Samstag, Dezember 14, 2024

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Staatssekretär Harald Mahrer über den Wirtschaftsstandort Österreich, die Konjunkturlokomotive Bau und den Weg zu mehr Arbeitsplätzen.

Report: Herr Staatssekretär, früher waren Sie als Präsident der Julius Raab Stiftung ein leidenschaftlicher Zurufer von der politischen Seitenlinie. Seit Anfang September sind Sie nun selbst in der Bundesregierung. Wie ist es Ihnen bisher ergangen?

Harald Mahrer: Ich denke, bisher haben wir uns inhaltlich gut aufgestellt. Die Möglichkeiten des Machbaren sind in der Regierung beschränkt, das politische Spielfeld, in dem wir uns bewegen, ist mit klaren Linien abgegrenzt. Dennoch haben wir natürlich die Verpflichtung, uns ständig für eine bessere Zukunft einzusetzen und Projekte umzusetzen, die vielleicht manchmal nicht überall positive Resonanzen hervorrufen. Wir sind den Bürgern verpflichtet.

Report: Sie sind seit kurzem Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Wie sehen Sie derzeit die Position des Standortes Österreich im internationalen Vergleich?

Mahrer: Österreich zählt zweifellos zu den besten und verlässlichsten Standorten weltweit. Aber wir haben uns neuen Entwicklungen zu stellen: Industrie 4.0 verändert die Wirtschaft teilweise dramatisch. Österreichs Industriebetriebe stellen sich die Frage: Sind wir fit für diese neuen Entwicklungen? Können wir neue Arbeitsplätze schaffen? Wir haben die Chance, eine führende Rolle in Europa einzunehmen – mit einem zukunftsorientierten Mix aus persönlicher und wirtschaftlicher Freiheit, aber auch der Übernahme von Verantwortung. Durch die Umsetzung der ökosozialen Marktwirtschaft werden durch die stärkere Hinwendung zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz neue Wertschöpfungsketten und neue Geschäftsmodelle entstehen. Da liegen die Chancen der Industrie und auch die Möglichkeiten für neue innovative Start-ups.

Report: Brauchen wir ein anderes Wirtschaftsmodell, um Arbeitsplätze zu schaffen?

Mahrer: Wir müssen das Ordnungsmodell der ökosozialen Marktwirtschaft konsequent umsetzen: Wirtschaftliche Freiheit und Leistungskraft sind Grundlagen für soziale Sicherheit und ökologische Nachhaltigkeit. Wer den Mittelstand noch mehr belastet, sägt am Ast, auf dem wir alle sitzen und eliminiert gleichzeitig Arbeitsplätze. Wir müssen die Menschen spürbar entlasten und ihnen mehr persönlichen Freiraum geben. Was sie erarbeitet haben, sollen sie auch nach eigenem Interesse wieder ausgeben können.

Report: Die Bauwirtschaft gilt unter vielen Experten als verlässlicher Konjunkturmotor. Welche Maßnahmen soll und kann die öffentliche Hand setzen, um die Bauwirtschaft anzukurbeln?

Mahrer: Die Bauwirtschaft ist ein enorm wichtiger Wirtschaftsfaktor für Österreich. Deshalb unterstützen wir zum Beispiel die thermische Sanierung mit einer Förderaktion für Haushalte und Betriebe. Das bringt der Wirtschaft zusätzliche Aufträge, den Konsumenten niedrigere Heizkosten und schont unsere Umwelt. Ein weiterer Impuls ist der steuerliche Handwerker-Bonus, der die regionale Wirtschaft unterstützt und auch ein Mittel zur Eindämmung der Schwarzarbeit ist. Darüber hinaus haben wir gerade die Schwellenwerte-Verordnung bis Ende 2016 verlängert: Das ermöglicht eine unbürokratische und rasche Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Sie sehen an diesen Beispielen, wir machen bürgernahe Politik, die bei den Menschen ankommen soll.

Report: Österreich ist ein Hochsteuerland. Wie kommen wir zu niedrigeren Steuern?

Mahrer: Eines ist klar: Wir haben in Österreich sicherlich kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Eine nachhaltige steuerliche Entlastung können wir uns nur durch ausgabenseitige Reformen erarbeiten. Staatliche Ineffizienzen etwa im Verwaltungsbereich müssen beseitigt, Doppelgleisigkeiten zwischen Bund und Ländern beendet werden. Umso wichtiger ist es, dass wir viele starke Stimmen für Reformen im Land haben.

Report: Sie setzen sich auch für ein neues gemeinnütziges Stiftungsrecht ein – warum?

Mahrer: Für mich geht es um die gesamte dritte Sphäre, die umfasst für mich mehr als nur den NPO-Sektor. Zivilgesellschaft findet ja nicht nur institutionalisiert statt, sondern umfasst die gesamte Bürgerschaft. Und deren Energie, deren Kreativität, deren Innovationskraft und damit ihr gesamtes Potenzial werden wir brauchen, um den gesellschaftlichen Wandel und die Herausforderungen der Zukunft zu meistern: Energiewende, Alterung der Bevölkerung, Migrationsströme, Digitalisierung und so weiter. Ich sehe das Wirken von gemeinnützigen Stiftungen in Ergänzung zu den Beiträgen des öffentlichen Sektors und der Privatwirtschaft. Gemeinnützige Stiftungen finanzieren hier Projekte und Ideen, die staatliche Stellen oder Unternehmen nie finanzieren würden oder so nicht können. Sie übernehmen wichtige Ausbildungsfunktionen und sind Treiber relevanter Themen, sie vernetzen Initiativen oder skalieren sie. Wir brauchen mehr von diesen Stiftungen und ihren Aktivitäten. Das macht unser Land resilienter und damit zukunftsfähiger.

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