Mittwoch, Mai 08, 2024

Eisen ist das vierthäufigste Element im Erdmantel - und möglicherweise ein heißer Kandidat zur CO2-freien Energiegewinnung. Von Rainer Sigl

 Zugegeben: Beim Nachdenken über mögliche Brennstoffe zur Energiegewinnung in kalorischen Kraftwerken fallen einem zuerst andere Kandidaten ein. Ganz klassisch - und klimaschädlich - sorgen etwa Gas, Holz, Kohle und Öl für die Hitze, die zur Stromgewinnung genutzt wird. Bei hohen Temperaturen brennen aber auch alle möglichen anderen Elemente - unter anderem eben: Eisen. 

 Bei etwa 1800 Grad Celsius verbrennt fast alles, auch das zu Pulver gemahlene Metall - das ist etwa die Temperatur, die auch in Kohlekraftwerken erreicht wird. Die Energieausbeute, die sich durch Verfeuern von Eisen gewinnen lässt, ist dabei beachtlich: 11,3 KWh lassen sich aus einem Kilogramm Eisen gewinnen, zum Vergleich: Benzin bringt es nur auf 9,7 kWh/kg. Das Killerargument für Eisen als Brennstoff in Kraftwerken ist aber nochmal ein ganz anderes: Im Unterschied zu Kohle, Öl, Gas, aber auch zu Holz und anderen “biologischen” Brennstoffen entsteht beim Verbrennen von Eisen absolut kein CO2. Was stattdessen nach dem Brennvorgang übrigbleibt, ist Fe2-O3, Eisenoxid, den Nichtchemikern unter uns besser bekannt als - Rost.

Ein Kraftwerk ganz ohne CO2-Ausstoß - zu schön um wahr zu sein? Es gibt allerdings sogar  noch einen Bonus obendrauf: Der Verbrennungsrest Eisenoxid lässt sich durch Beigabe von Wasserstoff im chemischen Vorgang der Reduktion ein weiteres Mal aufbereiten - und zwar wieder zu Eisen, das erneut verbrannt werden kann. Einziges Abfallprodukt: Wasser.

Weltraumtechnik und Bier

Seit 2015 forscht die Wissenschaft intensiv an der Technologie, die Eisen möglicherweise zum dringend benötigten CO2-freien und recyclingfähigen Brennstoff machen könnte. Damals haben kanadische Forscher gemeinsam mit der europäischen Raumfahrtagentur ESA die ideale Partikelgröße für Verbrennungsvorgänge des Metalls herausgefunden. 

Ein sehr praktisches und plakatives Anwendungsgebiet haben Forscher der niederländischen Technischen Universität Eindhoven untersucht: In der Swinkels-Brauerei in Lieshout habe die Forscher ein 100-KW-Eisenkraftwerk als Prototypen zum Einsatz gebracht und 2020 publikumswirksam das “erste CO2-frei gebraute Bier der Welt” hergestellt. Eisenkraftwerke könnten die Rolle von Gaskraftwerken als Ausgleichsenergielieferaten einnehmen, die dann einspringen, wenn grüne Energiequellen, etwa nachts oder bei wenig Wind, auslassen. Die Energie, die in Eisenkraftwerken zur Regeneration des Eisenoxids und zur Reduktion benötigt wird, könnte wiederum in Zeiten der Überproduktion von Solar- oder Windenergie bereitgestellt werden. Bis 2030 soll nach den Plänen der kanadischen und niederländischen Forscher ein erstes bestehendes Kohle- in ein Eisenkraftwerk umgerüstet werden. 

 

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