Wednesday, November 12, 2025

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Wie sieht die digitale Infrastruktur der Zukunft aus – und wie kann sie in Österreich finanziert werden? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer hochkarätigen Diskussionsrunde mit Sprechern der Netzbetreiber A1, Magenta und Spusu bei den Cable Days.

Foto: Cityfoto/Roland Pelzl

„Wir bauen nicht ein Netz der Zukunft, sondern verschiedene Netze der Zukunft“, betonte Florian Parnigoni, COO spusu und Geschäftsführer spusu Infrastruktur, bei der Telekommunikationstagung der Wirtschaftskammer in Linz. 5G und Glasfaser sind die Schlüsseltechnologien, daneben werde es aber auch Platz für weitere Übertragungsarten wie Kabelnetze oder Funklösungen geben. „Wir errichten unsere Netze so, dass sie 100 Jahre halten können – die Zukunftssicherheit ist entscheidend.“ 

Michael Seitlinger, er ist Director Wholesale & Corporate Affairs bei A1 Telekom Austria, wollte die Diskussion von der reinen Technikbetrachtung lösen: „Unsere Kunden kaufen keine Technologie, sie wollen Dienste, die einfach funktionieren.“ Jährlich investiere A1 rund eine halbe Milliarde Euro in Infrastruktur, vor allem in Glasfaser und 5G. Er warnte aber vor regulatorischen Verzerrungen: „Internationale Anbieter, die in Europa keine physische Infrastruktur haben, unterliegen keiner Regulierung. Das verzerrt den Wettbewerb gegenüber lokalen Betreibern.“

Volker Libovsky, CTIO Magenta Telekom, sprach sich für einen realistischen Technologiemix aus. Magenta führt seit fünf Jahren ein umfassendes Upgrade der bestehenden DOCSIS-Infrastruktur durch und integriert parallel Glasfaser in die bestehenden Netze. Ziel ist, Glasfaser möglichst tief bis zum Endkunden zu bringen, „aber in minimalinvasiver Art“.

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Bild: Volker Libovsky betonte, dass Infrastrukturentscheidungen nicht aus „Technologieliebe“ getreffen werden, sondern auf Basis von Wirtschaftlichkeit und Kundennutzen.

Magenta investiert in Österreich jährlich dreistellige Millionenbeträge in Netzausbau, Modernisierung und 5G. Parallel dazu verfolgt das Unternehmen eine Strategie der langfristigen Kooperation mit Finanzpartnern für den Netzausbau. Doch im internationalen Vergleich kommen Länder mit geringeren Ausbaukosten schneller voran, während in Österreich der hohe Aufwand für Tiefbauarbeiten und Genehmigungen bremst. Der Konzern versuche deshalb auch über Partnerschaften mit regionalen Infrastrukturanbietern – zum Beispiel Breitbandgesellschaften in Oberösterreich und Tirol – wirtschaftlich tragfähige Modelle zu schaffen.

Beim Blick auf Anwendungen herrschte in der Runde Einigkeit: Der Haupttreiber bleibt Video, vom Streaming bis zum Gaming. Libovsky betonte, dass jede höhere Auflösung mehr Kapazität erfordere. Und künstliche Intelligenz wird in Zukunft enorme Bandbreiten erfordern. Schon heute zeichne sich ab, dass KI und datenintensive Cloud-Dienste auch die Stromnetze auf eine neue Belastungsstufe heben würden. Florian Parnigoni ergänzte, dass nicht nur die Datenmenge, sondern auch die Zahl der Geräte im Haushalt rasant steige: „Ich habe zu Hause 35 WLAN-Geräte – vom Kühlschrank bis zur Kaffeemaschine.“ Branchenkollege Michael Seitlinger warnte dennoch vor Übertreibung: „Ein Netflix-UHD-Stream braucht 25 Megabit. Der typische Haushalt kommt mit 150 bis 200 Megabit aus.“ Der Datenverbrauch steige zwar weiter, aber mit abnehmender Wachstumsrate.

Wirtschaftlich bleibe vor allem der leitungsgebundene Netzausbau eine Herausforderung. „Die Refinanzierung liegt im zweistelligen Jahresbereich“, erklärte Libovsky. Genehmigungsverfahren müssten beschleunigt und Kosten gesenkt werden. Österreich sei bei den Ausbaukosten im europäischen Spitzenfeld: zwischen 2.500 und 4.000 Euro pro Anschluss.

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Bild: Hohe Ausbaukosten für Breitband: „Das müssen wir durch Kooperationen und regulatorische Verbesserungen abfedern“, forderte Michael Seitlinger, A1.

Auch die Politik müsse verlässliche Rahmenbedingungen schaffen. „Wir brauchen Rechtssicherheit“, mahnte Seitlinger. Rückwirkende Eingriffe wie bei der Servicepauschale schreckten Investoren ab. „So etwas ist Gift für langfristige Investitionsentscheidungen.“

Spusu-Manager Parnigoni brachte die ökonomische Realität auf den Punkt: „Der Return hängt davon ab, wie viele Kunden tatsächlich das Netz nutzen. Zwischen 30 und 70 Prozent Take-Rate entscheidet über Gewinn oder Verlust. Und der Kunde ist preissensibel – fünf Euro mehr im Monat akzeptiert kaum jemand.“ Gleichzeitig seien Personalkosten massiv gestiegen, was die Kalkulation weiter erschwere.

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Bild: Beim Thema Förderung plädierte Parnigoni für ein Umdenken. Statt Netzbetreiber zu fördern, solle man Endkunden unterstützen – ähnlich wie bei der Photovoltaik. Wer Anschlüsse wirklich nutze, sorge letztlich auch für die Refinanzierung. 

Kooperation ist kein Schlagwort, sondern Überlebensstrategie. Libovsky machte deutlich, dass es wirtschaftlich nicht darstellbar sei, in jeder Region mehrere parallele Glasfasernetze aufzubauen. Stattdessen brauche es Zusammenschlüsse von Betreibern, Gemeinden und regionalen Infrastrukturanbietern. Auch Seitlinger sprach sich für mehr Koordination im Tiefbau aus: „Wir müssen verhindern, dass jede Straße mehrfach aufgerissen wird.“ Technologisch ist Österreich gut aufgestellt, finanziell und regulatorisch aber gefordert. „Infrastruktur ist nicht einfach zu ersetzen“, sagte Libovsky abschließend. „Wer hier investiert, investiert in die Zukunft des Landes.“

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