Montag, April 29, 2024

Ende 2008 präsentierten die Gewerkschaft Bau-Holz (GBH), die Bundesinnung Bau, der Fachverband Steine-Keramik und Global 2000 der Bundesregierung einen »Bau-Pakt« zur Ankurbelung der Konjunkturlokomotive Bau. Ein konkretes Ergebnis war der Sanierungsscheck, der seit seiner Einführung Höhen und Tiefen durchlebt hat. Der GBH-Umweltsprecher Andreas Huss war von Anfang an federführend mit an Bord. Im Gespräch mit Report(+)PLUS blickt er zurück auf die Entstehungsgeschichte des Förderinstruments. 

Wann ist erstmals die Idee aufgekommen, zusätzlich zu bestehenden Förderungen wie z. B. der Wohnbauförderung, von der Politik eine staatliche Förderung von Sanierungsleistungen zu fordern?

Andreas Huss: Diese Idee reifte bereits im Jahr 2007. Es ist uns dann 2008 gelungen, unsere Bau-Sozialpartner aus der Bundesinnung Bau und dem Fachverband Steine-Keramik zu überzeugen und die Umweltschutzorganisation Global 2000 mit ins Boot zu holen. Nach umfangreichen Vorarbeiten boten wir dann im November 2008 der Bundesregierung einen 5-Jahres-Bau-Pakt für Österreich an, dessen Kernpunkt Investitionen und Fördersysteme für die thermische Sanierung waren.

Wie lange hat es bis zur Umsetzung gedauert?

Huss: Nachdem wir umfangreiche inhaltliche Vorarbeiten geleistet hatten, ging es dann schnell: Am 26. März 2009 wurde im Nationalrat ein 100-Millionen-Euro-Paket zur thermischen Sanierung beschlossen. 
 
Auch wenn es schlussendlich schnell ging. Was waren die größten Hürden? Hatten Sie auch mal Sorge, das Projekt könnte scheitern?

Huss: Es war natürlich im Vorfeld viel Überzeugungsarbeit nötig. Wir haben umfangreiche Berechnungen präsentiert, was für eine Wertschöpfung und welche Umwelteffekte die Förderung der thermischen Sanierung bringt, wie viele Arbeitsplätze gesichert werden und wie viel Einnahmen der Staat lukriert. Alle Partner haben in ihren Bereichen »gekurbelt«, es gab zahlreiche Gespräche, aber letztendlich waren wir erfolgreich.

Die ersten Jahre gelten als großer Erfolg, danach war es eher ein Wellental. Wie blicken Sie zurück auf die mehr als zehn Jahre Sanierungspaket bzw. Sanierungsscheck? Was hat die Initiative bewirkt?

Huss: In der Politik ist man immer wieder mit Aufs und Abs konfrontiert. Und wenn es bergab geht, dann muss man Gegenmaßnahmen setzen. Wir Bau-Pakt-Partner haben das Projekt Sanierungsscheck ja niemals ruhen lassen und stetig daran weitergearbeitet, das Modell ausgebaut und an die aktuellen Erfordernisse angepasst. Deshalb wurde aus den Bau-Pakt-Partnern 2010 die Initiative Umwelt + Bauen mit insgesamt 15 Partnerorganisationen und deren Expertise.

Insgesamt ist der Sanierungsscheck ein Erfolgsmodell. Auch das jüngste Modell, der Energiescheck, den wir Ende 2022 präsentiert haben, hat bereits Früchte getragen und die Umweltministerin bewogen, die Sanierungsförderung 2023 deutlich aufzustocken. Wir schaffen mit unserer Initiative nicht nur die Möglichkeit, dass für viele Menschen das Sanieren leistbarer wird, wir schaffen auch Bewusstsein für das Thema.

Wie bewerten Sie die aktuelle Neuauflage? Wird man damit dem Ziel der Drei-Prozent-Sanierungsrate näherkommen?

Huss: Wir begrüßen das neue Modell als wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Natürlich kann es immer mehr sein – wir wollten eine Aufstockung auf 20.000 Euro und wir werden weiter daran arbeiten, das auch umzusetzen. Aber wir müssen viele einzelne Schritte setzen auf dem Weg, die Drei-Prozent-Sanierungsrate zu erreichen.

Gegenüber dem Anfang hat sich doch einiges verändert? Was bewerten Sie positiv, wo müsste die Politik noch nachschärfen?

Huss: Im Jahr 2008 war das öffentliche Bewusstsein für den Klimawandel und seine Auswirkungen natürlich noch bei Weitem nicht so ausgeprägt. Das hat sich deutlich zum Positiven geändert. Gerade in der Bauwirtschaft hat sich in den vergangenen Jahren enorm viel in Richtung Klimaschutz getan, da gibt es bei vielen einen starken Willen zur Veränderung. Heute ist auch unbestritten klar, dass die personalintensive thermische Sanierung tausende Arbeitsplätze sichert und damit eine Win-win-Situation ist.

In der Politik sehe ich trotzdem noch viel Handlungsbedarf. Bei einigen Verantwortlichen ist noch nicht durchgedrungen, dass man in einigen Bereichen zuerst stark investieren muss, um danach positive Effekte, Wertschöpfung und neue Einnahmen herauszuholen. Mir fehlt bei den Verantwortlichen oft auch ein realistischer Blick auf das große Ganze. Ich denke da zum Beispiel daran, was für Chancen mit dem »Killen« der Wohnbauinvestitionsbank vergeben wurden, was wir damit gerade jetzt bei steigenden Zinsen mit günstigen staatlichen Krediten erreichen hätten können, was wir mit deutlich mehr Sanierungsförderung weiterbringen hätten können und vieles mehr. Da haben wir noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

(Titelbild: OEGB)


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