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Umwege zulassen

Biamca Prommer, Innovationsexpertin und Business Coach: "Viele Mitarbeiter wollen nicht Unternehmer im klassischen Sinn sein, aber neue Ideen entwickeln." Biamca Prommer, Innovationsexpertin und Business Coach: "Viele Mitarbeiter wollen nicht Unternehmer im klassischen Sinn sein, aber neue Ideen entwickeln."

Viele Mitarbeiter würden sich gerne mehr mit Ideen einbringen, wenn ihnen die nötigen Ressourcen zugestanden werden, meint Innovationsexpertin und Business Coach Bianca Prommer.

(+) Plus: Verstehen unter unternehmerischem Denken alle dasselbe?

Bianca Prommer: Da gibt es die unterschiedlichsten Auffassungen. Vor kurzem habe ich mit einem Geschäftsführer gesprochen, der nicht verstehen konnte, warum seine Mitarbeiterin im Urlaub nicht erreichbar ist. Dann gibt es Führungskräfte, die unternehmerisches Denken im Sinn von Kosteneinsparungen verstehen. Sie prämieren gerne jene Ideen, die die höchste Reduktion bringen, obwohl das ja meist zulasten der Mitarbeiter geht. Manche Führungskräften erwarten von einem unternehmerischen Mitarbeiter, dass er im stillen Kämmerchen ganz allein Innovationen generiert. Es gibt aber auch Führungskräfte, die Ziele und Visionen vorgeben, über den Weg dorthin darf aber jeder selbst entscheiden.

(+) Plus: Was zeichnet unternehmerisch denkende Mitarbeiter aus?

Prommer: Die Mitarbeiter sollten mit offenen Augen durchs Unternehmen gehen, Probleme erkennen, Bedürfnisse der Kunden wahrnehmen und Abläufe hinterfragen. Das kann zu kreativen Ideen führen, die oft sehr überraschend sind. Wichtig ist natürlich, die Idee dann auch umzusetzen. Dazu gehört auch die Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen. Führungskräfte sollten diese Freiräume geben und auch einmal einen Umweg zulassen. Viele Mitarbeiter wollen nicht Unternehmer im klassischen Sinn sein, aber dennoch neue Ideen entwickeln und dadurch Probleme lösen.

(+) Plus: Ist eigenständiges Denken und Handeln tatsächlich in allen Bereichen erwünscht?

Prommer: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Führungskräfte diese Freiräume nur im jeweiligen Aufgabenbereich gewähren, um nicht mit anderen Abteilungen in Konflikt zu geraten. Das Alltagsgeschäft darf nie darunter leiden. Leider frisst es auch die meisten Ressourcen auf. Die guten Ideen verschwinden im Alltagstrott. Es gehört Mut dazu, die Mitarbeiter zumindest einen Tag im Monat so freizuschaufeln, dass sie kreativen Lösungen Zeit widmen können.

(+) Plus: Haben Führungskräfte Angst vor Kontrollverlust?

Prommer: Gerade im mittleren Management müssen die Führungskräfte auch den Kopf hinhalten, wenn die vorgegebenen Ziele nicht erreicht werden. Oft sind diese auch mit Prämien verbunden – die wollen sie nicht aufs Spiel setzen. Deshalb gehen sie den gewohnten, halbwegs erfolgreichen Weg, lassen sich aber nicht auf Experimente ein.

(+) Plus: Wie wirkt sich ein größerer Handlungsspielraum auf die Motivation aus?

Prommer: Gerade wenn es um unternehmerisches Denken geht, ist Begeisterung die beste Antriebskraft. In der Psychologie sprechen wir von intrinsischer Motivation – ein Ziel der Sache wegen zu verfolgen, nicht wegen einer Belohnung. Mitarbeiter mit einer so hohen Motivation arbeiten meistens auch viel schneller und effizienter. Sogar die Pausen werden dann genutzt, um Ideen zu entwickeln.

(+) Plus: Sind monetäre Vergütungssysteme also überflüssig?

Prommer: Ich empfehle immer, eine individuelle Lösung zu finden. Einem Mitarbeiter, der gerade ein Haus baut oder ein Baby bekommt, ist mit einem finanziellen Zuschuss wahrscheinlich mehr geholfen. Für viele Mitarbeiter ist aber eine Weiterbildung oder die Teilnahme an einem Kongress für Entrepreneurship und Innovationen, wo sie normalerweise nie hinkommen, oft eine größere Freude als 500 Euro Prämie. Manche Unternehmen veranstalten eine Innovationswoche, zu der besonders kreative Mitarbeiter aus den unterschiedlichsten Bereichen gemeinsam mit Experten in Workshops an Ideen arbeiten. Das ist auch eine gute Alternative. 

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