Thursday, May 01, 2025

Mehrwert für Manager

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Hohe Preise für Strom und Erdgas sind zu einem gewaltigen ­Kostenfaktor für große Gewerbebetriebe geworden. Der Report zeigt Auswege aus dem Energiepreisdilemma.

Bild: iStock

 

Für Energie-Großverbraucher wie Tischler oder Bäcker ist es nicht ganz einfach, einen Überblick über die jeweils aktuellen Preise für Strom und Erdgas zu bekommen. Es gibt für sie keine Hitliste der günstigsten Anbieter, wie sie Haushalte und Kleingewerbe etwa im Tarifkalkulator der E-Control finden können. Denn die Vergleichsrechner zeigen nur Lieferanten für Kunden mit Stromverbräuchen bis zu 100.000 Kilowattstunden im Jahr und einem Gasverbrauch von nicht mehr als 400.000 Kilowattstunden. Und ein direkter Einkauf über Energiebörsen, wie es die Großindustrie macht, ist für diese Unternehmen meist viel zu aufwendig. Sie bräuchten dafür eigene Energiestrategen. Was tun also?

Angebote einholen
Möglichkeit eins heißt: verschiedene Energieversorger anschreiben und um Angebote bitten. Wichtigste Grundlage ist dabei nicht wie bei Privatverbrauchern die Menge des Strom- und Gasbezugs, sondern das sogenannte Lastprofil. »Danach richtet sich die Bepreisung«, sagt Ulrich Streibl, Chef der oekostrom AG, die auch Großgewerbe mit Strom beliefert. Das Lastprofil zeigt den Verbrauchsverlauf über einen Tag, eine Woche, ein Monat. Ist dieser Verbrauch relativ stetig, wird das Angebot günstiger sein als bei stark schwankendem Strom- oder Gasbedarf. Also zum Beispiel: hoher Verbrauch in den Morgenstunden, danach starker Rückgang und am Nachmittag wieder ein Anstieg. Das wird teurer, weil der Lieferant für den Spitzenbedarf des Kunden zusätzliche Mengen zur Verfügung stellen muss.

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Bild: Ulrich Streibl, oekostrom AG: »Angebote sollten nicht nur auf Basis der Preise verglichen werden.«

Grundsätzlich entscheiden muss sich der Kunde zwischen fixen und variablen Preisen. »Beim Fixpreis liegt das Risiko beim Lieferanten. Die Kunden können besser kalkulieren«, erklärt Streibl. Die Angebote sollten aber nicht nur auf Basis der Preise verglichen werden. »Der Strommarkt ist extrem volatil, Preise ändern sich rasch«, betont der Geschäftsführer der oekostrom AG. Für Erdgas gilt das in geringerem Ausmaß, seit Beginn des Ukraine-Kriegs ist aber auch der Gaspreis unsteter als früher. Für ihn zählen auch eine gewisse Mengentoleranz zu den Assets eines guten Liefervertrags. Denn der aktuelle und künftige Verbrauch wird von den Verbrauchsprofilen des vergangenen Jahres abweichen. Bei zu starren Regelungen führen diese Abweichungen zu höheren Kosten.

Auch ist für Streibl der Kundenservice – ein Faktor, der von allen Qualitätsanbietern beworben wird – ein wichtiger Punkt. Gerade für Unternehmenskunden kann auch eine im Angebot inkludierte Energieberatung letztlich helfen, mehr Geld einzusparen als bei den reinen Energiekosten im Vergleich der Anbieter.

Für Strom gilt noch ein Punkt: Aus welcher Quelle kommt er? »Erneuerbare Energie ist für Betriebe von zunehmender Bedeutung«, meint Streibl. Verwenden sie Strom aus Sonne, Wind, Wasser oder Biomasse, können sie das als Marketinginstrument einsetzen.

Pool-Lösungen
Unternehmen, die sich nicht mit den Details der Strom- und Gaslieferungen beschäftigten oder die Mühe der Auswahl unter den Offerten vermeiden wollen, können zur Möglichkeit zwei greifen: sie können ihr Energiemanagement an externe Planer übertragen. Power Solution ist eines der Unternehmen, die solche Aufgaben übernehmen. »Wir poolen die Energieverbräuche unserer Kunden und schließen Rahmenverträge mit Lieferanten. Damit übernehmen wir die Risiken«, sagt Roland Kuras, Chef von Power Solution. Doch der Preis sei nur ein Kriterium. »Der wichtigste Hebel, um die Energiekosten zu senken, ist der Verbrauch«, erklärt Kuras.

Unternehmen wie Power Solution übernehmen daher nicht nur die Energiebeschaffung, sondern auch Planung des Strom- und Gaseinsatzes, suchen Effizienzpotenziale und beraten in Fragen der Strom-Eigenerzeugung von Unternehmen. Vorteilhaft sind solche Pool-Lösungen vor allem für Betriebe mit mehreren Standorten. Will man zum Beispiel die PV-Eigenproduktion auf einer Fabrikhalle auch an anderen Standorten nutzen, kann das etwa via Power Solution organisiert werden. Das gesamte Energiekonzept steht unter dem Motto »günstig, erneuerbar und effizient«.

Energie- und Bürgerenergie­gemeinschaften
Gleich vorweg: Diese dritte Möglichkeit gibt es nur für Strom. In jüngster Zeit sind die Zusammenschlüsse lokaler, regionaler und sogar österreichweiter kleiner Erzeuger von erneuerbarem Strom im Trend. Rund 3.000 Energie- oder Bürger­energiegemeinschaften listet die Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften, die im Klimafonds angesiedelt ist, auf. Deren Leiter Stephan Heidler nennt deren größte Vorteile: Gesicherte erneuerbare Energie und Ersparnis der Netzkosten. Zweiteres gilt allerdings nur für die lokalen und regionalen Energiegemeinschaften. Diese bündeln Erzeuger und Verbraucher, die entweder am selben Trafo (lokal) oder am selben Umspannwerk (regional) hängen. Neben den geringeren Netzgebühren spreche noch die Befreiung von der Energieabgabe sowie vom Förderbeitrag für erneuerbaren Strom für diese Variante. »In Summe macht das ungefähr fünf Cent je Kilowattstunde aus«, erklärt Haidler. Allerdings: Betriebe, die mehr als 250 Mitarbeiter haben beziehungsweise deren Jahresumsatz 50 Millionen Euro übersteigt, sind laut EU-Vorschrift von der Teilnahme an diesen Energiegemeinschaften ausgeschlossen. Sie können sich nur Bürgerenergiegemeinschaften anschließen, bei denen die genannten Ersparnisse nicht zum Tragen kommen.

Viele Großgewerbebetriebe mit hohem Stromverbrauch fallen aber ohnedies unter diese Grenze. Sie können sich an bis zu fünf Energiegemeinschaften beteiligen. Da die Stromlieferungen dieser kleinen (meist PV-) Produzenten aber für Produktionsunternehmen oft zu schwankend sind, lohnen sich Kooperationen mit Plattformen von Energie- und Bürgerenergiegemeinschaften. Die steirische energiegemeinschaft.info ist so ein Anbieter, der eine Reihe lokaler, regionaler Energie- und Bürgerenergiegemeinschaften in seinem Portfolio hat. Lukas Lienhart von energiegemeinschaft.info zählt unter anderem Hotels, Gastronomie, Tischler oder eine Landwirtschaftsschule zu seinen Kunden. Er berät die Großkunden, schaut, an welche lokale Energiegemeinschaft eine Anbindung sinnvoll ist und was die beste Mischung an regionalen, lokalen und Bürgerenergiegemeinschaften ist. 60 bis 80 Prozent ihres Stromverbrauchs können die Großkunden im Durchschnitt auf diese Weise abdecken. Der Rest muss weiterhin vom traditionellen Versorger des Betriebs kommen. Der Nachteil: Die Abrechnung kommt von zwei Lieferanten.

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Bild: Lukas Lienhart: »Bis 80 Prozent ihres Stromverbrauchs können Unternehmen über Energiegemeinschaften abdecken.«

Lienhart betont, dass die Teilnahme an der Plattform wenig bürokratischen Aufwand mit sich bringt. »Schritt eins ist ein Quickcheck, bei dem überprüft wird, wo der Kunde ans Netz angeschlossen ist und an welchem Umspannwerk er hängt. Im zweiten Schritt wird der Energieverbrauch erhoben, wir registrieren den Zählpunkt und schlagen einen Lieferplan mit Preisen vor«, erklärt Lienhart. Das Angebot orientiere sich am Marktpreis der E-Control, der vierteljährlich neu festgelegt werde. Derzeit seien es 9,73 Cent netto je Kilowattstunde und bei kleineren Energiegemeinschaften 12,73 Cent, wobei die Ersparnis der Netzgebühren von fünf Cent je kWh zum Tragen komme.

Die EG-Austria ist ebenfalls ein Anbieter, der mehrere Energie- und Bürgerenergiegemeinschaften bündelt. »Wir beliefern unter anderem auch Gemeinden und Großgewerbe«, sagt Thomas Zeinzinger von der EG-Austria. Für größere Gewerbekunden werden auch Energiegemeinschaften maßgeschneidert zusammengestellt, um den speziellen Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden. Abgerechnet wird monatlich, der Preis liegt aktuell bei 9,95 Cent netto je kWh. Dazu kommt ein Euro pro Monat für die Mitgliedschaft. Der überwiegende Teil des Stroms aus diesen Gemeinschaften ist Solarenergie, dazu kommt oft noch Kleinwasserkraftstrom. Gesteuert wird die Lieferung an die Kunden dynamisch, je nachdem wie viel Strom die jeweilige Energie- oder Bürgerenergiegemeinschaft gerade anbietet. Die Plattformen verdienen an der Preisdifferenz zwischen Einspeisern, die derzeit bei EG-Austria 8,95 Cent je kWh bekommen, und dem Verkaufspreis. Die Nachfrage ist derzeit enorm. »Wir nehmen diese Woche 17 neue Energiegemeinschaften in Betrieb, allesamt von der EG-Austria gegründet«, betont Zeinzinger. Eigene Gemeinschaften zu betrieben, habe den Vorteil, dass die Strukturen und Preise identisch seien.

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Bild: Thomas Zeinzinger: »Wir nehmen diese Woche 17 neue Energiegemeinschaften in Betrieb.«


Stromangebote: Was sie beachten sollten

Ob fixe oder variable Tarife – Angebote sollten nicht nur auf Basis der Preise verglichen werden. »Der Strommarkt ist extrem volatil, Preise ändern sich rasch«, betont Ulrich Streibl, oekostrom AG. Er empfiehlt drei Punkte zu beachten, die beim Vergleich von Angeboten am Markt nicht übersehen werden sollten.

1. Mengentoleranz
Das Angebot wird auf Basis des Verbrauchsprofil des Vorjahres gestellt. Der künftige Verbrauch kann allerdings davon abweichen. Ist die Mengentoleranz in einer zu engen Bandbreite, kann es sein, dass ein unvorhergesehener Mehrverbrauch zu hohen Kosten führt.

2. Abrechnungsmodalität
Wird monatlich oder vierteljährlich abgerechnet? Auch das kann zu unterschiedlichen Kosten führen. Ist der Vertrag mit einer längeren Bindung versehen? Das wiederum bringt Preisrabatte. Welcher Spielraum für Kündigungen ist enthalten?

3. Kundenservice
Ist eine Energieberatung im Angebot enthalten? Das kann Vorteile im Verbrauch bringen, wenn etwa festgestellt wird, dass Strom und Gas effizienter eingesetzt werden können, indem Maschinen zu anderen Tageszeiten hochfahren. Gibt es Ansprechpartner beim Energielieferanten? Immer öfter landen Kunden bei Chatbots, die nur wenig weiterhelfen.

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