User in den Doka-Ländern können sich selbst ihre Marketingunterlagen nach definierten Templates erstellen.
Die Grafiker sind dadurch aber nicht arbeitslos geworden. Im Gegenteil, heute machen wir Kampagnen für die ganze Welt in-house.
Der zweite große Bereich sind die Wege hin zu unseren Kunden, wenn Sie wollen die Kundenbindung. MyDoka etwa bietet unseren Baufirmen jederzeit online Zugang zu ihren projekt- und baustellenspezifischen Daten. E-Commerce ist auch so ein Thema, hier stehen wir aber noch am Anfang.
Und dann ist da noch der dritte große Bereich digitaler Produkte und Dienstleistungen, wozu wie beschrieben etwa Concremote zählt. Dazu gibt es noch zahlreiche Apps, viele digitale »Helferlein« die das Planen und Managen der Baustelle einfacher, schneller und kostengünstiger machen.