Dienstag, Mai 14, 2024

Technik ist weder Kernthema der österreichischen Gesellschaft noch im Rollenbild für Mädchen enthalten. Für Expertinnen ist das einer der wesentlichen Gründe für die geringe weibliche Präsenz im Technik- und Energiewesen.

Technikerinnen in verantwortungsvollen Positionen sind in Österreich die Ausnahme. Einen hohen Anteil an weiblichen Fachkräften verbuchen dagegen Staaten wie Großbritannien, Nordirland, Belgien und Spanien. In diesen Ländern werden Frauen durch Aufklärungskampagnen, Stipendien und Frauenförderungsprogramme zum wissenschaftlichen Werdegang ermutigt und gefördert. »Ich halte nicht viel von Gender-Bildern, aber Frauen planen und denken oftmals vorausschauender«, betont Stefanie Schabhüttl vom Umweltdachverband. Das fehle bislang rund um Energiewende und Klimaschutz. Natürlich müssten Frauen sattelfest sein und sich gut präsentieren können. Der Energie Report stellt fünf erfolgreiche Energie-Expertinnen vor.

Karin Mottl, Verein Energiepark Bruck/Leitha, Geschäftsführerin



Foto: Karin Mottl möchte Menschen, die bisher noch keinen Bezug zu erneuerbaren Energien haben, ins Boot holen.

»Ich habe schon als Kind sehr viel herumgeschraubt. Mein Lieblingsspielzeug war unser Familienauto, ein hellblauer Mazda 626. Das weiß ich noch ganz genau«, schmunzelt Karin Mottl. Daneben bildete der Umweltbereich einen zentralen Part in ihrem Leben. »Meine Mutter war ein Gründungsmitglied der Umweltberatung.« Entsprechend ihren Lieblingsthemen Energie und Umwelt entschied sich die gebürtige Steyrerin für eine Ausbildung an der Universität für Bodenkultur in Wien. Das Bachelorstudium galt Umwelt- und Bioressourcenmanagement, das englischsprachige Masterstudium dem Natural Resource Management and Ecological Engineering. Für das verpflichtende Auslandssemester wählte die heute 40-jährige Neuseeland, für ihren späteren beruflichen Weg den Energiepark Bruck/Leitha. Ihre Aufgabe liegt unter anderem darin, Menschen, die bisher noch keinen Bezug zu erneuerbaren Energien haben, mit ins Boot zu holen. Entscheidende Bausteine sind dafür Bewusstseinsbildung und Information. Hier verweist Mottl auf den Masterlehrgang für Erneuerbare Energie, der seit mehr als zehn Jahren gemeinsam mit der TU Wien durchgeführt wird und den sie begleitet. Der Fokus des Lehrganges liegt auf technischen Innovationen, Management von nachhaltigen Energiesystemen und rechtlichen Grundlagen. Besonders stolz ist Karin Mottl auf das Frauenstipendium, das im Rahmen des Masterlehrgangs vergeben wird.


Shirley Sereinig, KNG-Kärnten Netz GmbH, Elektroinstallationstechnikerin



Foto: »Viele glauben, es nicht zu schaffen und sich zu blamieren«, erzählt Shirley Sereinig von Vorbehalten gegenüber Montageeinsätzen im Feld.

»Dass eine Frau auf Masten steigt, löst Verwunderung aus.« So beschreibt Shirley Sereinig die Reaktion vieler auf ihre Tätigkeit als Elektroinstallationstechnikerin bei der KNG-Kärnten Netz GmbH, einem Tochterunternehmen der Kelag. Neben der Instandhaltung von Strommasten und Leitungen zeichnet sie auch für Kabelverlegungen und Neuanschlüsse verantwortlich. »Nach wie vor bin ich die einzige Mitarbeiterin mit Meistertitel im Montageteam und erst die dritte Frau, die die Kelag seit den 1950er-Jahren zur Elektroinstallationstechnikerin ausgebildet hat.« Mit ihrem Lehrweg zeigt sich Sereinig sehr zufrieden. Sie ist ausgelernte Elektroinstallationstechnikerin, Betriebs- und Energietechnikerin. Aktuell gibt es bei der KNG-Kärnten Netz GmbH bereits vier weibliche Elektroinstallationstechnik-Lehrlinge. Das Interesse von Mädchen an Technik steigt zwar, aber nach wie vor gibt es Vorbehalte. »Viele glauben, es nicht zu schaffen, sich zu blamieren, das einzige ›Dirndle‹ unter 30 Männern zu sein.« Man dürfe aber nicht aufgeben, ohne es wenigstens zu probieren. Zudem ist starkes Selbstbewusstsein gefragt. Das beweist Sereinig auch in ihrer Freizeit. Seit Jahren spielt die 23-Jährige im Damen-Fußballteam von St. Jakob im Rosental. Ihre Position: Sturm rechts. Durchsetzungskraft zeigte sie auch in der HTL, Zweig Elektrotechnik. Die gebürtige Villacherin ist gerne mit ihrem Hund unterwegs, sie liebt Reisen unter anderem nach Kroatien und Wien.


Brigitte Bach, AIT Austrian Institute of Technology, Head of Center for Energy



Foto: »Man darf in Praktika nicht verzweifeln«, möchte Brigitte Bach auch Interessierte aus neusprachlichen Zweigen motivieren.

Technik ist nicht im bisherigen Rollenbild für Mädchen enthalten – Interesse und Neugier müssen erst geweckt werden. Bei Brigitte Bach, Head of Center for Energy im AIT, waren diese jedenfalls vorhanden. »Mich haben die Fragen nach dem gesamten Universum sehr beschäftigt, nach Astronomie, Astrophysik, nach der Entstehung der Welt, dem Urknall und dem Zusammenhang zwischen Teilchenphysik und Sternen.« Die logische Folge: ein Studium der Kernphysik an der TU Wien. Die erste Physik-Vorlesung besuchten 100 Studenten, nur vier waren Frauen – diese haben aber bis zuletzt durchgehalten. »Junge Frauen kommen meist aus neusprachlichen Gymnasien. Damit ist die erste Hürde für sie umso schwerer. Man darf in Praktika aber nicht verzweifeln«, motiviert Brigitte Bach Interessierte. Sie selbst hat durchgehalten. Ihre Diplomarbeit und Doktorat stellte sie in den Kontext der Entwicklung von Sternen. Nach einigen Jahren Assistenz an der TU und Tätigkeiten beim Österreichischen Ökologieinstitut, bei Abfall Service Austria und EUREKA war sie ab 1999 im Arsenal Research am Aufbau und an der strategischen Positionierung der Energieforschung beteiligt. Heute verantwortet Bach im Center for Energy des AIT die wissenschaftliche, wirtschaftliche und strategische Entwicklung. Ihren Alltag bilden Themen wie Energy Infrastructure, Integrated Energy Systems und Smart Planning, vor dem Hintergrund der großen urbanen Herausforderung wie Klimawandel, Städtewachstum und Ressourcenknappheit. Die Entscheidung für das AIT bereut Bach nicht. »Es war für mich der absolut richtige Schritt. Ich fühle mich sehr wohl an der Verbindungsstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.« Ihr Wissen gibt sie gerne weiter – sie arbeitet als Lektorin an der TU Wien. Energieeffizienz ist ihr auch im Privaten wichtig. »Mit neuen Technologien versuche ich, meinen CO2-Rucksack klein zu halten.« Wenig Einfluss hat sie noch auf ihren CO2-Reiserucksack. »Ich bin beruflich sehr viel unterwegs, vor allem nach Brüssel.« Bach arbeitet unter anderem im European Energy Research Alliance Executive Committee, in der Arbeitsgruppe Horizon und im Joint Programme Coordinator Smart Cities der European Energy Research Alliance. In ihrer Freizeit entspannt Brigitte Bach am Attersee. Als begeisterte Seglerin verbringt sie jede freie Minute auf ihrer Yngling.


Christiane Egger, OÖ Energiesparverband, stellvertretende Geschäftsführerin



Foto: »Die WSED-Tagung hat gezeigt, dass man sich als Frau im Energiewesen behaupten kann«, bekräftigt Christiane Egger.

Lösungen in Umweltfragen liegen auch im technologischen Bereich. Daher hat sich Christiane Egger, stellvertretende Geschäftsführerin des OÖ Energiesparverbandes, nach ihrem Erststudium Jus für das Studium Technischer Umweltschutz entschieden. »Damit hat sich für mich eine interessante Welt aufgetan.« Die 52-jährige Linzerin betreut unter anderem den Cleantech-Cluster, ein Netzwerk von mehr als 250 Unternehmen im Bereich Energietechnologien in Oberösterreich, setzt sich für eine Verstärkung der Energieeffizienz und eine Erhöhung des Anteils an erneuerbarer Energie ein – privat durch Wohnen in einem Niedrigstenergiehaus, das mit umweltfreundlicher Fernwärme versorgt wird, durch die regionalen Energiequellen Attersee und Salzkammergut und den Kauf möglichst heimischer Produkte. »Ich denke stets darüber nach, wie ich meinen Energierucksack klein halten kann.« Der Cleantech-Cluster und die jährliche Tagung World Sustainable Energy Days bilden einen ihrer beruflichen Schwerpunkte. »Die WSED-Tagung, die ich über die letzten 20 Jahre entwickelt habe, bringt die besten ExpertInnen aus der ganzen Welt nach Wels und stellt die Leistungen Oberösterreichs ins internationale Schaufenster.« An der WSED 2017 nahmen 700 ExpertInnen aus 59 Ländern teil. Zusätzlich fand eine Tagung für junge ForscherInnen aus der ganzen Welt statt. »Diese hat wieder gezeigt, dass man sich als Frau im Energiewesen behaupten kann«, so Egger. »In meinen ersten zehn Berufsjahren war ich in sehr vielen Meetings und Veranstaltungen nicht nur 15 Jahre jünger als alle anderen Teilnehmer, sondern auch die einzige Frau.« Heute bildet frau das Gros der Teilnehmer der jungen WSED.


Stefanie Schabhüttl, Umweltdachverband, Teamleiterin Energie und Ressourcen



Foto: »Der Mensch schützt nur, was er kennt.« Stefanie Schabhüttl setzt auf Bildungsarbeit und Bewusstseinsbildung.

»Alles, was mit Wasser zu tun hat, ist für mich faszinierend, beruhigend, ein ausgleichender Pol.« Daraus erklärt sich die Tätigkeit von Stefanie Schabhüttl beim Umweltdachverband – sie ist Leiterin des Teams Energie und Ressourcen, ihre Schwerpunkte: Gewässerschutz und Wasserpolitik. »Ich fühle mich am, im und auf dem Wasser ausgesprochen wohl und erfahre die Natur gerne am eigenen Körper«, betont die 36-Jährige. Naturwissenschaften haben Schabhüttl schon immer fasziniert. Die Limnologie, die Wissenschaft von Binnengewässern als Ökosystem, war daher Schwerpunkt ihres Ökologiestudiums an der Universität Wien. »Ich wollte von Anfang an die komplexen Zusammenhänge in der Natur verstehen, vor allem rund ums Wasser.« Ihr Interesse für Geisteswissenschaften wurde durch ein Studium der Anglistik und Amerikanistik gestillt. »Es braucht Kommunikation, Wissen muss weitergegeben und Zusammenhänge in eine verständliche Sprache gebracht werden.« Dafür steht Schabhüttl heute im Umweltdachverband. »Bildungsarbeit und Bewusstseinsbildung bilden bei uns einen großen Schwerpunkt. Das ist ganz zentral, denn der Mensch schützt nur, was er kennt.« Vor ihrer Tätigkeit im Umweltdachverband war die gebürtige Burgenländerin wissenschaftliche Mitarbeiterin am WasserCluster Lunz sowie am Hellenic Center for Marine Research und bei SERI, Sustainable Europe Research Institute. »Die größte Herausforderung in meinem Job ist es, die Energiewende voranzutreiben, aber gleichzeitig auch die Natur vor weiteren Eingriffen zu bewahren – ein ziemlich schwieriger Spagat.« Die sauberste Energie ist für Schabhüttl daher jene, die man nicht verbraucht. Danach folgen Energieeffizienz und nachhaltige Energieproduktion. Das liebste wäre ihr die eigene PV-Anlage am Dach. »Das ist bis dato in einem Mehrparteienhaus rechtlich nicht ganz einfach, wird sich in Zukunft aber sicher ändern«, ist sie überzeugt.

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