Friday, July 04, 2025

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Österreich braucht für die digitale Transformation und die Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaft und Forschung mehr Rechenzentrumskapazitäten. Doch die Marktentwicklung ist derzeit schleppend.

Breitbandnetze und Rechenzentren spielen eine zentrale Rolle für den Wirtschaftsstandort.


Otto Schwimmbeck ist für den britischen Berater und Branchenanalysten DC Byte tätig. Er spezialisiert sich auf die Rechenzentrumsszene und stellt der Wirtschaftsregion Österreich ein gutes Zeugnis aus – zumindest, was die generellen Voraussetzungen als Standort betrifft. »Die geografische Lage Österreichs, insbesondere Wien aber auch Linz, inmitten von Zentraleuropa ist spannend. Die Entfernung zu den Datacenter-Hubs Zürich, Mailand, Frankfurt und Prag ist überschaubar, mit relativ geringen Latenzzeiten«, erklärt Schwimmbeck bei einem Business Breakfast der Branchenvereinigung Austria Data Center Association ­(ADCA). Mit einem attraktiven Strommix aus erneuerbarer Energie und gut ausgebildeten Fachkräften bietet Österreich gute Voraussetzungen für den Betrieb von IT-Infrastruktur.

Während in einer früheren Phase der Marktentwicklung mit lokalen Playern wie A1, Interxion (heute Digital Realty), eww ITandTel oder Atos in den Jahren 2005 bis 2012 rund zehn Prozent jährliches Wachstum in Rechenzentrumskapazitäten verzeichnet wurde, zog die Entwicklung in den Jahren darauf massiv an. Der Markteintritt von NTT und Erweiterung der Flächen bei Interxion ebenso wie der Ausbau von weiteren A1-Standorten auch außerhalb Wiens verliehen der Szene einen gehörigen Schub. »Doch in den letzten fünf Jahren ist diese Entwicklung wieder abgeflacht. Es wurde von Betreibern zwar vieles angekündigt, aber noch nicht umgesetzt«, beobachtet Schwimmbeck. 84 % der Rechenzentrumsleistungen in Österreich sind derzeit in Wien konzentriert, lediglich 7 % befinden sich in Graz, 4 % in Linz und 3 % in Salzburg. Lokale Anbieter sind etwa Nessus, next layer oder Datasix, während in Salzburg conova und StackIT dominieren und in Graz der neue Anbieter nexspace Fuß gefasst hat.

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Schub durch Microsoft
Derzeit kommt mit der Eröffnung der Rechenzentrumsregion »Microsoft Cloud Region Austria East« ein großer Player vor Ort dazu. Mit dem offiziellen Start im Sommer setzt Microsoft auf einen Rechenzentrumsverbund an drei Standorten in Niederösterreich. Kursierten im Frühjahr noch Gerüchte, dass Microsoft aufgrund der Zollpolitik Trumps seine Expansionsstrategie bei neuen Locations in Europa überdenken würde, gibt man sich in der Österreich-Organisation betont gefasst. Es hätte sich an den Plänen nichts geändert, im Sommer werde wie geplant eröffnet, heißt es gegenüber Report(+). Die Nähe zu Wien ermöglicht Latenzzeiten von zwei Millisekunden – vergleichbar mit einem Server im Keller des Bürogebäudes eines Unternehmens. Die Kunden werden bereits breit kontaktiert, Cloud­ressourcen und Daten in die innerösterreichische Azure-Umgebung zu transferieren. Die heimische Microsoft-Partnerwelt hofft nun, mit dem »Azure Virtual Desktop« den Markt der »Virtual Machines« gehörig aufzumischen.

Soweit alles paletti? Mitnichten, gibt DC Byte-Analyst Schwimmbeck zu bedenken. »Viele Ausbaupläne der Branche sind aufgrund von Lieferkettenproblemen und fehlenden Stromnetzanbindungen immer noch weit davon entfernt, umgesetzt zu werden. Wien hat die achthöchsten Baukosten pro MW im Rechenzentrumsbereich in Europa und die fünfzehnhöchsten weltweit«, so der Experte. Durchschnittlich elf Millionen Dollar pro Megawatt Leistung kostet der Bau in Wien. Trotzdem sind mit Stand viertes Quartal des Vorjahres weiterhin mehr als 90 % der Entwicklungsvorhaben rund um Wien konzentriert.

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Nadine Gelke, Head of Data Centre bei dem Immobiliendienstleister CBRE, sieht ebenfalls die Faktoren Strom und Verfügbarkeit von geeigneten Grundstücken als Hemmnisse. Die Baukosten steigen in ganz Europa aufgrund der steigenden Nachfrage, der längeren Vorlaufzeiten für Material und Ausrüstung sowie Engpässen im Arbeitskräftepool. ­Gelke erwartet, dass sich die Preissteigerungen in den kommenden Jahren fortsetzen werden. »Der technologische Wandel hin zur Flüssig- und Hybridkühlung wird zusätzliche Kosten verursachen«, so die Expertin.

»Die Bedeutung von Breitbandnetzen und Rechenzentren für die digitale Transformation Österreichs kann nicht unterschätzt werden. Ein erfolgreicher Ausbau dieser Infrastruktur ist essentiell, um im globalen digitalen Wettbewerb zu bestehen und die österreichische Wirtschaft zu stärken«, heißt es in einem Statement der ADCA. Das Fehlen einer »mutigen Standortpolitik für digitale Infrastruktur«, mit entsprechenden Strategien für die Verfügbarkeit von Energie und Flächen, würde nun ein Marktwachstum hemmen und Wien gegenüber konkurrierenden Standorten in Europa zurückfallen lassen.

»Während Tier-2-Märkte wie Mailand, Warschau oder Madrid rasant wachsen, stagniert Wien«, gibt ADCA-Präsident Martin Madlo zu bedenken. Wien falle im Vergleich zur Entwicklung anderer Sekundärmärkte deutlich zurück. »Es ist fast beschämend, wie Wien seine einstige Rolle als digitale Datendrehscheibe zwischen Ost und West verspielt hat – und wertvolle Investitionen abwandern«, so Madlo. Er appelliert an die Politk, jetzt die Weichen für die Digitalisierung und den Standort Österreich zu stellen.

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