Saturday, June 28, 2025

Mehrwert für Manager

Bau | Immobilien

Wer glaubt, Immobilien werden ausschließlich über Portale oder Exposés verkauft, denkt zu kurz. Immer öfter beginnt die Kundenreise im Hochformat – auf TikTok oder mit Instagram Reels. Was als Spielerei begann, ist heute ein relevanter Touchpoint für Bauträger, Makler und Käufer.

TikTok ersetzt keine Makler, es erweitert ihren Werkzeugkasten. (Bild: iStock)


Mit rund 3,3 Millionen aktiven Instagram-Nutzern monatlich und etwa 2,4 Millionen TikTok-Nutzern in Österreich im Jahr 2025 bieten soziale Medien enorme Reichweite und damit ein großes Potenzial für Unternehmen. Auch Immobilienunternehmen haben dies erkannt und setzen Social Media zunehmend gezielt ein – nicht nur zur Markenbindung, sondern auch, um ihre Objekte wirkungsvoll zu vermarkten. Besonders während der Pandemie, als physische Besichtigungen oft nicht möglich waren, haben viele Unternehmen ihre digitale Präsenz gestärkt und einen relevanten Social-Media-Footprint aufgebaut. Heute ist es längst keine Frage mehr, ob man Social Media nutzt – sondern nur noch, wie man es richtig macht.

Vom Exposé zum Feed
Wer früher nach einer Wohnung gesucht hat, blätterte durch Zeitungsbeiträge oder klickte sich durch nüchterne PDF-Exposés. Heute beginnt die Immobiliensuche oft ganz anders – spontan, intuitiv und scrollend, direkt im Social-Media-Feed. Ob Wohnideen, Stadtviertel oder konkrete Objekte: TikTok -Videos und Instagram Reels funktionieren längst als visuelle Suchmaschine. Die erste »Besichtigung« passiert oft innerhalb von Sekunden – durch einen Daumenwisch.

Das Besondere: Der Algorithmus spielt Nutzern nicht nur Inhalte aus, die sie aktiv gesucht haben, sondern solche, die er für sie als relevant einschätzt. Er analysiert kontinuierlich Verhalten, Interaktionen, Verweildauer, Likes und Standortdaten – und stellt daraus ein hochpersonalisiertes Feed-Erlebnis zusammen. Wer sich beispielsweise regelmäßig Videos zu Altbauwohnungen, Wohngegenden oder möblierten Mietwohnungen ansieht, bekommt automatisch ähnliche Inhalte angezeigt – oft noch, bevor überhaupt eine konkrete Suchabsicht besteht. Für die Immobilienbranche bedeutet das: Sichtbarkeit entsteht nicht mehr durch klassische Suche, sondern durch algorithmische Relevanz. Der Feed wird zum neuen Schaufenster – und der Algorithmus zum digitalen Vermittler. Erste Eindrücke, Bewertungen und sogar direkte Anfragen entstehen nicht mehr am Schreibtisch, sondern am Smartphone – ausgelöst durch kurze Videos. Das verändert die Spielregeln der Immobilienvermarktung grundlegend.

So funktioniert Immobilien­vermarktung heute
Erfolgreiche Immobilienvermarktung auf Social Media lebt von relevanten Inhalten, Persönlichkeit und Kreativität. Besonders beliebt sind dabei folgende Formate, die unbedingt genutzt werden sollten:

- Objekt-Rundgänge mit klarer Ansprache statt stummer Hochglanzvideos.
- Serienformate wie Hausbesuche, die echten Mehrwert bieten.
- Kurzvideos, die geschickt Tipps und Storytelling miteinander verbinden.
- Wiedererkennbare Gesichter – etwa Makler als Hosts, die Vertrauen aufbauen.
- Reels oder TikToks, die fundiertes Know-how zu Themen wie Finanzierung, Ausstattung oder Energieeffizienz vermitteln.
- Kooperationen mit Immobilien-Influencern, die kreative Konzepte und neue Reichweiten erschließen.

Klingt simpel – doch zwischen einem viralen Clip und einer echten Anfrage liegt oft eine strategische Lücke. Diese zu schließen, erfordert nicht nur Reichweite, sondern Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Bei marswalk kombinieren wir in Kundenprojekten gezielte Social-Media-Kampagnen mit datenbasiertem Targeting und passgenauer Video-Produktion. In vielen Fällen arbeiten wir auch mit Content Creators zusammen, um Reichweite und Relevanz zusätzlich zu steigern. Wie effektiv dieser Ansatz sein kann, zeigt ein Beispiel aus einem früheren Projekt: Über eine Kombination aus Ads, Videos und organischem Push konnten wir über 1 Million Views (Ansichten) auf TikTok und Instagram generieren – und innerhalb weniger Wochen zahlreiche konkrete Mietanfragen verzeichnen. Ein weiteres Paradebeispiel für kreativen Immobilien-Content ist der Creator Mr. Unreal­estate, der in seinen sogenannten »Run Reels« durch Luxusimmobilien läuft und sie auf humorvolle und direkte Weise präsentiert – inklusive Infos zu Ausstattung, Lage und Preis. Formate wie diese schaffen Nähe und Aufmerksamkeit und vermitteln ein Lebensgefühl, das über klassische Exposés kaum erreichbar ist.

Neue Zielgruppen, neue Erwartungen
Social Media verändert nicht nur die Kommunikationskanäle von Immobilienunternehmen, sondern auch das Verhalten potenzieller Käufer. Kaufentscheidungen entstehen heute früher und oft intuitiv, ausgelöst durch inspirierenden Content in der richtigen Stimmung. Vertrauen entsteht nicht mehr nur durch Fakten, sondern vor allem durch Nähe, Tonalität und wiedererkennbare Persönlichkeiten. Besonders jüngere Zielgruppen erwarten eine digitale Begleitung auf Augenhöhe – nicht nur bei der Besichtigung, sondern bereits weit davor – durch echten Austausch, persönliche Einblicke und relevante Informationen.

Hinzu kommt: Wirtschaftliche Unsicherheiten, etwa durch schwankende Zinsen, führen dazu, dass Menschen früher und intensiver nach Orientierung suchen. Wer hilfreichen Content zu Themen wie Finanzierung, Marktchancen oder Förderprogrammen anbietet, positioniert sich nicht nur als Anbieter, sondern als verlässlicher Ratgeber in einer komplexen Zeit.

Was bedeutet das konkret für die Branche? Erfolgreiche Immobilienkommunikation muss heute mehr leisten. Statt anonymer Grundrisse braucht es Gesichter und Geschichten. Statt einzelner Clips funktionieren durchdachte Serien, die Wiedererkennung schaffen. Nähe, Persönlichkeit und Authentizität schlagen reine Information und sind entscheidend, um Vertrauen aufzubauen. Vor allem junge Zielgruppen wollen nicht belehrt, sondern inspiriert, mitgenommen und einbezogen werden.

Gleichzeitig gibt es klare Stolperfallen, die es zu vermeiden gilt: Ein TikTok-Kanal ohne Strategie verpufft. Werbesprache im Stil klassischer Exposés wirkt auf Social Media fehl am Platz. Und zu viel Perfektion kann sogar schaden – denn was zählt, ist Echtheit. Nutzer erwarten keine Imagefilme, sondern glaubwürdige Einblicke. Kurz: Wer seine TV-Spots einfach auf Instagram oder TikTok hochlädt, hat das Potenzial der Plattformen nicht verstanden.

Fazit
TikTok ersetzt keine Makler, es erweitert ihren Werkzeugkasten. Wer heute sichtbar sein will, muss dort präsent sein, wo Zielgruppen ihre Entscheidungen vorbereiten: im Feed. Immobilien lassen sich nicht nur bauen und zeigen – sie lassen sich erzählen. Und genau das ermöglicht Short-Form-Video: Nähe, Relevanz und Reichweite. Erfolgreiches Marketing auf diesen Plattformen bedeutet, Inhalte zu schaffen, die sowohl die Funktionsweise der Kanäle berücksichtigen als auch Kreativität und echte Einblicke bieten. Wer es versteht, authentisch und zielgruppengerecht zu kommunizieren und den Mut hat, Persönlichkeit, Haltung und Nähe zu zeigen, wird nicht nur wahrgenommen, sondern als vertrauenswürdiger Partner in Erwägung gezogen. So funktioniert Immobilienvermarktung heute.


Dos & Don’ts im Überblick

Dos
Persönlichkeit zeigen: Inhalte mit echten Menschen schaffen Nähe und fördern Vertrauen.
Serienformate nutzen: Wiederkehrende Konzepte stärken die Markenbindung und erhöhen die Reichweite.
Echte Einblicke geben: Authentische und ungefilterte Einblicke wirken glaubwürdiger als überproduzierte Imagefilme.
Relevante Themen aufgreifen: Content zu Finanzierung, Energieeffizienz oder Markttrends bringt Sichtbarkeit und echten Mehrwert.
Interaktion mit der Community fördern: Wer auf Kommentare und Fragen reagiert, schafft Nähe und echten Dialog.

Don’ts
Planlos posten: Ohne Strategie verpuffen selbst gut produzierte Inhalte.
Klassische Werbesprache verwenden: Formulierungen im Stil von Exposés wirken distanziert und unnatürlich.
Überinszenierung: Zu perfekte Inhalte wirken unnahbar.
Stock-Videomaterial verwenden: Austauschbare Videos ohne Bezug zur Marke überzeugen weder Algorithmus noch Zielgruppe.
Videos ohne Untertitel veröffentlichen: Ohne Text verlieren Inhalte an Wirkung – gerade bei stummer Nutzung im Feed.


Über den Autor

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Victor Samuel Vécsei ist CEO der Social-Media-Werbeagentur marswalk media. www.marswalk.media 

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