Freitag, April 19, 2024

Der smarte Einsatz von Autobatterien, das flexible Schalten von Wärmepumpen, digitalisierte Transformatorstationen sowie Leistungselektronik für die Optimierung der Netzkapazität – aktuelle Best-Practices und ­Forschungsprojekte in Österreich und Deutschland. (Titelbild: WES)


Fenecon: Batterien für hohe Netzstabilität

Der bayrische Hersteller für Heim-, Gewerbe- und Industrie-Stromspeicherlösungen Fenecon ist im Mai mit dem »The smarter E Award« in der Kategorie »Outstanding Projects« für ein Projekt in Werdohl-Elverlingsen ausgezeichnet worden. Dabei handelt es sich um ein Containerspeichersystem mit Renault-Zoe-Batterien. Das Projekt beinhaltet eine Kombination von Zero-Life- und Second-Life-Batterien sowie die Umsetzung einer rollierenden Aktivierung einzelner Wechselrichter-Batterie-Einheiten, um die Effizienz des Gesamtsystems zu maximieren.

(Bild: Fenecon)

Das stationäre Speichersystem in Werdohl-Elverlingsen, Nordrhein-Westfalen, liegt am Umspannwerk eines stillgelegten Kohlekraftwerks. Dort gleicht es mit der sogenannten Primärregelleistung Frequenzschwankungen im Stromnetz aus und dient als »lebendes Ersatzteillager«: Das 40-Fuß-Containersystem besteht aus 72 neuen Renault-Zoe-Batterien, die mit jeweils eigenen, dezentralen Wechselrichtern zu einem Speicher mit 2,88 MW Leistung und 2,88 MWh Kapazität verbunden sind. Werden im Container verbaute Akkus als Ersatzteil benötigt, lassen sich diese im laufenden Betrieb durch gebrauchte Elektrofahrzeugbatterien ersetzen. Dafür sorgen das durchdachte Hardware-Konzept mit einem Schubladensystem sowie die innovative Software, die mit einem digitalen Zwilling und einer rollierenden Betriebsstrategie arbeitet.

Kunde: Renault
Projekt: »Advanced Battery Storage« ist ein Containerspeichersystem bei einem Umspannwerk eines stillgelegten Kohlekraftwerks. Die Projektabwicklung erfolgte durch The Mobility House. Fenecon lieferte das Know-how und die Systemkomponenten der Speicherlösung.
Besonderheit: Batterien, die Fahrzeughersteller als Ersatzteile 15 Jahre vorhalten müssen, lassen sich so schon während ihrer Lagerung aktiv für die Energiewende nutzen.

Energie AG: Leistungsfähiges Netz in Oberösterreich

Die Energie AG Oberösterreich hat sich im Privatkundenbereich bereits in der Vergangenheit mit »smarten« Angeboten beschäftigt – Beispiele sind die E-Fairteiler-App und ein smarter Wärmepumpentarif. Mit der App können Kund*innen auch ohne eigene PV-Anlage direkt von privaten Erzeugern Sonnenstrom beziehen, ähnlich wie in Energiegemeinschaften. So kann zum Beispiel PV-Strom gezielt innerhalb der Familie verteilt werden. Mit dem Wärmepumpentarif wiederum wird eine Wärmepumpe genau dann betrieben, in der der Marktpreis am niedrigsten ist. Aufgrund der volatilen Marktsituation wurden diese Produkte für Neukunden vom Markt genommen. Sobald sich die Lage beruhigt hat, sollen die smarten Angebote wieder aktiv angeboten werden, heißt es.

(Bild: zopf-photography.com) 

Die Netz Oberösterreich GmbH, der Strom- und Gasnetz-Betreiber der Energie AG, hat im Herbst 2020 den Smart-Meter-Ausbau flächendeckend abgeschlossen. Mit mehr als 660.000 elektronischen Stromzählern wurde das oberösterreichische Stromnetz digitalisiert und zum leistungsfähigsten in Österreich gemacht. Smart Meter lassen einen direkten Blick auf den eigenen Stromverbrauch werfen und ermöglichen es, an Energiegemeinschaften teilzunehmen. Die weiteren Möglichkeiten reichen vom Aufbau von Home-Automation-Systemen bis hin zu flexiblen, tageszeitabhängigen Stromtarifen.

Kunden: Haushalte, Gewerbe und Industrie in OÖ
Leistungsumfang: E-Fairteiler-App, smarter Wärmepumpentarif, Netzbasis für Energiegemeinschaften und flexible Tarife.
Besonderheit: Das Projekt zum Smart-Meter-Rollout wurde bereits vor 15 Jahren gestartet. Im Herbst 2020 wurde der Ausbau flächendeckend abgeschlossen.

Wiener Netze: Forschung in der Seestadt

Die Aspern Smart City Research GmbH ist Europas größtes Energieforschungsprojekt. Als Gesellschafterin der ASCR forschen die Wiener Netze gemeinsam mit Siemens, Wien Energie, Wien 3420 und der Wirtschaftsagentur an Lösungen für mehr Energieeffizienz. Dazu beobachten die Expert*innen der Wiener Netze Echtdaten aus dem Stadtentwicklungsgebiet aspern Seestadt von zwölf Netzstationen, 24 Transformatoren, fünf Netzspeichersystemen und 500 Stromzählern auf Seite der Empfänger*in­nen. Das Ziel: Die bestehende Verteilernetz-Infrastruktur nutzen und intelligenter, digitaler sowie flexibler zu gestalten.

(Bild: PID/Christian Fürthner/Wiener Netze)

Um die komplexen Strukturen von Energiesystemen zu reduzieren, werden die smarten Netze und Stromzähler (Smart Meter) für das Vorhersagen und Beobachten genutzt. Dadurch kann das Stromnetz gesteuert, Störungsausfällen vorgebeugt und zu jeder Zeit Versorgungssicherheit sichergestellt werden. In Wien gibt es über 200 digitalisierte Transformatorstationen – bei denen die Wiener Netze aus der Ferne intelligent regeln und bei Unterbrechungen die Einsatzteams rascher reagieren können. Insgesamt betreiben die Wiener Netze über rund 11.000 Transformatorstationen und ein Stromnetz von 20.500 km.

Kunde: Aspern Smart City Research GmbH (ASCR)
Leistungsumfang: Digitalisierung der Netze, Vorhersagen und Reduktion von Ausfällen.
Besonderheit: Kosteneffiziente Kommunikation zwischen Netzkomponenten, Erzeuger*innen, Speichern und Verbraucher*innen.

Smart Wires: Optimierung des Lastflusses

Der Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG) hat im Jänner einen Kooperationsvertrag mit Smart Wires unterzeichnet. Mit der Leistungselektronik des US-Unternehmens und dem Einsatz von regelbaren Elementen sollen die Netzverfügbarkeit und Betriebssicherheit erhöht werden. Die eingesetzte Technologie SmartValve ist ein modularer »Static Synchronous Series Compensator«, der Netzengpässen dynamisch entgegenwirken kann, indem Leistungsflüsse in einem Stromkreis aktiv entweder erhöht oder reduziert werden. Damit können das Übertragungsnetz besser gesteuert und die Anzahl von Redispatch-Maßnahmen, die aufgrund von Leitungsengpässen erforderlich sind, reduziert werden.

(Bild: APG/Karl Michalski)

Smart Wires-Lösungen sind leicht demontierbar und können an anderen Stellen wiederaufgebaut werden, so zum Beispiel im Falle einer großen Störung, planmäßigen Sanierung oder bei Verzögerungen von Neubauprojekten. »Wir sind das erste Unternehmen, das die neue Leistungselektronik in einem Pilotprojekt getestet hat und nun einen dauerhaften Einsatz prüft. Gemeinsame Studien haben ergeben, dass mit dem Produkt unsere Netze noch besser ausgelastet werden können«, sagt APG-Unternehmenssprecher Christoph Schuh. In einem jüngsten Projekt von Smart Wires in UK konnten Kapazitätssteigerungen von 500 MW erzielt werden.

Kunde: APG
Projekt: Pilotprojekt und Evaluierung von Einsatzmöglichkeiten für »SmartValve«. Die TU Graz begleitet das Projekt wissenschaftlich und untersucht die Vorteile der Technologie auf das APG-Netz und generell auf die technischen Aspekte der Leistungsflusssteuerung.
Hintergrund: Um das Ziel von insgesamt 100 Prozent Erneuerbare im Strommix bis 2030 zu erreichen, müssen auch die Netzkapazitäten weiter optimiert werden.

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