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Das war die Enquete "Chance Bau 2025"
Auch in der 20. Auflage bestätigte die Enquete »Chance Bau« ihren Ruf als Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft. Inhaltlich drehte sich alles um die Themen »Baukonjunktur« und »Wohnbau«. Besonders laut war der Ruf nach Deregulierung. Dazu gab es hochkarätige Workshops und eine prominent besetzte Expertenrunde.
Mehr als 100 Gäste folgten der Einladung des Bau & Immobilien Report ins altehrwürdige Palais Eschenbach im ersten Wiener Gemeindebezirk. Sie sollten ihr Kommen nicht bereuen. In zwei Podiumsdiskussionen wurden die zentralen Themen der Branche von prominenten Vertreter*innen der Bauwirtschaft mit den Bautensprecher*innen der Regierungsparteien ÖVP, Norbert Sieber, und Neos, Sophie Wotschke, sowie dem Wiener Landtagsabgeordneten Omar Al-Rawi in Vertretung von Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal besprochen. Deep Dives schon vor der öffentlichen Publikumsveranstaltung gab es für die Teilnehmer*innen von drei exklusiven Workshops. Parallel dazu erarbeitete eine hochkarätig aus verschiedenen Teilbereichen der Bauwirtschaft zusammengesetzte Runde Antworten auf die Frage, welche Schritte und Maßnahmen es braucht, um die Baukonjunktur kurz-, mittel- und langfristig anzukurbeln und vor allem, was die Politik tun kann und soll. Die Auftragnehmerseite wurde von Stefan Graf, CEO Leyrer + Graf, repräsentiert, die Auftraggeberseite von Andreas Fromm, Geschäftsführer Asfinag Bau Management. Für die Zulieferindustrie nahmen Wolfgang Moser, Geschäftsführer Wopfinger Transportbeton, und Robert Novak, Präsident ÖXPS, teil. Komplettiert wurde die Runde von Michael Klien, Bau-Experte beim WIFO, und Daniel Deutschmann von Heid und Partner Rechtsanwälte. Die erarbeiteten Maßnahmen wurden von Stefan Graf, Andreas Fromm und Wolfgang Moser als gewählte Vertreter der Runde auf der Bühne präsentiert und gemeinsam mit der Politik diskutiert.
Bild: Report-Herausgeber Alfons Flatscher mit den Teilnehmer*innen der beiden Podiumsdiskussionen Stephan Heid, Heid und Partner Rechtsanwälte, Stefan Graf, Leyrer + Graf, Yvonne Otrob, Strabag, Omar Al-Rawi, Stadt Wien, Norbert Sieber, ÖVP, Wolfgang Moser, Wopfinger Transportbeton, Sophie Wotschke, Neos, Johann Marchner, Wienerberger, Michael Gehbauer, GBV, und Andreas Fromm, Asfinag (v. r. n. l.).
Die Anfänge der »Chance Bau«
Zu Beginn der Publikumsveranstaltung warf Report-Herausgeber und Initiator der Enquete »Chance Bau«, Alfons Flatscher, einen Blick zurück auf die Anfänge der Veranstaltung. »Die Idee zur Enquete ›Chance Bau‹ entstammt einer Diskussion mit Bauleuten, die gejammert haben«, so Flatscher. Der Branche fehlte das Selbstvertrauen, dabei sei sie doch kein Bittsteller, sondern ein wesentlicher Bestandteil von Gesellschaft und Wirtschaft. »Ihr habt unglaubliche Chancen und ein großartiges Angebot. Denn ohne Bau gibt es keine Schulen, keine Infrastruktur, keine Wohnungen. Mit der ‚Chance Bau‘ haben wir der Branche eine Plattform gegeben, um auf Augenhöhe mit der Politik zu kommunizieren«, so Flatscher. Wohnbaustadt- und -landesräte folgten der Einladung ebenso wie Bautensprecher*innen, Staatssekretär*innen sowie Minister*innen und machten die »Chance Bau« zur zentralen Drehscheibe zwischen Politik und Bauwirtschaft.
Podiumsdiskussion »Wohnbau«
In der ersten Podiumsdiskussion des Nachmittags diskutierten der Wiener Landtagsabgeordnete Omar Al-Rawi, Michael Gehbauer, Obmann des Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen GBV, Yvonne Otrob, Leiterin Hochbau Wien Strabag, Johann Marchner, Geschäftsführer Wienerberger Österreich, und der Bautensprecher der ÖVP, Norbert Sieber, unter der Leitung von Martin Szelgrad über den »kranken Mann der Bauwirtschaft«, den Wohnbau, und stellten sich der Frage, wie die Trendwende gelingen kann. Michael Gehbauer sprach die wichtige Rolle der Wohnbauförderung an, die wieder ausschließlich für den Wohnbau verwendet werden müsse. Dazu komme, dass die Ausgaben der Wohnbauförderung in den 90er-Jahren rund 1,3 % des BIP ausmachten, aktuell sei es nur noch ein halbes Prozent. Johann Marchner verwies auf die enorm gestiegenen Energiekosten, die das Bauen massiv verteuert haben. »50 % unserer Produktionskosten entfallen auf Energie«, so Marchner, der auf das von Wienerberger errichtete, erste CO2-freie Ziegelwerk der Welt verwies, um sich von fossilen Energieträgern unabhängig zu machen. Ein weiterer Preistreiber seien die inflationsbedingten hohen Lohnkosten. Sein Appell an die Politik sind leistbare Strompreise und ein Netzausbau sowie in Richtung der Sozialpartner moderate Kollektivvertragsabschlüsse.
Einen Lösungsansatz, um Bauen und Wohnen leistbar zu machen, brachte Yvonne Otrob mit der seriellen Vorfertigung ins Spiel. »Die technische Machbarkeit ist längst gegeben, es scheitert an den Ängsten vieler Akteure in der Branche, Angst ihr gesamtes Geschäftsfeld oder wesentliche Marktanteile zu verlieren«, so Otrob, die auf das von der Strabag jüngst vorgestellte Konzept »Tetriqx« verwies, das die Baukosten auf 1950 Euro pro Quadratmeter senken soll. Aktuell würde man viel Personal auf den Baustellen brauchen, um Überraschungseffekte aus einer mangelhaften geplanten Bauausführung lösen zu können, Stichwort: baubegleitende Planung. Dem Geist der Veranstaltung folgend, müssten nun Ängste in Chancen umgewandelt werden. »Jeder von uns muss seine Komfortzone verlassen.«
Norbert Sieber appellierte an die Banken, Investitionen zu ermöglichen. »Es sind kaum Wohnbaukredite geplatzt, es braucht wieder mehr Vertrauen«, so Sieber. Die Mietpreisbremse verteidigte er aufgrund der stark gestiegenen Mieten in den letzten Jahren. »Nach zwei, drei Jahren muss aber auch wieder Schluss sein, um Investitionen zu ermöglichen.«
Omar Al-Rawi bedauerte, dass man in der Vergangenheit keine Energiebremse geschafft habe, was die hohe Inflation gebremst hätte und mehr Platz für Investitionen geschaffen hätte. Die Stadt Wien hätte in den letzten 20 Jahren aber viel getan, um die Baukosten zu senken, etwa bei der Stellplatzverpflichtung oder mit Baurechtsverträgen. Die rückläufigen Baugenehmigungen seien zum Teil auch auf Widmungsverzögerungen durch Bürgerinitiativen zurückzuführen. »Wien hat eines der transparentesten und partizipativsten Widmungsverfahren, das ich kenne. Es hat aber auch Schattenseiten.«
Podiumsdiskussion »Baukonjunktur«
In der zweiten Podiumsdiskussion des Nachmittags gingen Stefan Graf, CEO Leyrer + Graf, Andreas Fromm, Geschäftsführer Asfinag Bau Management, und Wolfgang Moser, Geschäftsführer Wopfinger Transportbeton, als Vertreter der vorangegangenen nicht öffentlichen Expertenrunde gemeinsam mit Rechtsanwalt Stephan Heid und der Bautensprecherin der Neos, Sophie Wotschke, der Frage nach, wie die Bauwirtschaft wieder zum Konjunkturmotor werden kann.
In der Expertenrunde stellte Moderator Alfons Flatscher den Teilnehmern die Frage, was sie auf den Weg bringen würden, wenn sie einen Tag lang Alleinherrscher wären. Stefan Graf hatte den laut eigener Aussage radikalsten Ansatz. Man müsse zu einer High-Performance-Gesellschaft werden, um aus der Wertschöpfung Wohlstand zu generieren. »Davon sind wir weit entfernt. Wir haben einen Luxus-Sozialstaat, den wir reduzieren müssen.« Gleichzeitig sei Arbeit viel zu hoch besteuert. »Hier braucht es eine Erleichterung.« Davon sollten 80 % den Arbeitnehmer*innen zu Gute kommen, 20 % den Unternehmen.
Andreas Fromm berichtete, dass die Asfinag jährlich rund zwei Milliarden Euro investiere. »Da ist es natürlich gut, wenn wir Angebote bekommen und einen Markt haben.« Es könne nun auch viel Manpower aus dem Hochbau im Tiefbau eingesetzt werden. Trotz Sparzwang seien keine Investitionsaufschübe geplant. »Wenn ich heuer eine Milliarde weniger in den Erhalt investiere, muss ich nächstes Jahr eine Milliarde mehr investieren, diese Ressourcen gibt der Markt aber gar nicht her.« Dann werde der Erhaltungsrückstand so groß, dass er nicht mehr zu bewältigen sei.
Wolfgang Moser forderte von der Politik, weiter in die Infrastruktur zu investieren. Das koste Geld, das irgendwo eingespart werden müsse. »Wir müssen die bestehenden Strukturen hinterfragen, die Bauvorschriften, aber auch die Förderungssysteme.« Die Mittel müssten so eingesetzt werden, um langfristig wieder die Basis für Erfolg zu schaffen. Die Lasten müssten so verteilt werden, dass sie zumutbar sind.
Sophie Wotschke sprach sich ganz klar für mehr Deregulierung aus, um die Baukosten zu senken. Ein wesentlicher Hebel wären etwa die neun Bauordnungen, die es zu reduzieren gelte. Bei der Sanierung sollte man sich an den Standards orientieren, die zum Zeitpunkt der Bewilligung gegolten haben. Und überall dort, wo es nicht um essenzielle Sicherheitsfragen gehe, müsse verschlankt werden. Damit erntete die Neos-Bautensprecherin viel Zuspruch von Podium und Publikum.
Auch Stephan Heid machte sich für das Thema Deregulierung stark und brachte die Initiative »Bauen außerhalb der Norm« ins Spiel, bei dem in bestimmten Fällen von nicht sicherheitsrelevanten Normen abgewichen werden kann. Auch die Prä-Qualifikation von Bauunternehmen könne zu einer Vereinfachung und Kostenreduktion führen. Eine Möglichkeit, drohenden Preiskämpfen entgegenzuwirken, ist laut Heid, auf kooperative Vertragsmodelle bis hin zu Partnerschaftsmodellen zu setzen. »Dabei sitzen alle im selben Boot und es werden Win-Win- oder Lose-Lose-Situationen geschaffen.« Der kooperative Ansatz ist laut Heid ein Selbstläufer, denn alle Bauherren, die Heid und Partner Rechtsanwälte bislang begleitet hat, haben auch die nächsten Projekte wieder kooperativ angelegt.
Nach der zweiten Diskussionsrunde wurde im gemütlichen Ambiente bei Speis und Trank noch intensiv weiterdiskutiert.
Die Premiere:
Die 20. Auflage der Enquete »Chance Bau« brachte auch eine Premiere. Erstmals wurden im unmittelbaren Vorfeld der Publikumsveranstaltung auch drei exklusive Workshops durchgeführt. Die Themenpalette reichte von der künstlichen Intelligenz über die kooperative Projektabwicklung bis hin zur richtigen Projektversicherung. Die zentralen Erkenntnisse wurden von den jeweiligen Workshop-Leitern im Rahmen der Enquete dem Publikum vorgestellt.
Workshop "Projektversicherung": Unter dem Motto »Eine Polizze für das ganze Projekt« gaben Bernhard Nigl und Thomas Karamat vom Versicherungsdienstleister Aon Austria einen Einblick in die Funktionsweise und die Vorteile der integrierten Projektversicherung. Im Workshop wurde anhand eines konkreten Projektbeispiels gezeigt, wie diese ganzheitliche Versicherungslösung aufgebaut ist und wie sie an das jeweilige Projekt angepasst werden kann.
www.aon.at
Workshop "KI am Bau": Mit PAULA hat das Start-up Propster seine webbasierte Plattform für Bemusterung, Vertrieb, Individualisierung und Kommunikation zwischen Projektentwicklern und deren Käufern um die KI-Assistentin erweitert. Damit können repetitive Prozesse im Projektalltag automatisiert und durch künstliche Intelligenz abgewickelt werden. Im Workshop gaben Propster-Gründer und CEO Milan Zahradnik gemeinsam mit Ai First Leaders-Gründer und CEO Andreas Eder Einblicke in die Praxis von Agentic AI und zeichneten den Weg von der Idee bis zur fertigen Lösung nach.
www.propster.tech
Workshop "Chance KOOperation Bau": Eine Premiere in der Premiere brachte der Workshop »Chance KOOperation Bau« unter der Leitung von KOO.BAU. Es war der erste öffentliche Auftritt des neugegründeten Vereins (siehe auch S. 42). Die Gründungsmitglieder Wolfgang Kradischnig, Leonidas G. Schafferer und Markus Gaugeler zeigten, was der Mehrwert einer echten Kooperation am Bau ist. Eingebracht wurden fundiertes Wissen und praktische Werkzeuge für erfolgreiche Zusammenarbeit sowie konkrete Handlungsempfehlungen, um häufig auftretende Fehler zu vermeiden.
www.koo-bau.com
Die Expertenrunde:
Parallel zu den drei Workshops fand auch eine hochkarätig besetzte Expertenrunde zum Thema »Baukonjunktur« statt. Die aus verschiedenen Teilbereichen der Bauwirtschaft zusammengesetzte Runde ging gemeinsam der Frage nach, welche Schritte und Maßnahmen es braucht, um die Baukonjunktur kurz-, mittel- und langfristig anzukurbeln und vor allem, was die Politik tun kann und soll. Die Ergebnisse, die im Rahmen der Publikumsveranstaltung gemeinsam mit den Vertreter*innen der Politik diskutiert wurden, lassen sich wie folgt zusammenfassen: Gerade jetzt müsse die Politik investieren statt sparen; dort, wo gespart werden muss, solle das Rasenmäherprinzip angewendet werden, und Leistung müsse sich wieder lohnen.
Die Teilnehmer (alphabetisch)
- Daniel Deutschmann, Partner Heid & Partner Rechtsanwälte
- Andreas Fromm, Geschäftsführer Asfinag Baumanagement
- Stefan Graf, CEO Leyrer + Graf
- Michael Klien, Bau-Experte WIFO
- Wolfgang Moser, Geschäftsführer Wopfinger Transportbeton
- Robert Novak, Präsident ÖXPS
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