Sonntag, Mai 12, 2024
Energie aus Müll

Erneuerbare im Bereich Abfallwirtschaft: Wie »gemanagter« Abfall Energie spart und produziert. Ein Kommentar von Hans Roth, Präsident des Verbands Österreichischer Entsorgungsbetriebe.

Ein interessantes Zukunftsszenario: Aus Abfall wird verwertbarer Brennstoff hergestellt, mit dem die österreichische Industrie ihren gesamten Energiebedarf autark decken kann. Reine Utopie? Ganz und gar nicht: Bereits seit 1988 werden konventionelle, fossile Energieträger durch sogenannte Ersatzbrennstoffe – von Tierfett über Kunststoff bis Altreifen – ersetzt, Tendenz stark steigend. Darüber hinaus werden aus Abfällen zahlreiche Wertstoffe gewonnen, wie Papier, Glas oder Aluminium, deren Wiederverwertung schlicht und einfach Energie spart. Und nicht zuletzt entsteht durch die energetische Nutzung auch direkt Wärme oder Strom.

Doch der Reihe nach: Die Förderung von Energie aus Abfall, um so die Abhängigkeit von endlichen Quellen zu reduzieren, ist schon seit vielen Jahren ein erklärtes Ziel des Verbands Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB). Damit soll die Energieeffizienz in Österreich – also der möglichst verlustfreie Umgang mit Ressourcen – deutlich erhöht werden. In diesem Sinne setzt sich der VOEB dafür ein, sekundäre Energieträger im Wettbewerb zu fossilen Energieträgern klar zu stärken. Wie das gehen soll? Hier ein kleiner Leitfaden.

Abfall vermeiden und trennen

Abfall vermeiden ist immer die obers­te Devise –  gefolgt von Abfall trennen. In der breiten Öffentlichkeit ist das Bewusstsein, dass Abfall eine wichtige Quelle für Sekundärrohstoffe sowie Ersatzbrennstoffe darstellt, zwar schon sehr ausgeprägt, kann aber noch weiter verstärkt werden. Auch die EU will das ändern und setzt sich für höhere Sammel- und Recyclingquoten ein, um möglichst viele Abfälle in einen sinnvollen Wertstoffkreislauf einzubringen. Denn nur getrennter Müll kann stofflich optimal verwertet werden.

Wertstoffe aus Abfall generieren

Die getrennte Sammlung durch Bürger und Betriebe ist die Basis für die stoffliche Verwertung von Müll. Anschließend bereitet die Abfallwirtschaft dank hochmoderner Ressourcenmanagement-Verfahren wertvolle Stoffe wie Aluminium, Eisen- und Stahlabfälle, Glas oder Kupfer fachgerecht auf. Laut dem VOEB haben diese Sekundärrohstoffe das größte Energieeffizienzpotenzial. Denn durch deren weiteren Einsatz werden pro Jahr 7.000 bis 8.000 TJ aus kumuliertem Energieaufwand vermieden. Dies entspricht etwa dem jährlichen Stromverbrauch von 500.000 Haushalten.

Sekundärbrennstoffe

Der Abfall, der nun nach der stofflichen Verwertung übrig bleibt, ist ein wichtiger Energieträger. Es wäre zu schade, diesen nicht auch zu nützen – auch wenn es ein durchaus aufwendiger Prozess ist, daraus Brennstoffe zu produzieren. Die österreichische Entsorgungswirtschaft hat diese Chance ergriffen, schon vor Jahren auf innovative Verfahren gesetzt und gemeinsam mit der Industrie effiziente Wege und Lösungen gefunden, dies zu ermöglichen. Österreichs Verbrennungs- und Mitverbrennungsanlagen produzieren nun zunehmend gute und günstige Energie aus Ersatzbrennstoffen. So kann ein wesentlicher Beitrag geleistet werden, um fossile Brennstoffe wie Kohle oder Gas nach und nach zu ersetzen.
Ein schönes Beispiel ist die Zementindustrie, die einen enormen Energieaufwand vorweist.

Die österreichische Entsorgungswirtschaft verwertet für die Branche in speziellen Anlagen nicht für die stoffliche Verwertung geeigneten Kunststoff, Papier oder Altholz  und bereitet sie so auf, dass der Brennwert optimal für den Einsatz in der Zementindustrie ist. Derzeit verbraucht die Zementindustrie ca. 500.000 t/a Ersatzbrennstoffe, in den nächsten drei bis fünf  Jahren ist eine Steigerung um weitere rund 100.000 t/a geplant. Doch auch andere Branchen setzen auf Ersatzbrennstoffe: Der Faserhersteller Lenzing (300.000 t/a) oder die Papierfabrik in Nicklasdorf (100.000 t/a) decken bereits ihren kompletten Wärmebedarf aus Abfall.

Energetische Nutzung

Bei der thermischen Abfallbehandlung wird Müll verbrannt und dabei sowohl Strom als auch Fernwärme erzeugt. Bei der Verbrennung entsteht 400 Grad heißer Dampf, der über eine Turbine für die Stromproduktion und Wärmeauskoppelung verwendet wird. Millionen Tonnen CO2 werden damit eingespart. In Wien werden alleine dank der Müllverbrennungsanlage Spittelau 60.000 Haushalte mit Fernwärme und 50.000 Haushalte mit Strom versorgt. In Linz erzeugt ein neues Heizkraftwerk bereits 40 % der Heizenergie der Linzer aus erneuerbaren Quellen. Doch nicht nur die Müllverbrennungsanlage erzeugt Strom und Wärme: Auch die Abwärme von Industriebetrieben wird zunehmend genützt. Die Sappi Papier Holding und die Marienhütte versorgen die Stadt Graz mit Fernwärme, die Abwärme des LafargeHolcim Zementwerkes kommt dem Ort Ehrenhausen in der Steiermark zugute. 

Vom Abfallentsorger zum Ressourcenmanager

Um Energie aus Abfall zu fördern, haben die österreichischen Entsorgungsbetriebe konsequent daran gearbeitet, den Wandel vom Abfallentsorger zum modernen Ressourcenmanager zu vollziehen. So wird die generelle Ressourceneffizienz deutlich erhöht. Investitionen in Technologie sowie hochwertige Verfahren und Anlagen sind Teil der Zukunftsstrategie der österreichischen Ressourcenwirtschaft. Die Unternehmen der Branche haben den Wandel längst vollzogen, und setzen mit kontinuierlichen Innovationen und Investments nicht nur ökologisch neue Standards, sondern eröffnen auch ökonomisch einen zukunftsträchtigen Markt. Nutznießer sind Umwelt, Wirtschaft – und nicht zuletzt auch die Bürger.

Über den Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VÖEB)

Der Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe schreibt seit 35 Jahren die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte Österreichs mit und ist wesentlicher Teil des vielzitierten »Umweltmusterlandes«. Als freiwillige Interessenvertretung der kommerziell geführten Entsorgungsunternehmen in Österreich vertritt er derzeit mehr als 220 Mitgliedsunternehmen und repräsentiert – gemessen am Umsatz bzw. an den Beschäftigten – 80 % der privaten österreichischen Entsorgungsbetriebe. Die Branche beschäftigt über 43.000 Mitarbeiter, entsorgt rund zwei Drittel des gesamten in Österreich anfallenden Abfalls, tätigt jährlich Investitionen in Millionenhöhe und erwirtschaftet in über 1.100 Hightech-Anlagen Umsätze in der Größenordnung von knapp 4 Mrd. Euro pro Jahr.

Kontakt und weitere Infos: Daisy Kroker, Geschäftsführerin Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe
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