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Mit Rissen leben
Risse sind so alt wie der Stahlbetonbau, es gibt keine rissfreien Bauwerke. Bis zu einem gewissen Grad entstehen sie planmäßig.
 
        Bild: Nach Entfernung von Staub und anderen haftungsmindernden Bestandteilen werden weber.floor Wellenverbinder (Rissfixierungsklammern) in die Querkanäle eingesetzt, anschließend mit dem weber.floor Blitzharz easy verschlossen.
»Risse sind erlaubt, das ist die wichtigste Message für den Betonbau«, stellt Johannes Horvath, technischer Leiter und Geschäftsführer Holcim Beton 
Österreich, vorweg klar. Sie sind Teil des Systems. »Beton übernimmt die Druckkräfte, die Bewehrung die Zugkräfte«, ergänzt Christoph Ressler, Geschäftsführer des Güteverbands Transportbeton und Vorstand von Beton Dialog Österreich, BDÖ. Für die erforderliche Durchbiegung brauche es Risse, die allerdings weder Gebrauchstauglichkeit noch Erscheinungsbild beeinträchtigen, solange die in der Norm festgelegten Rissbreiten eingehalten werden. Die rechnerischen betragen laut Horvath in Europa überwiegend 0,30 mm, die gemessenen dürfen in Österreich dann nicht größer sein als 0,40 mm. Für wasserundurchlässige Bauwerke nennt die Richtlinie Weiße Wanne Rissbreiten von 0,15 bis 0,25 mm.
Riss-Know-how
Risse sind seit jeher Thema. »Was sich über die Jahre verändert hat ist, dass man heute im Neubau bewusst etwas dagegen machen kann«, betont Gerhard Haiden, Produkt- und R&D-Manager bei Mapei. Das Wissen darum habe sich verbreitet, Regelwerke wie die ÖBV-Richtlinie »Risse in Betonbauteilen - Vermeiden, Erkennen und Bewerten« werden laufend aktualisiert. »Der Grund für die ständigen Anpassungen ist, dass das physikalisch/chemische Verhalten von Beton, vor allem Schwinden, Kriechen und Rissbildung, noch nicht vollständig verstanden ist«, erklärt Georg Trauner, Leiter Fachbereiche Forschung und Entwicklung in der Habau Gruppe. Deshalb braucht es hochkomplexe Rechenmodelle, die durch Laborversuche und Prototypen auf Baustellen überprüft werden. Besonders stark involviert ist das Institut für Betonbau an der TU Graz, das eng mit den Normungsgremien zusammenarbeitet.
Riss ist nicht gleich Riss
Die meisten ungeplanten Risse, die die Gebrauchstauglichkeit und das Erscheinungsbild stark beeinträchtigen können, entstehen laut Andreas Hierreich, Geschäftsführer von Axis Ingenieurleistungen, infolge zu hoher Bauwerkstemperaturen aufgrund ungünstiger Betonzusammensetzung und hohen Frischbetontemperaturen sowie fehlender oder ungenügender Nachbehandlung des Betons. Im fehlenden Austrocknen bzw im Vorliegen zu großer Temperaturunterschiede sieht Horvath die größte Gefahr für die Rissbildung. Für die Nachbehandlungsphase gibt die Betonnorm konkrete Anweisungen, umgesetzt werden kann sie z. B. durch Feuchthalten, Abdecken mit Folien bzw. Bauschutzmatten, Aufsprühen von flüssigen Nachbehandlungsmitteln oder Belassen der Schalung. Statisch bedingte Risse, oft als Setzungsrisse bezeichnet, sind Risse im Gebäude, die durch ungleichmäßige Lastverteilung auf das Fundament und das tragende Mauerwerk verursacht werden.
Mission Riss
Oft kann die Entstehung von Rissen auf Entwurfsfehler wie zu große Fugenabstände, unzureichende betontechnische Maßnahmen sowie unvollständige oder falsche Bemessungsgrundlagen und Ausführungsfehler (z. B. falsche Lage oder Anordnung der Bewehrung, mangelhafte Verdichtung sowie unzureichende oder fehlende Nachbehandlung) zurückgeführt werden. Bestes Mittel gegen gebrauchsschädigende Risse ist daher laut Andreas Hierreich eine sorgfältige Planung, wobei die Aspekte Tragwerkskonzept inklusive Betonplanungsgesprächen, Betontechnologie und Nachbehandlung als nahezu gleichwertig anzusehen sind.
Für die Vorbeugung unerwünschter Risse bietet die Betonnorm ÖNORM B 4710-1 eine Vielzahl an Maßnahmen. Trotzdem zeigt die Praxis, dass sich Risse nicht völlig ausschließen lassen. Denn Beton hat eine Schwindung von in der Regel 400 bis 500 Mykrometer pro Meter (0,4 bis 0,5 mm/m). Bei sehr langen Bauteilen fehlt diese Möglichkeit. »Das ist der Ursprung jeglichen Risses«, berichtet Gerhard Haiden. Besonders kritisch ist laut Habau der Kellerbau bzw. Wannenbau, wo Bauwerke starken Zwängen und hohen Anforderungen gegenüber Wasserdichtheit ausgesetzt sind. Hier zeigt sich immer wieder, dass Risse nicht völlig vermeidbar sind.

Bild: Gemäß technischer Normen wie Eurocode 2 gilt Beton mit Rissbreiten über 0,2 bzw. 0,3 mm oft als gerissen und kann als Mangel gesehen werden.
Begrenzt wird die Rissbildung üblicherweise durch Anordnung von Schein-, Arbeits- und Bewegungsfugen. Auch schwindreduzierende Betonzusatzmittel können Risse vermeiden. Mapei bietet etwa das Mapecrete System, bei dem der Schwindreduzierer durch ein Expansionsmittel verstärkt wird. »Damit kann die Schwindung bei Beton, die bei circa 500 Mykrometer pro m liegt, auf 200 Mykrometer gesenkt werden«, informiert Gerhard Haiden. Entscheidend ist auch die Wahl der Betonsorte. Jede Rezeptur habe ihre eigenen Stärken. Im Hochbau braucht man oft hohe Festigkeiten, die früh erreicht werden müssen, im Tiefbau zählt Dauerhaftigkeit.
Für Spezialanwendungen gibt es selbstverdichtende Betone. »In der Praxis erleben wir große Unterschiede bei den Bauherren«, berichtet Trauner. »Manche wissen sehr genau, welche Betonsorte für ihre Anforderungen passt, andere – vor allem private Auftraggeber – sind unsicher.« Andreas Hierreich spricht das Thema Zementgehalt an. »Ein zu hoher oder falscher Zementgehalt im Beton kann Risse verursachen, insbesondere durch die entstehende Hydratationswärme oder durch ein ungünstiges Mischungsverhältnis mit Wasser. Das führt zu Schwindrissen.«
Risse beobachten
Risskontrolle ist laut Habau Teil des Qualitätsmanagements. »In der Praxis beginnt die Dokumentation aber oft erst, wenn ein Riss sichtbar ist«, betont Georg Trauner und verweist auf Rissbreitenlineal, Gipsmarken und Drohnenaufnahmen. Mit Sensoren, die direkt in die Bewehrung eingebaut werden, lassen sich Dehnungen und Temperaturentwicklungen als mögliche Rissursachen messen. »In einem Hochbau sind Risse relativ harmlos, weil die expositionelle Beanspruchung gering ist«, stellt Johannes Horvath fest.
Herausfordender sind z. B. Brückenbauwerke mit Spannbeton. Hier erfolgt die Inspektion bei Neubauten alle fünf Jahre, je älter das Bauwerk ist, umso häufiger. »Man prüft die Oberfläche optisch, visuell und organoleptisch.« Sind Risse vorhanden, werden Dioden gesetzt, um die Rissentwicklung aufzunehmen. Entscheidend ist der Durchführungszeitpunkt: im Winter zieht sich das Bauwerk zusammen, der Riss wird größer - im Sommer umgekehrt. Vorhersagen lassen sich Rissbreiten nur eingeschränkt. »Der Eurocode arbeitet mit einem semi-probabilistischen Sicherheitskonzept. Dabei werden Einwirkungen wie Lasten oder Temperaturänderungen den Widerständen aus Material und Bewehrung gegenübergestellt«, informiert Georg Trauner.
Trotz korrekter Berechnungen können natürlich Risse auftreten. Baustellenbedingungen wie Temperatur oder Feuchtigkeit lassen sich nicht vollständig berechnen. Bei Rissen, die die Funktion des Bauteils beeinträchtigen, werden v. a. Polyurethan, Acryl und Epoxyharz eingesetzt. Zum kraftschlüssigen Verbinden von Rissen in Estrichen auf Trenn- oder Dämmlage und von Arbeitsfugen bietet sich z. B. der weber.floor Wellenverbinder in Verbindung mit weberfloor Blitzharz easy, einem schnell härtenden, 2-Komponenten und polymermodifizierten Silikatharz.

Bild: »Die Nachbehandlung von jungem Beton dient unter anderem dem Schutz gegen vorzeitiges Austrocknen der Oberfläche, der Verhinderung von zu starkem Abkühlen oder Erwärmen der Oberfläche und reduziert die Rissgefahr«, betont Christoph Ressler, GVTB/BDÖ.
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