Donnerstag, November 14, 2024

Barbara Thoma, Geschäftsführerin der Argo Performance & Development, über Missverständnisse und überraschende Übereinstimmungen zwischen den Generationen.

 

(+) plus: Warum wird der Generationskonflikt gerade jetzt zum Thema?

Barbara Thoma: Die Generation X nimmt derzeit die dominierenden Rollen ein. Sie ist bereit, sich gegen Widerstände durchzusetzen. Wie jede Generation beobachtet auch die Generation Y ihre Eltern und sagt: Nicht um diesen Preis! Ich opfere mich nicht zehn Jahre auf, sondern ich möchte das jetzt haben. Leistung ja, Engagement ja, aber die unmittelbare Bedürfnisbefriedigung möchte ich jetzt.

(+) plus: Was bedeutet das im Arbeitskontext?

Thoma: Wir haben untersucht, zu welchen Wertepolen sich die Generationen jeweils stärker hingezogen fühlen. Da wurde deutlich, dass die Richtung für beide Generationen immer gleich war. »Treue zum Unternehmen« fanden zum Beispiel beide wichtig – in unterschiedlichen Ausprägungen. Wir haben das spannende Bild, dass die Generationen ähnliche Schlagworte verwenden, aber damit anderes meinen, etwa mit den Begriffen »Feedback« oder »Selbstverantwortung«. Für die X-Generation ist das kein Problem, die kämpft sich durch. Die Y-Generation fragt immer wieder nach, ob das so passt – das kann nerven.

(+) plus: Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?

Thoma: Es entschärft das Thema vom »Clash of Generations«. Die Ähnlichkeit ist durchaus da, es muss nur ein gemeinsamer Bedeutungsgehalt gefunden werden. Über diesen Dialog lässt sich vieles auflösen. Ein Leitbild, in dem »Team« oder »Feedback« stehen,  würde eine Generation ganz anders lesen als die andere. Im Grunde verwenden alle dieselben Begriffe, reden aber aneinander vorbei.

(+) plus: Wie kann verhindert werden, dass Wissen verloren geht?

Thoma:Der Wissensverlust wird häufig ins Treffen geführt. Das Fachwissen wird sich aber nicht mehr sehr lange halten. Bei der Frage »Was können die Generationen voneinander lernen?« war diese Einschätzung wieder durchaus ähnlich. Von der Generation Y kann man am meisten beim Umgang mit neuen Technologien und Medien lernen, da sind sich alle einig. Von den älteren Kollegen kann man vor allem bei Erfahrung und Know-how profitieren, wobei eher informelles Wissen über den Ablauf von Prozessen gemeint ist, nicht unbedingt Fachwissen.

(+) plus: Gab es nicht schon immer Unterschiede zwischen den Generationen?

Thoma: Die Baby-Boomer-Generation war noch viel stärker in Hierarchien und Regeln eingebunden und ist nicht in die direkte Konfrontation gegangen. Es gab sicher vergleichbare Spannungen, als die Generation X auftrat und kämpfte, kritisierte und Strukturen hinterfragte.

Die Generation Y wird wiederum von ganz unterschiedlichen Polen getrieben. Sie ist mit Auslands-
aufenthalten aufgewachsen und konnte zwischen hundert verschiedenen Studiengängen wählen. Die Jungen schätzen diese Vielfalt und Gestaltungsmöglichkeiten, können sich aber aufgrund dieser Fülle nicht festlegen. Das sind typische Spannungszonen. Auch das Thema Kollegialität: Sie wollen alles im Team  machen, haben aber hohe individuelle Ansprüche. Sich in einer Arbeitsumgebung zurecht zu finden, ist sicher eine große Herausforderung an diese Generation. Sie wollen Leistung bringen, aber es muss Spaß machen – das ist nicht immer möglich.
Wir denken jetzt schon an die Generation Z, die als nächste ins Arbeitsleben eintritt. Sie ist in sehr großem Wohlstand aufgewachsen, hat aber auch die Wirtschaftskrisen, die ständige Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz, voll miterlebt. Dieser Gap – »So gut wirst du es später nicht mehr haben« – wird für die nächste Generation sicher prägend sein.

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