Thursday, May 29, 2025

Mehrwert für Manager

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Künstliche Intelligenz optimiert Prozesse, eröffnet neue Geschäftsfelder und treibt Innovationen voran. Doch sie bringt auch tiefgreifende Herausforderungen – für den Arbeitsmarkt, für Unternehmen, für unsere Gesellschaft. Bei der Enquete »KI – Chancen und Herausforderungen für Europa« im April im Palais Eschenbach in Wien diskutierten Expert*innen zum Energiebedarf in der IT, Anwendungsfällen von KI, der Rolle Österreichs darin, und einer strategischen »Denkrichtung« in der Umsetzung von Technologieprojekten.


Zahlen von McKinsey zufolge wird sich der Leistungsbedarf im Serverbereich von heute weltweit 60 GW bis 2020 auf 410 GW vervielfachen. Haben wir genügend Energie für die KI-Revolution?

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Thomas Maderbacher, Geschäftsführer Wiener Netze: "Die Stromnetzbetreiber sind vor wenigen Jahren mit dem Bedarf einzelner Rechenzentren der 20 bis 30 MW Leistung konfrontiert worden. Das entspricht schon einem mittleren Industriebetrieb. Relativ rasch sind dann Standorte mit 100 MW Bedarf und mehr dazugekommen. Aktuellste Anfragen von Rechenzentrumsbetreibern in Österreich bewegen sich bei 500 MW Leistung. Der Unterschied zu anderen Kunden aus der Wirtschaft ist die sehr gute Ausnutzung übers gesamte Jahr. Wir erwarten eine sehr hohe Gleichzeitigkeit und besonders viele Verbrauchsstunden. Das ist für einen Infrastrukturbetreiber prinzipiell etwas Gutes, stellt aber besonders hohe Anforderungen an die Ausfallsicherheit.

Ich glaube nicht, dass die elektrische Energie das große Problem sein wird. Denn gleichzeitig haben wir beispielsweise in Wien in den Verteilernetzgebieten seit einigen Jahren eine leicht rückläufige Stromnachfrage und rückläufigen Leistungsbedarf. Gründe dafür sind der Ausbau von PV-Eigenerzeugung und generell Effizienzfortschritte, etwa in der Beleuchtung. Ich sehe die große Herausforderung aber bei der politischen und gesellschaftlichen Energie, ein nachhaltiges, klimaneutrales Europa zu schaffen, das auch resilient ist."


Wie neue Standorte ausgewählt werden und warum sichere Energie so wichtig ist

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Bernd Konnerth, Public Sector Lead Microsoft: "Wir arbeiten kontinuierlich daran, die Energieeffizienz unserer Rechenzentren zu verbessern, mit dem Ziel, unsere globale Infrastruktur noch nachhaltiger und effizienter zu machen. Bei 300 Rechenzentrumsregionen weltweit und Milliardeninvestitionen in Infrastruktur in Europa sind Effizienzmaßnahmen ein Riesenhebel bei der Einsparung von Ressourcen. Das gilt natürlich auch für die kommende Rechenzentrumsregion in Österreich. Hier setzen wir von Beginn an auf Strom aus erneuerbaren Quellen. Zentrale Rechenzentren benötigen auf jeden Fall Strom, das steht außer Zweifel, aber sie ermöglichen dann Einsparungen in anderen Bereichen der Wirtschaft.

KI ist ähnlich wie Strom eine Basistechnologie: Sie kommt sprichwörtlich aus der Steckdose und liefert je nach Anwendung einen Nutzen. Generative KI hilft etwa bei repetitiven Aufgaben: beim Zusammenfassen von Texten, bei Korrekturen, Übersetzungen, auch live in Gesprächen oder bei der Dokumentation im Nachgang eines Meetings. Mit dem Microsoft Co­pilot formuliere ich E-Mails in meiner Sprache und verschicke sie, fehlerfrei formuliert auf Englisch. KI bietet ein enormes Wachstumspotenzial. Einer Studie von Microsoft mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut Economica und Accenture zufolge kann Österreich mit der breiten Anwendung von KI die Wertschöpfung innerhalb von zehn Jahren um 18 Prozent steigern."


Welchen Nutzen KI-Anwendungen für das Parlament haben und wie Politik und Gesellschaft profitieren

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Peter Reichstädter, CIO und Leiter IKT-Strategie des Österreichischen Parlaments: "Der Weg zur Nutzung beginnt immer mit den Hausübungen, so auch bei uns. Zunächst gilt es, mit Datenklassifikationen und einem Sicherstellen der Datenqualität, verbunden mit dem Hinterfragen und Gestalten von Prozessen, die Basis für Neues zu schaffen. Als großes Anwendungsfeld im parlamentarischen Umfeld sehe ich die Transkription mit »Speech to Text« für die stenografischen Protokolle in der täglichen Arbeit. Auch die Suche von Text, die Unterstützung von politischen Klubs bei der Recherche, beim Untertiteln von Inhalten  – es gibt zahlreiche Einsatzbereiche mit einem großen Nutzen für die Menschen. Wir tauschen uns auch mit Parlamenten international aus, um voneinander zu lernen. Wichtig ist, dabei zunächst seine Prozesse und deren Digitalisierung und Automatisierung im Griff zu haben. Nur dann lohnt es sich, auch über den Einsatz von KI nachzudenken."

KI und Demokratie: Worauf man aufpassen muss

Peter Reichstädter: "Man muss sich sicherlich auch die Risiken durch KI für unsere Gesellschaft bewusst machen, wenn ich an Fake News bei einer Meinungsbildung und Social Engineering bis hin zur Manipulation von Wahlentscheidungen denke. Gleichzeitig können wir aber auch Wege und Lösungen aufzeigen, um diesen Herausforderungen sicher begegnen. Die beste Versicherung ist dabei die »Digital Literacy« der Bürger*innen – es gilt, die nötigen Kompetenzen für den digitalen Raum zu erwerben."

 

Werte sind wichtig und von KI nicht ersetzbar

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Sabine Singer, Founder & CEO Sophisticated Simplicity: "Wir haben den Ansatz des »Value Based Engineerings« in Hinblick auf KI-Anwendungen weiterentwickelt und sehen diesen als strategische Denkrichtung für das 21. Jahrhundert. Es geht nicht darum, dass KI-Expert*innen ohne Rücksicht auf andere Produkte und Services entwickeln würden. Aber es besteht eine gewisse Schwierigkeit, eine Wertvorstellung und Erwartung an ein Projekt in ein konkretes Systemdesign zu übersetzen. Dazu brauchen Unternehmen und Entwicklungsabteilungen eine Methodik, die eben »Value Based Engineering« liefern kann.

Das Schaffen von Bewusstsein dafür steht am Anfang: Eine Führungskraft muss ihren eigenen Wertekompass kennen, um entsprechend auch ein Unternehmen führen und gemeinsam mit IT-Dienstleistern KI-Anwendungen entwickeln zu können. Regelwerke wie der »EU AI Act« erklären den nicht, in welcher Weise Werte wie Transparenz, Fairness und Würde in einen konkreten Service zu übersetzen sind. Wir raten dazu, bereits zu Beginn einer Entwicklung die Auswirkungen von KI-Anwendungen intern und extern zu prüfen. Schaffe ich damit eine Effizienzsteigerung oder kreiere ich tatsächlich einen Mehrwert? Bei Letzterem empfehle ich, vom klassischen Ansatz einer Problemlösung wegzukommen.

Innovation entsteht nicht aus einem alten Problem heraus, sondern mit der völligen Neugestaltung eines Geschäftsmodells. Das erfordert auch die Weiterbildung meiner Mitarbeitenden. KI wird zum Betriebssystem der Zukunft, das wir mit dem richtigen Prompting auch erst einmal beherrschen lernen müssen."

 

Genau und verlässlich: KI Made in Austria

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Helmut Leopold, Head of Center for Digital Safety & Security, AIT Austrian Institute of Technology, Projektpartner AI Factory Austria: "Wir haben mit KI-trainierten Daten einen Fakeshop-Detektor entwickelt, der Online-Betrug entdeckt und verhindern hilft. Online-Shop-Besucher*innen werden gewarnt, falls sie auf gefälschte, betrügerische Seiten stoßen. Das Produkt »Made in Austria« hat in einem weltweiten Ranking ähnlicher Tools die Nummer eins bei Genauigkeit und Verlässlichkeit erreicht. Dieses Beispiel zeigt, dass es auch ohne Milliardeninvestitionen gehen kann. Dazu brauchen wir nicht nur vielseitig ausgebildete Data Scientists, sondern auch Partner – in diesem Fall ist es das Österreichische Institut für angewandte Telekommunikation ÖIAT –, die über die nötigen Daten aus der Praxis, hier gemeinsam mit der Polizei, verfügen. Mein Aufruf an alle in Österreich: Wenn wir uns zusammentun und die richtigen Daten in entsprechenden Ökosystemen fair austauschen, können wir KI-Modelle trainieren und zu einem Erfolg weltweit bringen, und vor allem wichtig, eine verantwortungsvolle Entwicklung von KI-Lösungen sicherstellen."

Die Universitäten sind an Bord und öffentliche Finanzierung hilft Start-ups und KMUs

Helmut Leopold: "Viele, vor allem kleinere Unternehmen, werden es sich nicht leisten können, selbst in große Rechenzentren zu investieren. Um trotzdem eine Souveränität für den Wirtschaftsstandort auf diesem Gebiet zu schaffen, zielt die AI-Factory-Initiative der EU auf das Bereitstellen von Rechenkapazitäten in den Mitgliedstaaten ab. Österreich ist nun in der zweiten Ausschreibungsrunde an Bord und wird mit einer öffentlich finanzierten AI Factory den KMU und Startups eine niederschwellige Alternative für das Training von KI-Modellen anbieten können. Mit der TU Wien als Standort für den Aufbau der Rechenleistung sind
in dieser Arbeitsgruppe auch alle weiteren großen Universitäten an Bord, ebenso wie das AIT als Forschungspartner."


Hier geht es zum ersten Teil des Nachberichts mit weiteren Links zu Fotos und Videos der Veranstaltung "Enquete KI" des Report Verlag im April in Wien. Partner sind das Bundesrechenzentrum, Nagarro, LeitnerLeitner, msg Plaut und IT-PS: https://www.report.at/tech/ki-nutzen-fur-unternehmen


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»Die Enquete KI, eine großartige Gelegenheit, sich mit Expert*innen auszutauschen und zu Projekten beizusteuern.« Werner Höger, Geschäftsführer IT-PS


Das E-Paper des Report Verlag mit Tipps

Empfehlungen und Hintergrundgeschichten zum Einsatz von KI in Unternehmen und in der Verwaltung. Mit Beiträgen von Nagarro, Bundesrechenzentrum, msg Plaut, LeitnerLeitner und aus der Redaktion des Report: https://online.fliphtml5.com/jlgle/xzxw/#p=1

Fotos der Veranstaltung: https://www.flickr.com/photos/award2008/albums/72177720324972741/

Videos der Veranstaltung: https://www.youtube.com/@reportverlag7074/videos

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